US-Wahlen Einwohner von US-Reservaten fürchten um ihre Stimme

AP/phi

29.9.2020

Die Wahlberechtigten dürfen nun ihren ausgefüllten Wahlzettel einer Vertrauensperson übergeben, die ihn dann einreicht. Die indigenen Stämme begrüssten diese Entscheidung. Sie sehen eine Chance, die traditionell niedrige Wahlbeteiligung in den Reservaten zu steigern
Die Wahlberechtigten dürfen nun ihren ausgefüllten Wahlzettel einer Vertrauensperson übergeben, die ihn dann einreicht. Die indigenen Stämme begrüssten diese Entscheidung. Sie sehen eine Chance, die traditionell niedrige Wahlbeteiligung in den Reservaten zu steigern
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Ungeachtet der Corona-Pandemie wollen die US-Demokraten für eine höhere Wahlbeteiligung unter den Indigenen sorgen. Dafür änderten sie in Nevada sogar ein Gesetz, was Donald Trump gar nicht gefiel. Er klagte.

Im weitläufigen Reservat Pyramid Lake Paiute im Norden von Nevada unterstützte ein Minibus die älteren Stammesmitglieder bei den alltäglichen Besorgungen. Er brachte sie zum Supermarkt oder zum Arzt, bis die Corona-Pandemie dieser Hilfe ein Ende setzte. Die Senioren und andere Stammesangehörige ohne Auto sind jetzt nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, sie fürchten auch, ihre Stimme bei der Präsidentschaftswahl in wenigen Wochen nicht rechtzeitig abgeben zu können.

«Die Entfernungen sind ein Hindernis für unsere Leute, die wählen wollen», erklärt Janet Davis, Mitglied des Stammesrates, vor dem kleinen Postamt in der Ortschaft Nixon. Ganz in der Nähe liegt der türkisfarbene See, der dem Stamm Pyramid Lake Paiute seinen Namen gab. «Wir haben Menschen, die sich vielleicht nicht viel bewegen können, die vielleicht Angst vor der Pandemie haben, Menschen mit Behinderungen und solche ohne Mitfahrgelegenheit.»

«Die Entfernungen sind ein Hindernis für unsere Leute, die wählen wollen», erklärt Janet Davis, Mitglied des Stammesrates, in der Ortschaft Nixon.
«Die Entfernungen sind ein Hindernis für unsere Leute, die wählen wollen», erklärt Janet Davis, Mitglied des Stammesrates, in der Ortschaft Nixon.
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Um diesen Menschen und auch solchen ausserhalb der Reservate mit ähnlichen Einschränkungen die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen, hat der Staat Nevada ein neues Gesetz erlassen. Die Wahlberechtigten dürfen nun ihren ausgefüllten Wahlzettel einer Vertrauensperson übergeben, die ihn dann einreicht. Die indigenen Stämme begrüssten diese Entscheidung. Sie sehen eine Chance, die traditionell niedrige Wahlbeteiligung in den Reservaten zu steigern.

Haben Republikaner fremde Wahlzettel ausgefüllt?

Um die Briefwahl wird in den USA kurz vor der Präsidentschaftswahl am 3. November heftig gestritten. Amtsinhaber Donald Trump beharrt darauf, dass diese Art der Wahl zu Manipulationen führen werde. Beweise dafür sehen Experten nicht. Kritiker führen ausserdem an, das neue Gesetz in Nevada erlaube es politischen Gruppen, Freiwillige zu entsenden und massenhaft Wahlzettel einzusammeln, was das Ergebnis beeinflussen könnte.

Sie verweisen auf einen Fall in North Carolina, wo vor zwei Jahren einem Mitarbeiter der Republikanischen Partei vorgeworfen wurde, unvollständig eingesandte Wahlzettel verändert zu haben. Die Stämme beklagen dagegen, die negativen Folgen der fehlenden Hilfe in den Reservaten würden oft unterschlagen. Unter den Indigenen ist die Wahlbeteiligung deutlich niedriger als in anderen ethnischen Gruppen.

