Mysteriöse Diplomaten-Krankheit Für US-Geheimdienste bleibt das Havanna-Syndrom unerklärlich

SDA/uri

2.3.2023 - 10:15

Erstmals beschrieben US-Diplomaten entsprechende Krankheitssymptome an der US-Botschaft in Havanna, Kuba. 
Erstmals beschrieben US-Diplomaten entsprechende Krankheitssymptome an der US-Botschaft in Havanna, Kuba. 
Archivbild: Keystone

In Kubas Hauptstadt nahm die Welle ihren Anfang: Seit Jahren melden etliche US-Diplomaten mysteriöse Gesundheitsbeschwerden. Es gibt verschiedene Theorien zur Ursache – nun äussern sich die Geheimdienste.

Schwindel, Übelkeit oder Kopfweh: Die US-Geheimdienste gehen mehrheitlich davon aus, dass kein «ausländischer Gegner» für das sogenannte Havanna-Syndrom bei amerikanischen Diplomaten verantwortlich ist.

Die gemeldeten Beschwerden seien stattdessen wahrscheinlich das Ergebnis von Vorerkrankungen, anderer Krankheiten oder Umweltfaktoren, hiess es in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Bericht. Wie bei jeder nachrichtlichen Bewertung seien die Untersuchungen aber nie völlig abgeschlossen, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Ned Price. Man werde neuen Hinweisen daher nachgehen.

Zahlreiche im kubanischen Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen hatten ab 2016 über rätselhafte Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit geklagt. Das Botschaftspersonal wurde daraufhin zunächst auf ein Minimum reduziert. Später wurden auch an anderen Orten der Welt ähnliche Beschwerden gemeldet.

Immer noch Lücken in der Bewertung

Die Betroffenen gaben an, dass die Symptome begannen, nachdem sie etwa ein seltsames Geräusch hörten oder einen starken Druck in ihrem Kopf spürten. Die US-Regierung schloss daraufhin nicht aus, dass es sich dabei um eine Art Angriff handeln könnte – es wurde aber immer betont, dass man nicht wisse, was dahinterstecke.

Sieben US-Geheimdienste haben nun der Zeitung «Washington Post» zufolge weit mehr als tausend Fälle in Dutzenden Ländern überprüft. Die Mehrheit der Behörden kam zu dem Schluss, dass es «sehr unwahrscheinlich» sei, dass ein ausländischer Gegner für die Symptome verantwortlich sei.

Es gebe in der Bewertung aber immer noch Lücken und es sei ausserdem schwierig, Informationen über ausländische Gegner zu sammeln, hiess es weiter. Man habe aber medizinische, umweltbedingte und soziale Faktoren identifiziert, die viele von Betroffenen gemeldete Beschwerden plausibel erklären könnten.

«Mehrere plausible Wege»

Noch im vergangenen Jahr war ein unabhängiges Expertengremium zu dem Schluss gekommen, dass manche Fälle des Havanna-Syndroms durch eine Art gezielten Einsatz elektromagnetischer Strahlung ausgelöst worden seien könnten.

Es gebe «mehrere plausible Wege», elektromagnetische Impulse eines bestimmten Frequenzspektrums derart gezielt einzusetzen, hiess es damals in dem von Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines und CIA-Direktor William Burns veröffentlichten Bericht. Andere Hypothesen wie der Einsatz chemischer oder biologischer Substanzen wurden angesichts der beobachteten Symptome als nicht plausibel gewertet.

Price vom Aussenministerium machte nun deutlich, dass die Zahl der gemeldeten Fälle «von anomalen Gesundheitsvorfällen» seit 2021 zurückgegangen sei. Die aktuellen Erkenntnisse der Geheimdienste «stellen die Erfahrungen und Symptome, die unsere Kollegen und ihre Familienangehörigen in den vergangenen Jahren gemeldet haben, in keiner Weise in Frage», betonte er. Die oberste Priorität sei nach wie vor die Gesundheit und Sicherheit aller Kolleginnen und Kollegen.

Betroffene Diplomaten machen Washington Vorwürfe

Ähnlich äusserte sich das Weisse Haus. Die US-Regierung sei nach wie vor überzeugt, dass diejenigen, die unter den Symptomen litten, weiterhin zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten sollten, sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre.

Viele der Betroffenen behaupten, sie seien Opfer eines vorsätzlichen Angriffs geworden. Immer wieder fällt dabei auch Russland als möglicher Verursacher der Beschwerden. Dafür gebe es keine «glaubwürdigen Beweise», hiess es nun in dem Bericht der Geheimdienste.

Die betroffenen Diplomaten warfen der US-Regierung in der Vergangenheit auch immer wieder vor, die Symptome herunterzuspielen. «Der jüngsten Einschätzung der US-Geheimdienste mangelt es an Transparenz, und wir stellen die Richtigkeit der angeblichen Ergebnisse weiterhin in Frage», zitierte die «New York Times» einen Opferanwalt.

SDA/uri