Chaos und Zerstörung Europa wappnet sich nach «Zeynep» für den nächsten Sturm

Von Ann-Kristin Wenzel, dpa

19.2.2022 - 17:09

Orkan «Zeynep» hat sich über Deutschland ausgetobt. Hamburg erlebt die schwerste Sturmflut seit Jahren – und das nächste Sturmtief kündigt sich schon an. Auch andere europäische Länder waren vom Unwetter stark betroffen.

Der gewaltige Sturm «Zeynep» hat in weiten Teilen Europas eine Schneise der Verwüstung durch mehrere Länder geschlagen. Mindestens zwei Menschen kamen in Deutschland ums Leben, elf weitere in Belgien, Grossbritannien, Irland, den Niederlanden und Polen – meistens durch auf Fahrzeuge gestürzte Bäume. Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt. Hunderte Flüge, Züge und Fährverbindungen fielen bis Samstagmittag wegen des Sturms mit seinen gebietsweise orkanartigen Böen aus.

Der über Irland entstandene Sturm war am Freitag über Teile des Vereinigten Königreichs, dann über Nordfrankreich und die Benelux-Staaten gezogen, bevor er in der Nacht zum Samstag auf Dänemark, Deutschland und später Polen traf. Rekordwindgeschwindigkeiten – an die 200 Stundenkilometer in Grossbritannien – und Starkregen entwurzelten Bäume, beschädigten Dächer und sorgten für Sturzfluten.



In Grossbritannien waren am Samstagmorgen mehr als 400'000 Haushalte weiterhin ohne Strom. Starke Winde brachten den Turm einer Kirche in Wells im Südwesten Englands zum Einsturz und rissen Teile des Dachs der O2-Arena in London ab.

Auch in Deutschland war für Katastrophendienste in weiten Teilen des Landes nicht an Entspannung zu denken. Eine schwere Sturmflut sowie Unfälle und Einschränkungen im Bahnverkehr sorgte für einen Dauerbetrieb bei den Feuerwehren. Mindestens drei Menschen starben wegen des Sturms.

Sturmtief «Antonia» kündigt sich bereits an

Doch auch wenn am Samstag der Wind etwas abschwächte, ist es nur eine trügerische Ruhe. Schon für Sonntag erwartet der Deutsche Wetterdienst (DWD) im Flachland starke bis stürmische Böen. «Richtig turbulent und mitunter auch gefährlich könnte es dann in der Nacht zum Montag werden», befürchtete Adrian Leyser von der Wettervorhersagezentrale des DWD über Sturmtief «Antonia».

Schwere Sturmböen oder sogar orkanartige Böen sind nicht ausgeschlossen. «Die ohnehin durch die vorangegangenen Stürme in Mitleidenschaft gezogenen und in teilweise stark aufgeweichten Böden stehenden Bäume können dabei leicht umstürzen», sagte Leyser. Erst ab Dienstag beruhigt sich das Wetter.

Auch im Rest von Europa bleibt die Lage angespannt: Prognosen zufolge sollten weitere starke Winde die südlichen Küsten von England und Wales am Samstag treffen und dort womöglich weitere Schäden verursachen. Weiter nördlich wurden Störungen durch Schnee und Eis erwartet.

Bahnverkehr stark beeinträchtigt

Wann die Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn im Norden und Osten wieder regulär fahren, war am Samstag zunächst unklar. Die Bahn liess verlauten, sie tue alles dafür, den Zugverkehr so schnell wie möglich Schritt für Schritt wieder aufzunehmen.

«Zeynep» überquerte Deutschland ab dem Freitagnachmittag mit Windgeschwindigkeiten von örtlich mehr als 160 Stundenkilometern. Der höchste Wert wurde in der Nacht zum Samstag mit rund 162 Kilometern pro Stunde am Nordsee-Leuchtturm «Alte Weser» gemessen, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte. Am Vormittag hob der DWD alle Unwetterwarnungen vor Orkanböen auf.

Sturmflut in Hamburg, Nordseeinsel verliert Badestrand

In Hamburg gab es am Samstagmorgen erstmals seit 2013 wieder eine sehr schwere Sturmflut mit mehr als 3,5 Metern über dem mittleren Hochwasser: Die Elbe erreichte gegen 5.30 Uhr am Pegel St. Pauli nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) 3,75 Meter über dem mittleren Hochwasser.

Feuerwehrleute retteten in der überfluteten Speicherstadt mit einem Schlauchboot zwei Männer, die mit ihrem Auto eingeschlossen waren. Laut Polizei waren die Männer stark unterkühlt. Nachdem das Wasser vormittags sank, sollte das Abendhochwasser eine weitere Sturmflut bringen.

Am Uferweg wir vor Sturmschäden gewarnt. Die Nordseeinsel Wangerooge hat im Sturm etwa 90 Prozent ihres Badestrandes eingebüsst.
Am Uferweg wir vor Sturmschäden gewarnt. Die Nordseeinsel Wangerooge hat im Sturm etwa 90 Prozent ihres Badestrandes eingebüsst.
Bild: Keystone

Die Nordseeinsel Wangerooge büsste im Sturm etwa 90 Prozent ihres Badestrandes ein. «Auf einer Länge von einem Kilometer gibt es kaum noch Sand», sagte Wangerooges Inselbürgermeister Marcel Fangohr. Auch auf der ostfriesischen Insel Langeoog wurde der Strand beschädigt. «In Teilen ist gar kein Strand mehr da, die Abbruchkante geht bis zu den Dünen», sagte Inselbürgermeisterin Heike Horn.

Von Ann-Kristin Wenzel, dpa