Nach Bombenanschlag Taliban üben Rache an IS-Kämpfer in Kabul

SDA

4.10.2021 - 04:28

Taliban nahe des Kabuler Ortes, an dem eine Bombe explodierte, am 3. Oktober.
Taliban nahe des Kabuler Ortes, an dem eine Bombe explodierte, am 3. Oktober.
KEYSTONE

Wenige Stunden nach einem Anschlag auf eine Trauerfeier in Kabul haben Einheiten der Taliban Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates (IS) attackiert.

Terroristen einer sogenannten Schläferzelle des IS-Khorasan – wie sich der IS in Afghanistan und Pakistan nennt – seien in einem Haus in Kabul gefangen worden, schrieb Taliban-Mitglied Muhammad Dschalal in der Nacht zu Montag auf Twitter. Drei IS-Terroristen seien durch ihre eigenen Sprengstoffgürtel «neutralisiert» worden.

Zwei Anwohner sagten der Deutschen Presse-Agentur, sie hätten stundenlang den Klang schwerer Gefechte gehört. «Wir können es immer noch hören, aber wir wissen nicht, was vor sich geht.» Eine Reihe von Häusern sei durch die Kämpfe beschädigt worden. Mehrere Gebäude stünden in Flammen, beispielsweise Benzin- und Gasgeschäfte.

Trauer-Feier für Mutter von Taliban-Führer

Zuvor war in Kabul nahe der Trauerfeier für die Mutter eines hochrangigen Taliban-Funktionärs ein Bombenanschlag verübt worden. Der Sprecher des Taliban-Innenministeriums, Kari Said Chosti, sagte, mehrere Zivilisten seien bei der Explosion nahe dem Tor der bekannten Eidgah-Moschee ums Leben gekommen.

Rettungseinsatz wegen der Bombenexplosion am 3. Oktober in Kabul.
Rettungseinsatz wegen der Bombenexplosion am 3. Oktober in Kabul.
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Anderen Berichten zufolge soll es mindestens zwölf Tote und mehr als 32 Verletzte gegeben haben. Angeblich sollen mehrere führende Mitglieder der Islamisten an der Trauerfeier teilgenommen haben. Es war die erste Bombenexplosion in Kabul, die offenkundig eine Veranstaltung hochrangiger Taliban zum Ziel hatte.

Zunächst erklärte sich niemand für den Anschlag verantwortlich. Der IS hat seit der Machtübernahme der Taliban Mitte August eine Reihe von Anschlägen auf die Taliban für sich reklamiert. Am Freitag hatten IS-Kämpfer Mitglieder der Taliban in der nördlichen Parwan-Provinz angegriffen. Beobachtern zufolge scheint es, als werde der IS in immer mehr Gegenden aktiv.

Trotz Nähe verfeindet

Der IS war in Afghanistan Anfang 2015 offen in Erscheinung getreten. Er will dort und auf pakistanischem Gebiet eine «Provinz» namens IS-Khorasan etablieren und hat wiederholt Anschläge vor allem auf schiitische Muslime und deren Einrichtungen verübt.

Arbeiter warten nach einer Explosion an der Eidgah-Moschee vor dem Emergency NGO Krankenhaus. 
Arbeiter warten nach einer Explosion an der Eidgah-Moschee vor dem Emergency NGO Krankenhaus. 
Keystone

Die USA und afghanische Sicherheitskräfte griffen seine Stellungen in vergangenen Jahren mitunter mehrmals wöchentlich an. Mit den ebenfalls sunnitischen Taliban ist der IS trotz grosser ideologischer Nähe verfeindet. Die Taliban hatten nach dem Abzug der internationalen Nato-Truppen, allen voran des US-Militärs, weite Teile des Landes zügig erobert.

Am 15. August zogen sie kampflos in die Hauptstadt ein. Bereits von 1996 bis zur US-geführten Intervention 2001 hatten die Taliban weite Teile des Landes beherrscht. Ihre Herrschaft gründete auf Unterdrückung und drakonischen Strafen, vor allem Frauen wurden systematisch diskriminiert und massiv in ihren Rechten beschnitten.

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