USAMyanmar und Russland sind erster Test für Biden
AP/toko
3.2.2021 - 21:12
Der Putsch in Myanmar und die Proteste in Russland haben mit den USA nicht direkt zu tun. Doch muss der neue Präsident Biden nun zeigen, ob er das Land wieder als Vorkämpferin für die Demokratie aufstellen kann.
Der Militärputsch in Myanmar und die massenhafte Verfolgung von Oppositionellen in Russland werden zum frühen Prüfstein für die neue US-Regierung. Präsident Joe Biden hat sein Amt mit dem Versprechen angetreten, die eherne Unterstützung der Vereinigten Staaten für Menschenrechte, Meinungsfreiheit und politische Öffnung wiederherzustellen; die Nation soll wieder weltweite Vorkämpferin für die Demokratie werden.
Jetzt sieht sich Biden mit zwei ernsthaften Herausforderungen konfrontiert, in zwei Teilen der Welt, die unter seinem Vorgänger Donald Trump vernachlässigt wurden oder widersprüchliche Botschaften empfingen.
Was bleibt von Trump?
Die USA haben jahrzehntelang Zeit, Energie und Geld investiert, um sowohl in Myanmar als auch in Russland die Demokratie zu fördern. Doch die Ereignisse in beiden Ländern könnten nun die weltweiten Machtverhältnisse beeinflussen. Zwar hat keine der beiden Situationen direkt etwas mit den politischen Unsicherheiten innerhalb der USA zu tun, doch Experten glauben, dass ausländische Regierungen ihre Schlüsse aus dem ziehen werden, was von der vermeintlichen Führungslosigkeit in den letzten Monaten der Trump-Amtszeit noch übrig geblieben ist.
«Es geht nicht immer um uns», sagt Dan Fried, früherer Chefdiplomat für Europa. «Jedes Land hat seine eigenen Dynamiken, aber klar nehmen sie Hinweise auf. Was die beiden Länder verbindet, ist, dass Bidens Team während des Wahlkampfes von der Unterstützung von Demokratie als einem Leitstern gesprochen hat.»
Bidens Mitarbeiter haben Vermutungen zurückgewiesen, dass der von Trump geschürte Aufruhr am Kapitol vom 6. Januar dem Einfluss den USA langfristig schaden werde. Doch räumten sie ein, dass er durchaus eine Rolle spiele, wenn Biden versucht, die moralische Führung seines Landes wiederherzustellen, nachdem sich Trump vier Jahre lang vermeintlich zurückgehalten hatte. «Die Vereinigten Staaten bleiben ein Land, auf das die Welt schaut, wenn es um Führung geht», sagt auch Jen Psaki, Sprecherin des Weissen Hauses. «Es wird seine Zeit brauchen, aber (Biden) hat sich auf jeden Fall dazu verpflichtet, das auch umzusetzen.»
Psaki trat vor die Presse, nachdem der Präsident eine Mitteilung veröffentlicht hatte, wonach er erneute Sanktionen gegen Myanmar, das frühere Birma, prüfe. Die Strafmassnahmen waren während der Obama-Regierung aufgehoben worden, nachdem das Land teilweise wieder zu demokratischen Strukturen zurückgekehrt war.
«Die Vereinigten Staaten haben in den vergangenen Jahren die Sanktionen gegen Birma aufgehoben, da es Fortschritte in Richtung Demokratie gegeben hatte», sagte Biden. «Die Umkehr dieser Fortschritte erfordert eine sofortige Neubewertung unserer Sanktionsgesetze und -behörden, gefolgt von angemessenen Massnahmen. Die Vereinigten Staaten werden für die Demokratie eintreten, wo immer sie in Gefahr ist.»
Gelegenheit für China
In Myanmar hat die Armee wieder die Kontrolle über die Regierung übernommen, die frühere Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi wurde festgenommen. Für den grossen Nachbarn China, dessen Einfluss der Westen unter grossen Anstrengungen zurückgedrängt hatte, ist das eine Gelegenheit.
«Für Myanmar ist das ein Rückschlag, und für die Demokratie in Asien auch», sagt Danny Russell, früherer US-Staatssekretär für Ostasien und den Pazifik und heute stellvertretender Leiter für Internationale Sicherheit und Diplomatie am Asia Society Policy Institute. «Es ist Teil eines unglücklichen Abrutschens in den Autoritarismus und sehr besorgniserregend. Das gibt ein entsetzliches Beispiel für andere Länder.» Russell spricht von einer «frühen Krise» für die Regierung Bidens. «Sie kristallisiert den Kontrast zwischen deren Unterstützung für die Demokratie und der chinesischen Unterstützung für den Autoritarismus heraus.
Die Spannungen in Myanmar entwickeln sich schon länger, gerieten jedoch in Zeiten der Corona-Pandemie unterhalb des Radars von Washington – nach Jahrzehnten des öffentlichen und privaten Drucks auf das Land für demokratische Reformen.
In Russland köchelt die Lage trotz Trumps politischen Machenschaften seit Jahren auf niedriger Temperatur, nachdem es seit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der Sowjetunion mehrere Versuche gegeben hatte, Moskau in den Schoss der Demokratie zu holen. Mit eiserner Faust unterdrückt Präsident Wladimir Putin die Demonstrationen der Unterstützer von Kremlkritiker Alexej Nawalny, ungeachtet der Warnungen aus Washington und Europa.
Mögliche Sanktionen gegen Russland
«Das ist eine Herausforderung für Biden, aber sie konfrontieren ihn nicht direkt», sagt Ex-Diplomat Fried, der nun für die Denkfabrik Atlantic Council arbeitet. Seiner Ansicht nach wären Sanktionen langfristig nicht effektiv, doch würden sie Aufmerksamkeit erzeugen: «Es wäre angemessen, und es würde der russischen Gesellschaft das Zeichen senden, dass die Amerikaner nicht dumm sind und wissen, was da läuft.»
US-Aussenminister Antony Blinken sagte am Montag in einem Interview mit NBC News, dass erneute Sanktionen geprüft würden – nicht nur wegen des Vorgehens gegen Nawalny, sondern auch wegen eines grossen Cyberangriffs, Einmischung in Wahlen sowie angeblichen Belohnungen für Taliban, wenn sie amerikanische Truppen in Afghanistan angreifen. «Wir sehen uns das alles an», sagte Blinken, «und abhängig von den Erkenntnissen werden wir Schritte vornehmen, um für unsere Interessen einzustehen und aggressiven Aktionen aus Russland standzuhalten.»