Kommentar zur Wahl-Schlacht Trump wird den demokratischen Feind vor sich hertreiben

Philipp Dahm

7.11.2018

Nach der Schlacht um den Kongress erklären sich beide Parteien zum Sieger. Wer meint, Donald Trump werde nun Kompromisse machen, irrt gewaltig. 

Amerika hat gewählt, das Gefecht ist geschlagen, und beide Gegner erklären sich noch auf dem Schlachtfeld zum Sieger: Die Demokraten erobern das Repräsentantenhaus, während die Republikaner ihre Stellung im Senat halten und sogar noch ausbauen können. Nur: Wenn zwei sich streiten, lacht danach doch bloss der eine, der andere oder der Dritte – also fragt sich, wer hier gute Miene zum bösen Spiel macht?



Einige deutschsprachige Kriegsberichterstatter wie der «Spiegel» schreiben von «Trumps Niederlage» und kommentieren: «Ein guter Tag für Amerika: Donald Trump muss die Macht mit den Demokraten teilen. Zum Glück.» Im Kampf um den Wähler hat sich der Präsident je nach Lesart eine «Ohrfeige» («NZZ»), die «gelbe Karte» («Tages-Anzeiger») oder ein «blaues Auge» («Bild») geholt.

Wer keinen Plan hat, braucht einen Sündenbock

Doch auch wenn das Repräsentantenhaus verloren ist, wird in Washington nicht plötzlich Konkordanz oder sogar Frieden ausbrechen, weil nun Kompromisse gemacht werden müssten. Im Gegenteil: Der Verlust des Repräsentantenhauses ist nicht mehr als ein Kollateralschaden, der die Kriegsführung des obersten Feldherren eher befeuern als beschwichtigen wird.

Repräsentantenhaus verloren, aber doch gewonnen: Donald Trump hat gut lachen.
Repräsentantenhaus verloren, aber doch gewonnen: Donald Trump hat gut lachen.
Keystone

US-Präsident Donald Trump hat in der Auseinandersetzung mit den Demokraten bisher vor allem verbrannte Erde hinterlassen. Trotzdem kündigt die demokratische Frontfrau Nancy Pelosi nach dem Urnengang treuherzig an, die Politik werde fortan «überparteilich» sein: «Wir alle haben genug von Teilung», so die Begründung für die Kuschelkurs-Erklärung.



Ein Waffenstillstand funktioniert aber nur dann, wenn sich alle Parteien daran halten. Dass nun auch die Republikaner das Kriegsbeil begraben, ist indes kaum vorstellbar. Donald Trump wird den Beschuss der Demokraten nicht einstellen, sondern intensivieren: Sie sind zukünftig der ideale Sündenbock für diejenigen Vorstösse des Präsidenten, die ohnehin im Sand verlaufen wären. Und von denen gibt es einige.

Lohn der Lüge

Das Weisse Haus hat keine Alternative zu «Obama Care», das eine günstigere Gesundheitsversorgung bei ähnlicher Leistung bietet? Egal, die Demokraten sind schuld, dass es keine Reform der Reform geben wird. Trump senkt direkt nach seiner Wahl Steuern für Reiche, kann sein jüngstes Wahlversprechen aber nicht halten, auch andere zu entlasten – freilich ohne zu erkären, woher das Geld kommt?  Das liegt am Gegner, der immer bloss blockiert. Und die «Invasion» von Flüchtlingen wäre ohne Hillary Clinton natürlich auch schon lange abgewendet worden – mit Mauern und Milizen.

Dass die Strategie vom Fussvolk durchschaut wird, muss der Feldherr nicht befürchten: Bis anhin hat es die Parteisoldaten ja auch nicht interessiert, dass die Wahrheit nicht Trumps Speerspitze ist. Mediale Blendgranaten wie die «Fake News»-Fabel, die Migranten-Panikmache und die derben Angriffe auf den politischen Gegner sind bisher ja auch nicht auf ihn zurückgefallen – wieso sollte der 72-Jährige nun Kreide fressen, wenn das überfallartige Überrollen stets so gut geklappt hat?

Die Republikaner kontrollieren weiterhin den Senat. Er ist die Wunderwaffe für wichtige Personalentscheidungen. Zwei oberste Richter, die seine christlich-konservative Politik durchsetzen, konnte Trump bereits installieren. Dank eines Ausschusses für Justiz berstimmt er auch den weiteren Nachschub. Und wenn er ein Konjukturpaket auflegt, wird auch der letzte Demokrat im Repräsentantenhaus handzahm, um etwas von der Kriegsbeute zu bekommen und mit den Mitteln aus Washington Arbeit im eigenen Wahlkreis zu sichern.

Kriegsverlierer Europa und die Schweiz

Der alte und neue starke Mann im Weissen Haus wird also nicht auf den demokratischen Feind zugehen, sondern ihn vor sich hertreiben. Und dass der schon vor Beginn der nächsten Schlacht – nach dem Krieg ist ja bekanntlich vor dem Krieg – verbal bedingungslos kapituliert und artig Kooperation verspricht, verheisst auch nichts Gutes für einen Nebenkriegsschauplatz: Europa und die Schweiz.

So sehen Sieger aus. Ob es einem nun gefällt oder auch nicht.
So sehen Sieger aus. Ob es einem nun gefällt oder auch nicht.
Keystone

Wir müssen davon ausgehen, dass die Demokraten nach der Ankündigung, Amerika müsse seine Teilung überwinden, auf den Kurs des Weissen Hauses einschwenken. Eine Spaltung wohlgemerkt, die ein Donald Trump mit militärischer Präzision erst forciert hat. Um nicht als US-Dolchstosslegende zu enden, werden die Demokraten auf den nationalistischen und protektionistischen Zug aufspringen. Die Folge: Verhandlungen mit Washington bleiben harzig und mühselig, Kompromisse und Rückzüge rücken in unendlich weite Ferne.

Es ist wie immer im Krieg. Es gibt (fast) nur Verlierer. Aber Trump gehört sicher nicht dazu, er ist vielmehr der lebende Beweis einer zweiten Weisheit über Waffengänge: Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Die hat Trumps Trommelfeuer schon lange unter die Erde gebracht.

Hier noch die Bilder des Tages:

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