Lauri Dawn Kindness nimmt Ende August in Lodge Grass, Montana, Daten auf, um die Wahlbeteiligung im Crow Indian Reservat zu erhöhen.
Lauri Dawn Kindness nimmt Ende August in Lodge Grass, Montana, Daten auf, um die Wahlbeteiligung im Crow Indian Reservat zu erhöhen.
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In ihren manchmal entlegenen Regionen ist die Post unzuverlässig und sie müssen lange Strecken zurücklegen, um ein Wahllokal oder ein Postamt für ihren Stimmzettel zu erreichen. Das Coronavirus hat die Lage noch weiter verschlechtert. Das Lager von Präsident Trump wollte das offenbar nicht ändern.

Klage gegen Nevada

Das Wahlkampfteam verklagte Nevada, nachdem die Demokraten dort mit ihrer Mehrheit beschlossen, Wahlunterlagen an alle Berechtigten zu verschicken und die Zahl der Wahlzettel, die ein Freiwilliger für andere Wähler abholen kann, nicht länger zu begrenzen. Wenn der Freiwillige, dem Wahlzettel anvertraut wurden, diese nicht einreicht, begeht er eine Straftat.

Der Präsident sah in dem Gesetz eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Wahl, kam damit vor einem Bundesgericht aber nicht durch. «Für die Ureinwohner ist es in ihrem Alltagsleben ganz normal, für andere Post abzuholen oder abzugeben», erklärt Jacqueline De León, Rechtsberaterin des Native American Rights Funds. «So sparen sie Kosten und Aufwand, um in den ländlichen Gegenden, in denen sie leben, an ihre Post zu kommen.»

Das Postamt von Nixon, Nevada, am 8. September 2020.
Das Postamt von Nixon, Nevada, am 8. September 2020.
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Das gilt auch im Reservat Pyramid Lake Paiute, das sich nördlich von Reno über fast 2'000 Quadratkilometer erstreckt. Die Einwohner leben hauptsächlich in drei Ortschaften: Wadsworth, Nixon und Sutcliffe, die bis zu 48 Kilometer voneinander entfernt sind. Wegen der Restriktionen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird Post nur noch in Sutcliffe ausgeliefert.

Nicht auf die Post verlassen

Die Bewohner der anderen Orte haben Postfächer dort und können ihre Post dort abholen – allerdings nur zwischen 11.30 Uhr und 15.30 Uhr. Verlässlich funktioniert die Post aber nicht, wie Einwohner berichten. In anderen Reservaten ist die Lage ähnlich. So zum Beispiel im Duck Valley Indian Reservation an der Grenze zwischen Nevada und Idaho. Dort lebt Lynn Manning-John, ein Mitglied der Shoshone. Auch sie wünscht sich, dass mehr Menschen in den Reservaten wählen, will sich aber nicht zu sehr auf die Postämter verlassen.

Ihre Nachbarn könnten die Post in Owyhee nur schwer erreichen. Nicht alle haben ein Auto und so sind vor dem Supermarkt häufig Pferde angebunden. Ausreichend Postfächer gibt es nicht, so dass sich oft mehrere Generationen einer Familie ein Fach teilen. Ein Wahllokal oder eine Urne, in die Stimmzettel eingeworfen werden können, wird es für die Präsidentschaftswahl nicht im Ort geben.

Das nächste Wahllokal liegt in Elko, mehr als 150 Kilometer entfernt. Damit bleibt nur die Briefwahl. Manning-John sieht aber gute Chancen, dass die Stimmzettel doch noch ankommen. Wer der Post nicht zutraue, die Wahlzettel pünktlich zuzustellen, könne auf Freiwillige setzen: «Es gibt Leute, die bereit sind zu sagen ‹Wenn du wählst, dann werde ich sicherstellen, dass deine Stimme rechtzeitig in Elko ankommt›.»

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