Britischer Admiral ist sicher«Jetzt macht Putin den zweiten verhängnisvollen Schnitzer»
phi
14.12.2023
Putin will Armee erneut vergrössern
Seit rund 21 Monate führt Russland einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nun hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine erneute Vergrösserung der Armee angeordnet.
05.12.2023
Admiral Tony Radakin hat in einer Rede in London über die Lage der Welt gesprochen. Der oberste britische Militär glaubt, dass Wladimir Putins Wirtschaftspolitik Russland ins Verderben führen wird.
P. Dahm
14.12.2023, 10:28
14.12.2023, 10:33
phi
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«Es sind aussergewöhnlich gefährliche Zeiten»: Der oberste britische Militär ordnet die Lage der Welt ein.
Die Kriege in der Ukraine und Nahost drohen laut Admiral Tony Radakin, die Welt zu destabilisieren.
Wladimir Putin sei «kein Grossmeister der Strategie», sagt Radakin.
Nach dem Angriff auf die Ukraine begehe Putin nun den zweiten grossen Fehler, indem er die Wirtschaft an die Wand fahre.
Zuletzt sei so viel ins Militär gesteckt worden, bevor die Sowjetunion zusammenbrach.
Der Chef des britischen Militärs hat sich am 13. Dezember bei einem Vortrag vor der Londoner Denkfabrik Royal United Services Institute (Rusi) über die Sicherheitslage weltweit und im Speziellen in Grossbritannien geäussert.
«Es sind aussergewöhnlich gefährliche Zeiten», warnt Admiral Sir Tony Radakin. «Furchtbare Gewalt» bedrohe die Weltordnung ebenso wie «ideologische Kämpfe». Konkret nennt Radakin die Konflikte um Taiwan, im Westen des Balkan, in Nordkorea, in Guyana und die Instabilität Afrikas.
Der Krieg in Nahost habe sogar das Zeug dazu, eine ohnehin «fiebrige und aufgewühlte Welt» weiter zu destabilisieren. Das gilt auch für den Krieg in der Ukraine.
Putin «kein Grossmeister der Strategie»
Der 58-Jährige räumt ein, dass die ukrainische Gegenoffensive «weniger Boden gutgemacht als gehofft». Der Grund: «Die russische Verteidigung war stärker als erwartet.» Wolodymyr Selenskyj solle den Kopf jedoch nicht hängen lassen: «Territorien sind nicht die einzige Währung dieses andauernden Krieges.»
Radakin sagt weiter: «Es ist zu oberflächlich, von einer Patt-Situation oder den Vorteilen zu reden, die Russland in einem langen Krieg hätte.» Denn Wladimir Putin sei «kein Grossmeister der Strategie», lästert der britische Admiral: Der russische Präsident verfehle seine Kriegsziele.
«Er wollte den Westen mit seinen rücksichtslosen Atom-Drohungen einschüchtern», zählt Radakin auf. «Hervorgerufen hat er damit internationale Verurteilung – auch von Staaten wie China, Indien oder Saudi-Arabien.» Gegen Putin liege ein internationaler Haftbefehl vor und er habe nur «wenige echte Freunde im Ausland».
Der «zweite verhängnisvolle Schnitzer»
Der Kreml-Chef habe sich selbst zum «Gefangenen» gemacht, glaubt Londons Top-Militär. Der versuchte Coup durch Jewgeni Prigoschins Gruppe Wagner habe ihn «gedemütigt». «Die Krim ist nicht länger sicher und die Schwarzmeerflotte ist verstreut», fährt Radakin fort. «Er muss 400'000 Soldaten in der Ukraine lassen, um das zu halten, was er genommen hat.»
Putins grösstes Problem liege jedoch an der Heimatfront: «Wenn sein erster katastrophaler Fehler war, die Ukraine zu überfallen, macht er jetzt seinen zweiten verhängnisvollen Schnitzer. Die russische Wirtschaft wird noch mehr ausser Form gedreht. Fast 40 Prozent der öffentlichen Ausgaben gehen in die Verteidigung.»
Moskau gebe mehr für das Militär aus als für die Sparten Gesundheit und Bildung zusammen. «Und das letzte Mal, als wir dieses Niveau gesehen haben, war am Ende des Kalten Krieges vor dem Kollaps der Sowjetunion. Das ist verheerend für Russland und seine Bevölkerung.» Dass Putin keine weitere Mobilisierung anordnet, sei nur den Wahlen im kommenden März geschuldet.
Wirtschaft droht Überhitzung
Tatsächlich hat Moskau auf Kriegsökonomie umgestellt – und muss nun den Preis dafür zahlen. Rachel Lyngaas vom US-Finanzministerium attestiert, dass Putins Politik für «die russische Wirtschaft beträchtliche ökonomische Belastungen» darstellt. Er schätzt, ohne den Krieg wäre das Bruttoinlandsprodukt fünf Prozent grösser.
Der «Economist» schreibt, dass die Wirtschaft sich einem Punkt der Überhitzung nähere. Zwar würden staatliche Investitionen auch 2024 für ein Wachstum sorgen, doch fehlten die ausländischen Investitionen, die Preise würden steigen und das Fehlen derjenigen, die entweder an der Front stationiert oder ins Ausland geflohen sind, würden sich bemerkbar machen.
2024 sollen die Ausgaben für das Militär um fast 70 Prozent steigen. Gefährlich ist für Moskau dabei die Abhängigkeit vom Öl. Das schwarze Gold ist derzeit der einzige Lichtblick für den Kreml: Trotz Sanktionen und einem Preisdeckel hat Russland im Oktober durch Öl-Verkäufe 11,3 Milliarden Dollar eingenommen. Das ist ein Rekord: So viel wurde vor dem Krieg nicht erwirtschaftet.