«Gute Idee»Wenn Trump aus «Fake News» einen Denkanstoss macht
Von Philipp Dahm
10.8.2020
Donald Trump widerspricht Medienberichten, er wolle der fünfte, steinerne Präsident auf dem Mount Rushmore sein – nur wirkt das Dementi nicht ganz glaubhaft, denn die Idee findet Trump an sich sehr gut.
Januar 2016: In der Zeitung «Tulsa World» erscheint ein Cartoon über Donald Trump am Mount Rushmore. Sein steinernes Konterfei ziert als fünfter Präsidentenkopf den weltberühmten Felsen. Der Präsident sagt zu einem Bauarbeiter: «Macht mein Gesicht dünner, und werdet diese anderen Typen los.»
Die Zeichnung zielt auf den Grössenwahn des Republikaners ab, wirkt jedoch weit hergeholt: Welcher amtierender Präsident würde es schon wagen, sich in eine Reihe mit George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln zu stellen? Und so glaubte Kristi Noem auch an einen Scherz, als sie im Weissen Haus zum ersten Mal den gerade gewählten Präsidenten trifft.
Die republikanische Abgeordnete aus South Dakota hat dem neuen Amtsinhaber gerade die Hand geschüttelt und sagt: «Mr. President, Sie sollten mal nach South Dakota kommen.» Die heute 48-Jährige fühlt sich offenbar bemüssigt, weitere Informationen einfliessen zu lassen: «Wir haben Mount Rushmore.» Trumps Antwort: «Wussten Sie, dass es mein Traum ist, mein Gesicht eines Tages auf dem Mount Rushmore zu sehen?»
«Ich begann zu lachen», erinnert sich Noem 2018 im Gespräch mit dem «Sioux Falls Argus Leader». Eine einseitige Reaktion: «Er lachte nicht. Er war total ernst.»
Modell eines Trump-Traums
Die Republikanerin wird nicht gehört haben, was Trump im Juli 2017 in Ohio über den berühmten Berg bekundet hat. «Ich würde Euch ja fragen, ob Ihr glaubt, dass ich eines Tages auf Mount Rushmore sein werde», erklärte er bei der Wahlkampfveranstaltung in Youngstown. «Aber das Problem ist: Wenn ich das scherzhaft sagen würde, voll im Spass, schreiben die Fake-News-Medien: ‹Er glaubt, er sollt auf Mount Rushmore sein›. Also sage ich es nicht, okay? Ich sag’s nicht.»
Die Geschichte scheint in Vergessenheit zu geraten. Sie ist auch kein Thema, als der 74-Jährige am 3. Juli 2020 das US-Wahrzeichen besucht und vor dem Tag der Unabhängigkeit eine Rede hält. Doch am Samstag greift die «New York Times» (NYT) die Sache wieder auf und berichtet, dass ein Trump-Laufbursche sich erneut nach Mount Rushmore erkundigt habe.
South Dakota hat seit 1. Januar 2019 eine neue Gouverneurin – sie heisst Kristi Noem. Der Trump-Gehilfe soll bei ihr im letzten Jahr nachgefragt haben, was das Procedere ist, um ein weiters Gesicht hinzuzufügen. Und als Trump am 3. Juli das Denkmal besucht, befeuert Noem seine Träume noch mit einem Modell des Felsens, auf dem fünf Präsidentenköpfe zu sehen sind – inklusive Trumps.
Das «Dementi»
Eigentlich dreht sich der Artikel der NYT um Noems angebliche Ambitionen auf den Job von Vizepräsident Miker Pence nach der Wahl im kommenden November – doch auf derlei Details geht Donald Trump nicht ein, als er via Twitter dementiert. Kein Wort über den unterstellten Machtkampf Noem-Pence, dafür aber zum Thema Mount Rushmore.
Das sei «Fake News», schreibt er als Antwort auf die «versagende» NYT und den «schlechte-Quoten-Sender CNN»: So etwas habe er nie vorgeschlagen.
Punkt.
Oder?
Nein, eher Doppelpunkt, denn die Geschichte endet hier nicht. Trump macht aus der «Fake News» kurzerhand einen Denkanstoss. «Angesichts der vielen Dinge, die in den ersten dreieinhalb Jahren erreicht worden sind – vielleicht mehr als in der jeder anderen Präsidentschaft –, tönt das für mich wie eine gute Idee.»
This is Fake News by the failing @nytimes & bad ratings @CNN. Never suggested it although, based on all of the many things accomplished during the first 3 1/2 years, perhaps more than any other Presidency, sounds like a good idea to me! https://t.co/EHrA9yUsAw
Eine verwirrende Situation: die Falschmeldung wird zur Steilvorlage und das Dementi greift das auf, was widersprochen sein will. Dabei ist die Lösung so einfach.
Warum? Es ist eigentlich egal, ob stimmt, was Trumps Parteikollegin Noem erzählt hat oder ob die Quelle der NYT auch seriös war. Es ist nicht wichtig, ob der Präsident das zuvor einmal0 vorgeschlagen oder ob er es erst jetzt tut – ob nun aus Spass oder auch nicht.
Denn: Auf dem Mount Rushmore ist kein Platz für Trump. Das ist gar kein (weiterer) Seitenhieb auf das Ego des Präsidenten, sondern gilt ebenso für seine Vorgänger wie für seine Nachfolger. Es ist banal: Auf dem Felsen gibt es tatsächlich keinen weiteren Raum für ein Gesicht. Und so lebt dieser Traum fortan wohl nur noch in den Köpfen der Photoshop-Künstler dieser Welt weiter.