Heisser und extremer So schlecht steht es um unser Klima

sda/dpa/toko

6.11.2022 - 14:31

Ein abgestorbener Baum im Wattgebiet  des Yangtze-Flusses. Dürren wie hier in China nehme weltweit zu.
Ein abgestorbener Baum im Wattgebiet des Yangtze-Flusses. Dürren wie hier in China nehme weltweit zu.
Qi Liguang/XinHua/dpa

Zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Ägypten gibt die Weltwetterorganisation in einem Bericht einen vorläufigen Überblick über den Zustand des Weltklimas — und der ist düster.

Wetterextreme im laufenden Jahr haben der Weltwetterorganisation (WMO) zufolge Millionen Menschen betroffen und Milliardenkosten verursacht.

Durch extrem langanhaltende Dürren im Osten Afrikas waren bis Mitte des Jahres bis zu 19,3 Millionen Menschen von unsicherem oder unzureichendem Zugang zu Nahrungsmitteln betroffen, wie aus einem am Sonntag vorgestellten WMO-Bericht zum aktuellen Zustand des Klimas hervorgeht. Die Flutkatastrophe in Pakistan kostete demnach im Spätsommer mindestens 1700 Menschen das Leben und vertrieb fast acht Millionen Menschen aus ihrer Heimat.

Die vergangenen acht Jahre deuten sich der Weltwetterorganisation zufolge als wärmste der Aufzeichnungen an. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag zuletzt schätzungsweise rund 1,15 Grad über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit. Das Wetterphänomen La Niña habe zwar die Temperaturen etwas gemindert, so dass 2022 nur als fünft- oder sechstwärmstes Jahr in die Statistik eingehen werde, heisst es in dem Bericht. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis ein neues Wärme-Rekordjahr gemessen werde.

Die Konzentration der wichtigsten Treibhausgase — Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) — hat laut WMO 2021 einen neuen Höchststand erreicht, bei Methan war die Zunahme sogar so gross wie nie. Auch im noch laufenden Jahr stieg die Konzentration aller drei Gase in der Atmosphäre weiter an. «Wir haben so hohe Werte an Kohlendioxid in der Atmosphäre, dass das 1,5-Grad-Ziel kaum noch in Reichweite ist», hält Generalsekretär Petteri Taalas fest. Je höher die Erderhitzung sei, desto schlimmer würden die Auswirkungen.

Klimaforschern zufolge muss die Erderhitzung bei 1,5 Grad gestoppt werden, um die Überschreitung gefährlicher Kipppunkte zu vermeiden und die katastrophalsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Die internationale Gemeinschaft hat sich auf dieses Ziel verständigt, tut aber längst nicht genug, um dieses politisch umzusetzen.

Weltklimakonferenz COP27 beginnt in Ägypten

Weltklimakonferenz COP27 beginnt in Ägypten

STORY: Im ägyptischen Scharm El-Scheich beginnt am Sonntag die Weltklimakonferenz. Bei dem bis zum 18. November angesetzten Treffen wird darüber beraten, wie man das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel erreichen kann, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Jeder der 197 Unterzeichner der UN-Klimakonvention verfolgt eigene Interessen, einen Konsens zu finden, dürfte wie immer schwierig werden. Jedes Jahr, das vergeht, ohne das stärkere Massnahmen ergriffen werden, führt allerdings lediglich dazu, dass noch radikalere Schritte notwendig werden. Der Klima-Expertenrat der Bundesregierung hält schärfere Regeln zur Treibhausgas-Begrenzung jedoch für unvermeidlich. Deutschland hat sich völkerrechtlich verpflichtet, seinen CO2-Ausstoss bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dies hat noch die vergangene Regierung im Klimaschutzgesetz verankert. Die nötigen Instrumente dafür wurden jedoch nicht mehr beschlossen. Im Kampf um mehr Klimaschutz haben sich am Samstag in Madrid Demonstranten an zwei der berühmtesten Gemälde von Francisco de Goya geklebt, «Die bekleidete Maja» sowie «Die nackte Maja». Es sei noch möglich, das Ziel von 1,5 Grad maximaler Erderwärmung einzuhalten, so die Gruppe. Dazu brauche man aber jetzt einen Wandel.

