Vernichtungslager hinter GartenmauerUS-Stiftung kauft frühere Villa von Auschwitz-Kommandant
dpa
27.1.2025 - 05:51
Der Leiter des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz, Rudolf Höss, lebte mit seiner Familie direkt neben dem Grauen. Jetzt soll in seiner einstigen Dienstvilla ein Zentrum für den Kampf gegen Extremismus entstehen.
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27.01.2025, 05:51
27.01.2025, 05:54
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Eine amerikanische Stiftung gegen Extremismus hat die ehemalige Villa des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höss gekauft.
Das Haus direkt neben dem früheren deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager soll zu einem Forschungs- und Bildungszentrum im Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus ausgebaut werden.
Höss bezog die Dienstvilla 1940, seine Frau Hedwig bezeichnete das Haus als «Paradies».
Rund 1,1 Millionen Menschen starben in Auschwitz zwischen 1940 und 1945, die meisten von ihnen waren Juden. Sie wurden erschossen, in Gaskammern ermordet oder starben an Hunger und Krankheiten.
Eine amerikanische Stiftung gegen Extremismus hat die ehemalige Villa des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höss gekauft. Das Haus direkt neben dem früheren deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager soll zu einem Forschungs- und Bildungszentrum im Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus ausgebaut werden, teilte das Counter Extremism Project (CEP) mit. Die Stiftung wird dabei von der Unesco, der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und dem polnischen Aussenministerium unterstützt.
Das scheinbar idyllische Privat- und Familienleben des Kriegsverbrechers Höss war jüngst Thema in dem auf Fiktion beruhenden, oscarnominierten Holocaust-Drama «The Zone of Interest» von Jonathan Glazer. Höss bezog die Dienstvilla 1940, seine Frau Hedwig bezeichnete das Haus als «Paradies». Direkt hinter der Gartenmauer begann das Vernichtungslager, dessen Baracken auch von den Zimmern aus sichtbar sind.
Die Villa steht nicht auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte und befand sich bislang in polnischem Privatbesitz. Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz wird sie nun erstmals öffentlich zugänglich gemacht.
Das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau steht symbolhaft für den Holocaust und das Grauen des Nationalsozialismus. Rund 1,1 Millionen Menschen starben hier zwischen 1940 und 1945, die meisten von ihnen waren Juden. Sie wurden erschossen, in Gaskammern ermordet oder starben an Hunger und Krankheiten.
Rudolf Höss leitete das Lager von 1940 bis 1944. Nach Kriegsende tauchte er unter, wurde aber von britischen Ermittlern in der Nähe von Flensburg aufgespürt. Höss wurde nach Polen ausgeliefert, zum Tode verurteilt und 1947 auf dem Gelände des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau an einem Galgen erhängt.
Scholz: Dürfen nie Holocaust relativieren und Antisemitismus hinnehmen
STORY: Die Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee jährt sich am Montag zum 80. Mal. Mehr als eine Million Menschen haben die Nazis allein hier ermordet. Als Teresa Regula als 16-Jährige in Auschwitz ankam, war der erste wirkliche Schmerz, den sie erlebte, die brutale Schur ihrer Haare und die Tätowierung ihrer Häftlingsnummer. «Wir wurden bis auf die blanke Haut geschoren. Es war damals drückend heiss, am 4. August. Meine Ohren glühten, weil sie plötzlich frei lagen, zum ersten Mal in meinem Leben. Es war furchtbar schmerzhaft.» «Ich habe all diese Erinnerungen verdrängt, so gut ich konnte. Und in der Tat muss ich sagen, dass es mir in den Jahren seither gelungen ist. Jetzt aber kommt alles wieder zu mir zurück. Verschiedene Erlebnisse, verschiedene Bilder aus Oswiecim.» «Als ich zurückkam, wollte ich nie... ich dachte, ich würde nie in meinem Leben Kinder haben. Niemals. Wenn sie etwas Ähnliches durchmachen müssten wie ich, das möchte ich nicht wiederholen.» Die Gestapo, Hitlers Geheimpolizei, hatte Regula und ihre Mutter 1944 aus ihrem Haus geholt und in das Lager Plaszow geschickt. Ihre Mutter wurde dort ermordet. Die heute 96-jährige jüdische Überlebende wohnt im polnischen Krakau. Was sie am Leben hielt, war der Gedanke, eines Tages frei zu sein, dass ihr Vater, dem sie immer alles zugetraut habe, kommen und sie rausholen würde. Ihr Vater wurde bei der Befreiung des Konzentrationslagers Gross Rosen in Ostdeutschland erschossen. Ihr Schicksal ist nur eines von Millionen von Menschen, die im Rahmen von Adolf Hitlers «Endlösung» zur Vernichtung der europäischen Juden, auch von Sinti und Roma, in Konzentrationslager geschickt wurden. Angesichts eines zunehmenden Antisemitismus hat Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag bei einer Gedenkveranstaltung in Berlin vor einer Verharmlosung der Taten gewarnt. «Wir dürfen und wir werden keine Relativierung hinnehmen. Und wir werden auch jede neue Generation an ihre bleibende Verantwortung erinnern. Eine Verantwortung, die jede und jeder in unserem Land trägt, unabhängig von der eigenen Familiengeschichte, der Religion oder dem Geburtsort der Eltern oder Grosseltern.» Scholz bezeichnete es als «empörend und beschämend», dass es Ausgrenzung von Juden auch heute noch im demokratischen Deutschland gebe. Dabei dürfe es keine Rolle spielen, ob Antisemitismus politisch motiviert sei oder religiös, ob von links oder von rechts, ob über Jahrhunderten gewachsen ist von aussen ins Land getragen.