In den vergangenen Tagen kam es in Peru immer wieder zu gewaltsamen Protestaktionen. Nun soll mit Unterstützung der Streitkräfte die innere Ordnung aufrechterhalten werden. Inzwischen sind hunderte ausländische Touristen am Machu Picchu gestrandet.
dpa/AFP/tpfi/sob
15.12.2022, 00:00
15.12.2022, 07:39
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Die Regierung in Peru hat angesichts der zunehmend gewaltsamen Proteste gegen die Absetzung von Präsident Pedro Castillo den Ausnahmezustand über das ganze Land verhängt.
Dieser gilt laut Aussenminister Luis Alberto Otárola für 30 Tage, wie die peruanische Nachrichtenagentur Andina berichtete. Die Polizei würde mit Unterstützung der Streitkräfte die innere Ordnung aufrechterhalten, sagte Otárola demnach. Damit gebe die Regierung eine «energische und nachdrückliche» Antwort auf gewaltsame Akte, Vandalismus und die Blockade von Strassen.
Sieben Tote bei Protesten
Mit der Auflösung des Kongresses hatte der Linkspolitiker Castillo einem Misstrauensvotum im Parlament zuvorkommen wollen. Sowohl sein Kabinett als auch die Opposition warfen ihm einen Staatsstreich vor, weshalb der frühere Dorfschullehrers am Mittwoch vergangener Woche des Amtes enthoben und festgenommen wurde.
Seine bisherige Stellvertreterin Boluarte wurde kurz darauf als seine Nachfolgerin vereidigt. Bei den Demonstrationen gegen den Machtwechsel wurden bislang offiziellen Angaben zufolge sieben Menschen getötet. Verteidigungsminister Otarola erklärte die Ausrufung des Ausnahmezustands am Mittwoch mit «Vandalismus und Gewalttaten sowie Strassenblockaden».
Peru: Erneut Tote bei Protesten gegen Amtsenthebung von Castillo
Nach der umstrittenen Amtsenthebung des bisherigen Präsidenten Pedro Castillo kommt Peru nicht zur Ruhe: Bei Protesten gegen die Entmachtung des linksgerichteten Politikers wurden inzwischen sieben Menschen getötet.
13.12.2022
Laut der Ombudsfrau für Menschenrechte, Eliana Revollar, wurden mehrere Menschen durch Schüsse getötet, unter ihnen zwei Minderjährige. Der Flug- und Zugverkehr in verschiedenen Gegenden des Andenlandes wurde ausgesetzt, das Polizeiaufgebot auf den Strassen der Hauptstadt Lima erhöht. Tausende Menschen forderten den Rücktritt von Castillos Nachfolgerin Dina Boluarte, die Auflösung des Parlaments, baldige Neuwahlen und die Freilassung des inhaftierten Ex-Präsidenten. Das oberste Gericht lehnte den Berufungsantrag gegen seine U-Haft ab.
«Wir kommen hier nicht weg»
Wegen der Unruhen sitzen hunderte ausländische Touristen an der weltberühmten Inka-Stätte Machu Picchu fest. Betroffen seien rund 800 Touristen, teilten die Behörden mit. Die Bahnstrecke zwischen der Weltkulturerbe-Stätte und der Stadt Cusco ist gesperrt.
Die gut hundert Kilometer lange Bahnstrecke ist der einfachste und meistgenutzte Weg, um zum Machu Picchu oder von ihm wieder wegzukommen. Als Grund für die Sperrung hatte die peruanische Staatsbahn «PeruRail» am Dienstag Sicherheitsbedenken angegeben und auf Demonstrationsaufrufe verschiedener Organisationen in Cusco verwiesen.
In der kleinen Stadt Aguas Calientes am Fusse des Machu Picchu hingen deshalb hunderte Touristen fest. «Wir kommen hier nicht weg», sagte die Israelin Gale Dut einem AFP-Journalisten. «Ich bin mit meinen Kindern unterwegs, es ist wirklich ein Problem.» Sie wolle nur «in aller Sicherheit» aus Peru ausreisen, aber das sei im Moment nicht möglich.
Ex-Präsident bleibt im Gefängnis
Die neue Präsidentin Boluarte rief am Mittwoch unterdessen vor Journalisten dazu auf, die Parlamentswahlen auf Dezember 2023 vorzuverlegen. Am vergangenen Sonntag hatte sie bereits gefordert, die ursprünglich für 2026 geplanten Wahlen auf April 2024 vorzuziehen.
Der seit Donnerstag inhaftierte Ex-Präsident Castillo muss derweil vorerst hinter Gittern bleiben. Ein Richter verschob am Mittwoch eine geplante Anhörung über eine mögliche Entlassung auf Donnerstag. Dabei soll entschieden werden, ob der wegen «Rebellion und Verschwörung» angeklagte Ex-Präsident aus der Haft entlassen wird. Dem Politiker werden «Rebellion und Verschwörung» vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert eine 18 Monate lange Untersuchungshaft für Castillo.
Castillo war im Juli 2021 als politischer Aussenseiter an die Staatsspitze gewählt worden. Seitdem befand sich der 53-Jährige in einem ständigen Machtkampf mit dem konservativ dominierten Kongress. Dieser hatte bereits zweimal vergeblich versucht, ihn wegen «moralischer Unfähigkeit» des Amtes zu entheben.