Kampf um Johnson-NachfolgeTruss und Sunak liefern sich hitziges TV-Duell
dpa
26.7.2022 - 09:22
Sunak oder Truss: Wer tritt die Nachfolge von Boris Johnson an?
Liz Truss Grossbritannien bekommt entweder den ersten hinduistischen Premierminister seiner Geschichte oder zum dritten Mal eine Frau als Regierungschefin: Ex-Finanzminister Rishi Sunak und Aussenministerin Liz Truss haben sich für die Stichwahl u
21.07.2022
Das Rennen um die Nachfolge von Boris Johnson als Premier geht in die Zielgerade. Beim ersten TV-Duell gingen sich die Kandidaten Sunak und Truss hart an.
26.07.2022, 09:22
dpa/uri
Die verbliebenen Konkurrenten um die Nachfolge von Premierminister Boris Johnson haben sich in einem TV-Duell scharf attackiert und gegensätzliche Visionen für eine Entlastung britischer Familien in wirtschaftlich harten Zeiten präsentiert. In der am Montagabend von der BBC ausgestrahlten Debatte versprach Aussenministerin Liz Truss, als Partei- und Regierungschefin umgehend Steuerkürzungen durchzusetzen und dies mit Krediten zu finanzieren. Ihr Rivale Rishi Sunak konterte, dass er zunächst die Inflation in den Griff bekommen wolle. Truss' Plan würde die Staatsverschuldung in die Höhe treiben und den Menschen langfristig mehr Schaden zufügen, sagte er.
«Es ist unmoralisch, unsere Kinder zu bitten, die Rechnungen zu bezahlen, die wir nicht begleichen wollen», erklärte der frühere Finanzminister. Truss reagierte ungehalten und warf Sunak vor, auf das «Projekt Furcht» zu setzen und Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Es sei nur vernünftig, Kredite aufzunehmen, um das Land nach der Corona-Krise wiederaufzubauen. Schliesslich sei die Pandemie ein «Ereignis, wie es nur einmal in 100 Jahren» vorkomme, sagte Truss.
Die rasant gestiegenen Kosten für Lebenshaltung und Energie setzen vielen Familien im Vereinigten Königreich zu. Angetrieben wird die Krise, unter der auch viele andere Länder ächzen, teils durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Grossbritannien kommen jedoch noch die Folgen des Brexits hinzu, der den Reiseverkehr und die Geschäftsbeziehungen zur EU – dem grössten Handelspartner des Königreichs – verkompliziert hat. Sowohl Sunak als auch Truss gelten als vehemente Verfechter des EU-Ausstiegs, den die Johnson-Regierung zu einer Säule ihrer Politik gemacht hatte.
Streit um richtigen Umgang mit China
Im TV-Duell stritten sich die beiden Kontrahenten auch über den Umgang mit China. Sunak erklärte, er halte die Volksrepublik für die «grösste langfristige Bedrohung für Grossbritannien». Sollte er gewählt werden, werde er die 30 chinesischen Konfuzius-Institute im Land schliessen lassen. In den von der Führung in Peking finanzierten Einrichtungen wird chinesische Sprache und Kultur vermittelt, doch stehen sie auch im Verdacht, prochinesische Propaganda zu verbreiten.
Truss warf Sunak indes vor, zunächst eine zu weiche Haltung gegenüber Peking eingenommen und jetzt seine Position geändert zu haben. «Noch vor einem Monat haben Sie auf engere Handelsbeziehungen zu China gepocht», erklärte die Chefdiplomatin – und fügte süffisant hinzu: «Ich bin entzückt, dass Sie jetzt auf meine Sichtweise umgeschwenkt sind.» Der Westen dürfe von China nicht «strategisch abhängig» werden, mahnte Truss.
Truss und Sunak setzten sich im fraktionsinternen Auswahlverfahren gegen etliche Mitbewerber durch und schafften es in die Endrunde. Wer nun auf Johnson folgt, entscheiden die rund 180 000 Mitglieder der Konservativen Partei in diesem Sommer per Briefwahl. Am 5. September wird das Ergebnis erwartet. Bis dahin bleibt Johnson geschäftsführend im Amt. Dieser hatte Anfang Juli unter dem Druck etlicher Skandale seinen Rückzug als Chef der Tories erklärt, nachdem viele Mitglieder seiner Regierung ihre Ämter niederlegt hatten – darunter Sunak.
Johnson-Anhänger sehen in Sunak einen Verräter
Verbündete Johnsons, der bei der Basis der Konservativen noch immer beliebt ist, sehen in Sunak wegen seines Rücktritts einen Verräter. Truss hingegen entschied sich zum Verbleib in der geschäftsführenden Regierung. Sowohl Truss als auch Sunak schlossen indes einen Posten für Johnson in ihrem künftigen Kabinett aus. Er finde, dass man nun nach vorne schauen müsse, erklärte Sunak. Truss erklärte, Johnson habe sich eine Pause verdient.
Der giftige Ton im Rennen um die Johnson-Nachfolge hat bei vielen Tories die Sorge ausgelöst, dass die oppositionelle Labour-Partei daraus Profit schlagen könnte. Einen derart toxischen Wettkampf habe sie noch nie erlebt, erklärte Amanda Milling, Ex-Generalsekretärin der Konservativen Partei. Truss gilt bei Buchmachern als Favoritin. In den Umfragen unter Mitgliedern der Konservativen liegt sie auch vor Sunak. Bei den Wählern insgesamt hat aber der Ex-Schatzkanzler die Nase vorn.
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