Feldzug gegen Trump Feldzug gegen Trump - hat Ex-Anwalt gefährliche Pfeile im Köcher?

AP

30.7.2018

US-Präsident Donald Trump und sein Ex-Anwalt Michael Cohen. 
US-Präsident Donald Trump und sein Ex-Anwalt Michael Cohen. 
Uncredited/AP/dpa

Donald Trump kann die Russland-Affäre einfach nicht abschütteln. Und nun gibt es eine mögliche Bedrohung aus einer neuen Ecke. Was weiss sein Ex-Anwalt Michael Cohen - und könnte er auspacken? 

Gern würde Donald Trump in diesen Tagen den Blick voll auf die brummende US-Wirtschaft lenken - einen Erfolg, den er sich ganz an die eigene Fahne heftet. Doch da ist Michael Cohen, sein Ex-Anwalt. Monatelang war Trumps früherer Vertrauter weitgehend still geblieben, nachdem die Polizei im Zuge von Ermittlungen gegen ihn Berge von Unterlagen über seine Arbeit für den prominenten Klienten beschlagnahmt hatte.

Aber in den vergangenen Tagen ist Cohen aggressiv geworden, hat anscheinend einen öffentlichen Feldzug gegen den Präsidenten und das Weisse Haus gestartet. Und er erwägt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten - was ihm wohl zumindest eine Strafminderung einbringen könnte.

Was hat Cohen in der Hand?

Mit seinem jüngsten Vorgehen hat Cohen jedoch nicht nur von dem abgelenkt, was Trump gern als seine Errungenschaften propagieren würde. Es drängt sich auch immer stärker die Frage auf, welche Strategie er verfolgt, wie weit er gehen will oder kann. Konkret: Hat Cohen Pfeile im Köcher, die Trump am Ende wirklich empfindlich treffen könnten?

Der Konflikt zwischen dem Präsidenten und dem Anwalt, der ihm über lange Jahre hinweg in Geschäftsdingen zur Seite gestanden hatte, war in der vergangenen Woche eskaliert. Zunächst veröffentlichte Cohens neuer eigener Anwalt Lanny Davis eine heimliche Tonaufnahme eines potenziell brisanten Gesprächs: Cohen und Trump unterhalten sich kurz vor der Präsidentenwahl 2016 über ein Schweigegeld für Ex-Playmate Karen McDougal. Sie behauptet, 2006 eine Affäre mit Trump gehabt zu haben.

Nur drei Tage später verbreitete der Sender CNN einen Bericht, dem zufolge Cohen bereit sein soll, bei den Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre «auszupacken». Demnach soll Trump im Voraus von einem heiklen Treffen seines Sohnes Donald Jr. und einer russischen Anwältin im Sommer 2016 informiert gewesen sein. Bei dieser Begegnung ging es um mögliche belastende Informationen über seine damalige Wahlrivalin Hillary Clinton. Mueller untersucht unter anderem, ob es eine Zusammenarbeit des Trump-Lagers mit Russland zur Wahlbeeinflussung gegeben hat.

Warum ist Cohen so aggressiv?

Trump hat jede Vorab-Kenntnis von dem Treffen bestritten, dies erneut am vergangenen Freitag. «NO», nein, twitterte er in Grossbuchstaben. Er habe «NICHT» von der Begegnung gewusst. CNN berief sich in dem Bericht auf anonyme Quellen. Das Cohen-Lager sagt, es stecke nicht dahinter. So oder so soll Trumps Ex-Anwalt den «Quellen» zufolge über keine Beweise wie Tonbänder verfügen, die eine etwaige Mitwisserschaft Trumps belegen. Aber die Frage, was Cohen in Sachen Russland-Affäre möglicherweise weiss und ausplaudern könnte, steht nun gross im Raum.

Und Rechtsexperten sind sich einig: Was möglichen Schaden für Trump betrifft, haben Muellers Untersuchungen ein grösseres Gefahrenpotenzial als die seit Monaten laufenden Ermittlungen der New Yorker Staatsanwaltschaft gegen Cohen. Darin geht es unter anderem um 130 000 Dollar (rund 110 000 Euro), die der Anwalt vor der Wahl der Pornodarstellerin Stormy Daniels für deren Schweigen über eine angebliche frühere sexuelle Beziehung mit Trump gab. Mit dieser Zahlung könnten Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verletzt worden sein, auch hier spielt die Frage einer etwaigen Mitwisserschaft Trumps eine Rolle. In Cohens Umgebung heisst es, der Anwalt habe noch nicht über eine Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft entschieden.

Insgesamt wirft es aber Rätsel auf, dass Cohen zuletzt so aggressiv an die Öffentlichkeit gegangen ist. Die meisten Leute mit vergleichbaren rechtlichen Problemen würden direkt mit den Ermittlungsbehörden kommunizieren und nicht über die Medien, meint etwa Robert Mintz, ein ehemaliger Staatsanwalt. Cohen könne sich damit ins eigene Fleisch schneiden, sollte er wirklich kooperieren wollen. «Staatsanwälte ziehen es vor, Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit im Stillen zu treffen, weil sie die Auswirkungen jedweder wertvollen Aussage und Information eines kooperierenden Zeugen bis zu einem Prozess aufsparen wollen», meint Mintz.

Abermals neue Fragen

Andere Experten geben auch zu bedenken, dass Cohen vielleicht spät dran wäre, würde er mit dem Mueller-Team zusammenarbeiten wollen. Denn dessen Untersuchungen dauern schon länger als ein Jahr, und da erhebt sich die Frage, ob Cohen Informationen zu bieten hätte, die nicht schon längst von den Ermittlern selbst ausgegraben worden sind. Wer sich durch Kooperation Straffreiheit oder -milderung erkaufen will, hat meistens bessere Chancen, wenn er frühzeitig tätig wird.

Ein anderer Punkt: Cohen selbst hat bisher öffentlich nichts über eine Kenntnis Trumps von dem Treffen mit der Russin gesagt. Sollte er es in seiner Zeugenaussage in einer Anhörung des Abgeordnetenhauses zur Russland-Affäre erwähnt haben, so ist es jedenfalls nicht im ausführlichen Abschlussbericht des Gremiums über dessen eigene Untersuchungen enthalten. Das hat denn auch Trumps Anwalt Rudy Giuliani ausgeschlachtet: Er nannte Cohen am Freitag einen «unglaublichen Lügner, der ein enormes Motiv fürs Lügen hat, weil er nichts anzubieten hat».

Auch Trump selbst hat seit der Veröffentlichung der Tonbandaufnahme über Ex-Playmate McDougal wiederholt Zorn und Abscheu über den in seinen Augen miesen Verrat durch Cohen zum Ausdruck gebracht. «Klingt danach, als ob jemand Geschichten erfindet, um sich selbst aus in einem ganz anderen Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten zu bringen (...)», twitterte Trump am Freitag.

Cohens Anwalt Davis sorgte derweil für eine neue Überraschung. Er sagte der Nachrichtenagentur AP, ihm sei jetzt «völlig verboten, mit den Medien zu sprechen». Was natürlich abermals neue Fragen aufwirft.

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