Überblick Wahlkrimi geht weiter: So steht es im Rennen ums Weisse Haus

AP/dpa/gbi

5.11.2020

Auch am zweiten Tag nach den US-Wahlen dauert die Auszählung der Stimmen an. Joe Biden steht nach seinem Triumph in Michigan kurz vor der Ziellinie – Demonstranten beider Lager gehen auf die Strasse. 

Nach Siegen in Michigan und Wisconsin hat der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden beste Chancen auf einen Einzug ins Weisse Haus. Er brauchte mehr als 24 Stunden nach der Wahl nur noch einen weiteren US-Staat, um Präsident Donald Trump abzulösen.

Mit Michigan und Wisconsin hatte sich Biden am Mittwoch einen Teil der sogenannten Blauen Mauer zurückgeholt, also einer Reihe von früheren demokratischen Hochburgen unter den Bundesstaaten.

«Ich werde als amerikanischer Präsident regieren», versprach Biden, der sich trotzdem noch nicht zum Sieger ausrief. «Es wird keine roten Staaten oder blauen Staaten geben, wenn wir gewinnen. Nur die Vereinigten Staaten von Amerika.» Rot ist die traditionelle Farbe der Republikaner, Blau die der Demokraten.

Seine Erklärung stand im krassen Gegensatz zu Präsident Trump, der sich schon in der Wahlnacht vorzeitig zum Sieger erklärte – zu einem Zeitpunkt, als Millionen Stimmen noch nicht ausgezählt und das Rennen daher lange nicht vorbei war.

Biden fehlt nur noch ein Sieg

Nach den Siegen in Wisconsin und Michigan braucht es für Biden nur noch sechs Stimmen der Wahlleute, um die Präsidentschaft zu bekommen – er hat 253 bereits hinter sich und benötigt insgesamt 270. Viele Medien rechnen Biden zudem bereits den Sieg in Arizona zu, womit er weitere elf Wahlleute bekommen würde.

Als offen gilt das Rennen noch unter anderem in Pennsylvania, North Carolina, Georgia und Nevada. In Pennsylvania und Georgia führte zunächst Trump, Biden holte aber auf, je mehr Briefwahl-Stimmen ausgezählt wurden. In Nevada, das sechs Stimmen von Wahlleuten bringt und Biden damit eine Punktlandung bescheren könnte, hielt Biden in der Nacht zum Donnerstag eine knappe Führung.

Anhänger der Demokraten neigten inmitten der Coronapandemie eher dazu, ihre Stimmzettel per Post zu verschicken als die Republikaner. Da es bei der Post Verzögerungen gab, sollen in Pennsylvania noch Briefwahlunterlagen gültig sein, die bis zum Nachmittag am Freitag ankommen.

Trump und die Republikaner ziehen erneut dagegen vor Gericht. Vor der Wahl hatte das Oberste Gericht der USA die Regelung zwar zugelassen. Drei Konservative unter den insgesamt neun Richtern zeigten sich aber offen dafür, das Thema nach der Wahl noch einmal aufzugreifen.

Trump klagte auch in anderen Bundesstaaten. In Michigan, wo Biden führt, will er die Auszählung aussetzen lassen, bis seine Beobachter näher an die auswertenden Mitarbeiter heran dürfen. In Wisconsin verlangt Trump eine Neuauszählung angesichts eines knappen Rennens.



Biden blieb zuversichtlich und sagte am Nachmittag: «Wenn die Auszählung beendet ist, glauben wir, dass wir die Sieger sein werden.»

Trump hingegen beanspruchte den Sieg in den umkämpften Staaten per Tweet für sich. In Pennsylvania, Georgia und North Carolina liege er mit grossem Abstand in Führung. «Zusätzlich beanspruchen wir den Staat Michigan, falls es tatsächlich eine grosse Zahl heimlich weggeworfener Stimmzettel gab, wie weithin berichtet wurde!»

Zudem beantragte Trumps Lager mit Verweis auf «Unregelmässigkeiten in etlichen Bezirken» eine Nachzählung der Stimmen in Wisconsin. Für Michigan und Pennsylvania wollte Trumps Team eine vorläufige Aussetzung der Stimmenauszählung erreichen. In Georgia wurden in einem Bezirk mutmassliche Probleme rund um die Lagerung und Zählung von Briefwahlstimmen angeprangert; Trumps Team und die örtlichen Republikaner forderten, die entsprechenden Gesetze dazu müssten befolgt werden.

Demonstranten auf der Strasse

Auf den Strassen solidarisierten sich Dutzende Demonstranten mit Trump. «Stoppt die Auszählung!» und «Stoppt die Abstimmung!», riefen seine Anhänger in Detroit in Michigan. Die Polizei hielt sie davon ab, in einem Gebäude in einen Bereich vorzudringen, wo Stimmen ausgezählt wurden. Auch in Phoenix, Arizona, waren wütende Protestierende zu sehen, sie skandierten: «Stoppt den Diebstahl!» (Stop the Steal).

Es gab aber auch Proteste von der anderen politischen Seite – in New York City und Seattle etwa gingen Tausende Menschen auf die Strasse, um die Auszählung aller abgegebenen Stimmen zu fordern. An sie gerichtet machte Biden ein Versprechen: Die Auszählung werde überall fortgesetzt, betonte er am Mittwoch. «Niemand wird uns unsere Demokratie wegnehmen – nicht jetzt, niemals.»

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