Von Truckern besetzte Brücke in Kanada wieder geöffnet
Seit Wochen demonstrieren in Kanada Tausende Menschen gegen Corona-Massnahmen und Impfvorschriften. Eine wichtige Grenzbrücke zwischen der kanadischen Stadt Windsor und Detroit in den USA ist nun wieder offen.
14.02.2022
Angesichts der Trucker-Proteste gegen die Corona-Politik in Kanada ergreift der kanadische Premier eine scharfe Massnahme: Erstmals in der Geschichte des Landes setzt er die Bürgerrechte ausser Kraft.
Die Blockade einer wichtigen Wirtschaftsader in die USA ist gebrochen, doch die Proteste in Kanada gegen die Corona-Politik der Regierung gehen weiter. Premierminister Trudeau reagiert mit einer historischen Entscheidung.
Angesichts der seit Wochen anhaltenden Trucker-Proteste gegen seine Corona-Politik hat Kanadas Premierminister Justin Trudeau den nationalen Notstand verhängt. Der liberale Regierungschef machte dazu am Montag (Ortszeit) in Ottawa erstmals von einem entsprechenden Gesetz Gebrauch.
Trudeau versprach, die Massnahmen würden zeitlich begrenzt, örtlich gezielt sowie angemessen sein. Das 1988 verabschiedete – aber noch nie angewandte – Gesetz gibt ihm kurzzeitig die Macht, Bürgerrechte zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung ausser Kraft zu setzen.
Mehr als zwei Dutzend Festnahmen
Trudeau versicherte: «Wir werden weiter sicherstellen, dass die zuständigen Behörden auf Stadt-, Provinz- und Landesebene haben, was sie brauchen, um diese Blockaden zu beenden und die Sicherheit der Bevölkerung zu schützen.» Bereits zuvor hatte er die Blockaden der Lastwagenfahrer illegal genannt und auch eine gewaltsame Auflösung nicht ausgeschlossen.
Seit Wochen demonstrieren in Kanada Tausende gegen Corona-Beschränkungen und Impfvorschriften. Mit Lastwagen und anderen Fahrzeugen werden auch Zufahrten ins Zentrum der Hauptstadt Ottawa blockiert. Auslöser der Proteste waren Impfvorschriften für Lastwagenfahrer. Seit Januar gilt eine Verordnung, wonach auch Trucker, die aus den USA zurückkehren, einen Impfnachweis vorlegen müssen.
Am Wochenende hatten Einsatzkräfte bereits ein Zentrum der Proteste geräumt: Nach fast einwöchiger Blockade floss der Verkehr auf einer wichtigen Grenzbrücke zwischen der Stadt Windsor in Kanada und Detroit in den USA wieder. Die Regierungen auf beiden Seiten der Grenze hatten zuvor vor den wirtschaftlichen Folgen der Blockade gewarnt.
Der Polizei von Windsor zufolge wurden am Wochenende mehr als zwei Dutzend Menschen festgenommen sowie ein Dutzend Fahrzeuge beschlagnahmt oder abgeschleppt. Die Blockade der Ambassador Bridge sowie weiterer Grenzübergänge führte nach Trudeaus Worten zum Stopp der Autoproduktion von sechs Herstellern wegen fehlender Teile. Über die Brücke fliessen 25 Prozent des kanadisch-amerikanischen Güterverkehrs – das entspricht pro Tag einem Warenwert von umgerechnet 275 Millionen Euro. Die Region ist wirtschaftlich über die Grenze hinaus eng verwoben.
Andernorts gehen die Proteste weiter
Andernorts gingen die Proteste gegen die Corona-Beschränkungen weiter. Nach Behördenangaben blieb am Montag noch mindestens ein weiterer Grenzübergang zwischen Coutts in der kanadischen Provinz Alberta und Sweet Grass im US-Bundesstaat Montana geschlossen. Auch in Ottawa harrten Trucker trotz eisiger Kälte weiter aus. Dort gab es am Wochenende ebenfalls zahlreiche Festnahmen. Die Demonstranten hätten teils «aggressives Verhalten» gezeigt und Polizisten «überwältigt», so die Polizei.
Trudeau sagte nun: «Wir können und werden nicht zulassen, dass illegale und gefährliche Aktivitäten fortgesetzt werden.» Es gehe darum, die Sicherheit zu gewährleisten, Arbeitsplätze zu schützen und Vertrauen in die Institutionen des Landes wiederherzustellen. Die Regierung nutze das Notstandsgesetz nicht dafür, das Militär einzubeziehen oder Menschen daran zu hindern, von ihrem Recht des legalen Protests Gebrauch zu machen.
Weite Teile der Bevölkerung hatten Trudeaus teilweise sehr strikten Anti-Covid-Kurs in den vergangenen zwei Jahren mitgetragen. In jüngsten Studien zeichnet sich allerdings eine mögliche Trendwende ab, auch wenn das Bild noch nicht eindeutig ist. Auch einige Anhänger des 50-Jährigen nahmen der grassierenden Omikron-Variante geschuldete Massnahmen wie neue Reiseeinschränkungen und von lokalen Regierungen verordnete Schliessungen der Innenräume von Bars und Restaurants als übertrieben wahr.
dpa/uri
dpa