Angeblicher Machtkampf Hat Selenskyj den Chef seiner Streitkräfte frontal angegriffen?

phi

1.2.2024

Abhörwanze bei ukrainischem Oberbefehlshaber gefunden

Abhörwanze bei ukrainischem Oberbefehlshaber gefunden

Beim ukrainischen Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj wurde eine Abhörvorrichtung gefunden. Die Wanze sei in einer Räumlichkeit gefunden worden, die Saluschnyj zukünftig für die Arbeit hätte nutzen wollen.

18.12.2023

In Kiew überschlägt sich gerade ein Gerücht: Angeblich hat Präsident Selenskyj versucht, den Oberkommandierenden der Streitkräfte abzusägen. Walerij Saluschnyj ist in der Ukraine aber äusserst beliebt.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der Ukraine kursiert das Gerücht, Präsident Selenskyj habe den Oberkommandierenden der Streitkräfte entlassen wollen.
  • Der Vorgang ist angeblich am Widerstand des Militärs gescheitert.
  • Auch die potenziellen Nachfolger sollen abgewunken haben.
  • 88 Prozent Zustimmung: Walerij Saluschnyj zählt zu den beliebtesten Führungspersonen im Land.
  • Zwischen ihm und Selenskyj soll es seit einem «Economist»-Interview im November kriseln.
  • Selenskyjs Popularität in der Ukraine sinkt.

In der Ukraine kommt das Gerücht bereits am 29. Januar auf: Der «Kyiv Independent» und andere Medien berichten, dass der Kommandierende der Streitkräfte womöglich entlassen wird. Auf Nachfrage antwortet aber Sergii Nykyforov, der Sprecher von Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass Walerij Saluschnyj weiterhin im Amt sei.

Dem Gerücht zufolge, das auf anonymen Telegram-Kanälen seinen Lauf nahm, ist das Tischtuch zwischen Selenskyj und Saluschnyj zerschnitten, seit der am 1. November dem «Economist» ein denkwürdiges Interview gegeben hat. Darin warnt der 50-Jährige vor einem Stillstand an der Front, falls die Ukraine nicht mehr und bessere Waffen aus dem Westen erhält.

Saluschnyj extrem beliebt

Als Selenskyj im Dezember auf sein Verhältnis zum Chef der Streitkräfte angesprochen wird, spricht er von einer Arbeitsbeziehung. Im selben Monat führt das Internationale Institut für Soziologie in Kiew eine Umfrage unter 1200 Personen zum Thema durch: 43 Prozent der Befragten glauben demnach, dass es zwischen den beiden Männern Spannungen gibt, doch nur acht Prozent halten es für ein ernsthaftes Problem.

Wolodymyr Selenskyj trifft am 20. Oktober 2023 in Cherson Walerij Saluschnyj.
Wolodymyr Selenskyj trifft am 20. Oktober 2023 in Cherson Walerij Saluschnyj.
IMAGO/ZUMA Wire

Eine grosse Mehrheit von 72 Prozent würde demnach eine Entlassung des Oberbefehlshabers ablehnen. Gleichzeitig zeigt sich, dass das Vertrauen in den Präsidenten gesunken ist – von 84 auf 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl derjenigen, die ihm misstrauen, stieg von 5 auf 18 Prozent. Demgegenüber vertrauen 88 Prozent der Befragten Saluschnyj: Im Dezember 2022 war dieser Wert nicht erhoben worden.

Der Oberkommandierende ist seit Juli 2021 im Amt. Nun berichtet «Bild», Selenskyj habe «in der Tat versucht, Saluschnyj zu entfernen» – ohne dabei Quellen zu nennen. Demnach habe sich aber die Generalität geweigert, die Entscheidung anzuerkennen. Zudem hätten die potenziellen Nachfolger abgewunken: Neben Geheimdienstchef Kyrylo Budanow soll der Chef des Heeres, Oleksandr Syrskyj, ein Kandidat gewesen sein.

Machtkampf zwischen Selenskyj und Saluschnyj?

Laut Gustav Gressel von der europäischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations soll General Syrskyj Nachfolger in spe gewesen sein, «weil dieser loyaler zum Präsidenten steht». Saluschnyj gelte im Militär jedoch als «menschlicher» und «näher an der Truppe», wie Gressel der «Bild» erklärt. Wegen des Widerstandes habe der Präsident sein Vorhaben nach einer Stunde wieder aufgegeben.

Besuch einer Kirche in Kiew am 31. Oktober 2023. Von links: Walerij Saluschnyj, Verteidigungsminister Rustem Umjerow, Sicherheitsrat-Sekretär Oleksij Danilow und Andrij Jermak, der Leiter des ukrainischen Präsidialamts.
Besuch einer Kirche in Kiew am 31. Oktober 2023. Von links: Walerij Saluschnyj, Verteidigungsminister Rustem Umjerow, Sicherheitsrat-Sekretär Oleksij Danilow und Andrij Jermak, der Leiter des ukrainischen Präsidialamts.
IMAGO/ZUMA Wire

Gressel sagt, der Vorgang schade der Verteidigung der Ukraine: «Die Einmischung in militärische Angelegenheiten aus der Präsidentschaftskanzlei, und das vor allem durch Berater Andrij Jermak, sind schon von Anfang an ein Problem.» Zuletzt sollen sich Selenskyj und Saluschnyj bei der Taktik in Awdijwka uneins gewesen sein.

Während der General sich zurückziehen und die Front begradigen wollte, soll der Präsident darauf beharrt haben, die Stadt zu halten. «Der Machtkampf zwischen Präsident Selenskyj beziehungsweise Jermak und General Saluschnyj ist eine schwierige und lange Geschichte, die sich negativ auf die Gesamtsituation in der Ukraine auswirkt», zitiert «Bild» einen anonymen ukrainischen Offizier.