06.11.2022

Der Zustand des globalen Klimas im Überblick:

Temperatur

Die vergangenen acht Jahre deuten sich laut der Auswertung als wärmste der Aufzeichnungen an. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag zuletzt schätzungsweise rund 1,15 Grad über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit. Das Wetterphänomen La Niña habe zwar die Temperaturen etwas gemindert, so dass 2022 nur als fünft- oder sechstwärmstes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in die Statistik eingehen werde, heisst es in dem Bericht – es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis ein neues Wärme-Rekordjahr gemessen werde.

Das alle paar Jahre auftretende Wetterphänomen La Niña drückt die globale Durchschnittstemperatur, weil sich dabei die oberen Wasserschichten des tropischen Ostpazifiks ungewöhnlich stark abkühlen.

Wetterextreme

Hitzewellen, Dürren und Flutkatastrophen haben in diesem Jahr Millionen Menschen betroffen und Milliardenkosten verursacht. Bis Mitte des Jahres waren unter anderem durch extrem langanhaltende Dürren im Osten Afrikas bis zu 19,3 Millionen Menschen von unsicheren oder unzureichendem Zugang zu Nahrungsmitteln betroffen. Die Fluten in Pakistan kosteten mindestens 1700 Menschen das Leben und vertrieben fast acht Millionen Menschen aus ihrer Heimat.

Besonders jene Menschen im globalen Süden, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich seien, litten am stärksten, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas dem Bericht zufolge. Aber auch andere Regionen seien in diesem Jahr von Extremen erschüttert worden – etwa Europa oder der Süden Chinas durch enorme Hitzewellen und ebenfalls extreme Dürreperioden, die grosse Flüsse fast austrockneten.

Gletscher

Das Schmelzen der Gletscher hat in diesem Jahr enorm Fahrt aufgenommen. In den Alpen wurden durchschnittliche Verluste von drei bis vier Metern der Eisdicke gemessen, deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003.

Der Grönländische Eisschild schmolz das 26. Jahr in Folge, ausserdem fiel am höchsten Punkt des Eisschilds im August 2021 erstmals Regen statt Schnee. In der Schweiz nahm das Volumen der Gletscher in den vergangenen zwanzig Jahren um mehr als ein Drittel ab. «Für viele Gletscher ist es bereits zu spät und das Schmelzen wird für Hunderte, wenn nicht Tausende Jahre weitergehen mit enormen Auswirkungen für die Wasserversorgung», so Taalas.

Meeresspiegel

Das Tempo des Meeresspiegel-Anstiegs hat sich seit 1993 verdoppelt. Allein seit Januar 2020 stieg der Meeresspiegel um fast 10 Millimeter auf einen neuen Rekordstand an. Der Anstieg in den vergangenen zweieinhalb Jahren macht zehn Prozent des Gesamtanstiegs der vergangenen knapp 30 Jahre aus, in denen dieser mithilfe von Satellitenmessungen beobachtet wurde. Diese Beschleunigung liegt vor allem am schmelzenden Eis. Für Küstenregionen und tiefliegende Staaten ist das eine enorme Bedrohung.

Treibhausgase

Die Konzentration der wichtigsten Treibhausgase – Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) – hat im abgelaufenen Kalenderjahr einen neuen Höchststand erreicht, bei Methan war die Zunahme sogar so gross wie nie. Auch im noch laufenden Jahr stieg die Konzentration aller drei Gase in der Atmosphäre weiter an.

«Wir haben so hohe Werte an Kohlendioxid in der Atmosphäre, dass das 1,5-Grad-Ziel kaum noch in Reichweite ist», hält WMO-Generalsekretär Taalas fest. Je höher die Erderhitzung sei, desto schlimmer würden die Auswirkungen.

Klimaforschern zufolge muss die Erderhitzung bei 1,5 Grad gestoppt werden, um die Überschreitung gefährlicher Kipppunkte zu vermeiden und die katastrophalsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Die internationale Gemeinschaft hat sich auf dieses Ziel verständigt, tut aber längst nicht genug, um dieses politisch umzusetzen.

sda/dpa/toko