Polparteien erstarkt Thüringen – DJ Bodo bleibt

Von Markus Wanderl

28.10.2019

Bodo Ramelow hat Die Linke zum Wahlsieg in Thüringen geführt – doch mit wem soll er künftig regieren?
Bodo Ramelow hat Die Linke zum Wahlsieg in Thüringen geführt – doch mit wem soll er künftig regieren?
Bild: Keystone

Landtagswahl im deutschen Bundesland Thüringen: Was sagt es aus, wenn ein Linker und ein stramm Rechter triumphieren? Und wie ist es nun um eine Regierungsbildung bestellt? 

Selbst wenn sich CDU, SPD, FDP und Grüne an diesem Montag zusammentäten, könnten sie in Thüringen doch keine Regierung bilden; es ist ein bis anhin in der Geschichte Deutschlands einmaliger Vorgang, dass die Parteien der sogenannten «Mitte» das nicht vermögen.

Die Linke mit dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke wurden Wahlsieger in diesem ländlich geprägten Bundesland – nie zuvor war die Linke (31 Prozent) stärkste Kraft bei Wahlen, die AfD torpedierte sich von 10,6 Prozent in 2014 auf diesmal 23,4 Prozent.

Die CDU? Fiel am Sonntag als ehemals stärkste Partei von 33,5 Prozent auf 21,8 Prozent. Die SPD? Stürzte von ohnehin schon tiefen 12,4 Prozent auf 8,2 Prozent ab. Die Grünen (5,2 Prozent) und erst recht die FDP (5,0 Prozent) zogen gerade so in den Landtag ein, beide drohten zeitweise an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern.

Die alten Parteien erodieren

Wie schon bei den diesjährigen Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg sind CDU und SPD in ihren einstigen Hochburgen besonders drastisch geschrumpft. Der internationale Trend, dass die alten politischen Parteien einbrechen, hat sich fortgesetzt. Übrigens hatte auch Die Linke jüngst in ihren früheren Hochburgen Brandenburg und Sachsen desaströse Niederlagen hinnehmen müssen. Diesmal nicht.

Ein Verdienst Bodo Ramelows, der vor fünf Jahren in einem rot-rot-grünen Bündnis der erste von der Linke gestellte Ministerpräsident war und seitdem mit «Kuschelkursen» auf seine Weise die Rolle eines Landesvaters übernahm. Anders gesagt: Er hat sich als «dominierende Kraft im linken Lager durchsetzen können» (FAZ) – schmerzlich für die sich im freien Fall befindliche SPD und die zuletzt gehypten Grünen.

Dass sich mit Björn Höcke der prominenteste Vertreter des völkisch-nationalistischen «Flügels» in der AfD hat exponieren können, führte in den TV-Runden an Sonntagabend zu Titulierungen wie «Faschist», die von den AfD-Politikern mit Verweis auf die Prozentzahlen der einst etablierten Parteien spöttisch gekontert wurde. So weit ist es gekommen.

Hohe Wahlbeteiligung

Doch 64,9 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer haben ihr Kreuz auf dem Wahlzettel gemacht, 2014 waren es bloss 52,7 Prozent gewesen – Politik ist im Nachbarland en vogue.

Wie nun weiter? Jenseits der allseits geächteten AfD ist eine Regierungsbildung nur möglich, wenn Union oder FDP mit den Linken zusammengehen – und sich entweder an einer Koalition beteiligen oder eine Minderheitsregierung dulden. Allein auch das wäre nicht vor allzu langer Zeit noch undenkbar gewesen. Die Landesverfassung lässt darüber hinaus zu, dass eine Regierung auch ohne Landtagsmehrheit geschäftsführend im Amt bleiben kann. Später könnte die CDU die Koalition tolerieren – wenigstens bis zur nächsten Bundestagswahl.

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