Österreichs Parteichef vom rechten Rand Der Provokateur greift nach der Macht – wer ist Herbert Kickl?

Dominik Müller

6.1.2025

FPÖ-Chef und ehemaliger Innenminister Österreichs: Herbert Kickl.
FPÖ-Chef und ehemaliger Innenminister Österreichs: Herbert Kickl.
Eva Manhart/APA/dpa

Das Projekt einer Koalition von Mitte-Parteien in Österreich ist gescheitert. Das bringt die FPÖ ins Spiel, die bei der Wahl stärkste Kraft geworden war. Wofür steht Herbert Kickl, der Chef der Rechtspopulisten?

Dominik Müller

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  • In Österreich polarisiert kaum ein Politiker so wie Herbert Kickl.
  • Der Chef der FPÖ fällt insbesondere durch seine provozierende Rhetorik auf.
  • Unter seiner Führung gelang den Rechtspopulisten während der Pandemie der Wiederaufstieg nach der Ibiza-Affäre.

Nach den geplatzten Verhandlungen über eine Mitte-Regierung in Österreich steigen die Chancen von Herbert Kickl, als Chef der rechten FPÖ ins Kanzleramt einzuziehen. Seine Partei war bei der Wahl im September stärkste Kraft geworden, hatte bisher aber keinen Auftrag zur Regierungsbildung.

Nun wurden die Karten neu gemischt, denn Kanzler Karl Nehammer, der nicht mit dem 56-Jährigen regieren wollte, hat seinen Rücktritt als Regierungschef und als Chef der konservativen ÖVP bekanntgegeben. Damit macht er den Weg frei für Kräfte in seiner Partei, die sich eine Koalition mit Kickls FPÖ vorstellen können.

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat nun am Montag der FPÖ offiziell den Auftrag zur Bildung einer Regierung erteilt. Das teilte das Staatsoberhaupt bei einer Pressekonferenz in Wien mit.

«Daham statt Islam»

So könnte Kickl bald Bundeskanzler Österreichs werden. Respektive «Volkskanzler», wie die Rechtspopulisten während des Wahlkampfes stets geworben hatten – trotz Vorwürfen, der Begriff stehe mit dem Nationalsozialismus in Verbindung.

Seit 2021 steht Kickl an der Spitze der FPÖ. In seinen Reden zeigt sich der Parteichef meist aggressiv und provozierend. Seine Sprüche sind oft einprägsam: FPÖ-Slogans wie «Daham statt Islam» oder «Mehr Mut für unser Wiener Blut – zu viel Fremdes tut niemandem gut» entwickelte Kickl bereits während seiner Zeit als Redenschreiber und Wahlkampfmanager.

«Ich kann zwar nichts, aber ich kann alles lernen», soll Kickl laut seinen Biografen Gernot Bauer und Robert Treichler einst gesagt haben, als er sich im jungen Alter bei der FPÖ vorstellte. In der Freiheitlichen Akademie, dem politischen Nachwuchszentrum der Rechtspopulisten, soll er anfangs eher unauffällig gewesen sein – eine Art Helfer, der Flipcharts und Poster aufstellte.

Steile Partei-Karriere

Doch sein Talent blieb nicht lange unentdeckt. Er machte Karriere, wurde Redenschreiber des von ihm bewunderten Jörg Haider, mit dem in den 1980er-Jahren der Höhenflug der FPÖ begann. Später war er die rechte Hand von Heinz-Christian Strache, dessen Aufstieg er ab 2005 als FPÖ-Generalsekretär zwölf Jahre lang begleitete und nach dessen Fall im Zuge der Ibiza-Affäre er aus der Opposition heraus bald wieder erfolgreich operierte.

Lange bevor der damalige US-Präsident Donald Trump «America first» als Losung ausgab, positionierte sich die FPÖ mithilfe von Kickl als «soziale Heimatpartei»: Zuallererst sollen immer die Interessen der Österreicher kommen.

Russlandfreundlich und asylfeindlich

Herbert Kickl vertritt russlandfreundliche Positionen. Er wendet sich etwa seit langem gegen EU-Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg: «Das ist nicht unmoralisch. Wir müssen bei Russland mit gleichem Mass messen wie bei den USA, die auch vielerorts in Ländern einmarschieren und völkerrechtswidrige Kriege führen.»

In Sachen Asyl und Migration verfolgt Kickl, der von 2017 bis 2019 Innenminister unter Kanzler Sebastian Kurz war, einen harten Kurs: «Flüchtlinge, die glauben, sich nicht an unsere Regeln halten zu müssen, sollten das Land verlassen.» Dafür benutzt er auch den Begriff «Remigration». «Ich weiss gar nicht, was an diesem Wort so böse sein soll», sagte er im Wahlkampf.

Wiederaufstieg in der Corona-Krise

«Remigration» wird unterer anderem auch von der Identitären Bewegung propagiert, die in Österreich als rechtsextrem eingestuft ist. Gegenüber den Identitären hat Kickl keine Berührungsängste. Die Gruppierung sei so etwas wie eine rechte Nichtregierungsorganisation, sagte er einem TV-Sender. Die Kampagne der Identitären gegen den UNO-Migrationspakt sei «Beispiel für ein interessantes und unterstützenswertes politisches Projekt».

Wichtig für den Wiederaufstieg der FPÖ unter Kickl war die Corona-Krise. In der Pandemie machte sich die Partei zum Sprachrohr der Gegner von Lockdowns und verpflichtenden Impfungen. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat er vorgeworfen, nach einer «Gesundheitsdiktatur» zu streben.

Mit Material der Nachrichtenagentur DPA


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