Hamas-Überfall auf Kibbuz Kfar Aza «Ein Massaker, eine Katastrophe»

AFP/toko

11.10.2023

Israelische Soldaten durchsuchen das Gebiet um den Kibbuz Kfar Aza, in dem die Hamas zahlreiche Menschen tötete.
Israelische Soldaten durchsuchen das Gebiet um den Kibbuz Kfar Aza, in dem die Hamas zahlreiche Menschen tötete.
Ilia Yefimovich/dpa

«Als ich die Leichen von zwei Kindern sah, bin ich zusammengebrochen»: Der brutale Angriff der Hamas-Terroristen auf den Kibbuz Kfar Aza unweit des Gaza-Streifens lässt selbst Militärangehörige traumatisiert zurück.

AFP/toko

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Erst jetzt offenbart sich das ganze Ausmass der Hamas-Attacke auf den Kibbuz Kfar Aza. Selbst hartgesottene israelische Militärs sind schockiert und traumatisiert.
  • Israelischen Militärs zufolge wurden über hundert Kibbuz-Bewohner*innen ermordet, manche sprechen von über 150 Toten.
  • Kfar Aza befindet sich lediglich zwei Kilometer vom Gazastreifen entfernt, in Sichtweite.

«Ich habe noch nie etwas Schlimmeres gesehen», sagt Omer Barak. Zwei Tage lang kämpfte der junge israelische Offizier gegen die palästinensischen Angreifer, die im Kibbuz Kfar Aza ein Blutbad anrichteten. «Als ich die Leichen von zwei ermordeten Kindern sah, bin ich zusammengebrochen», berichtet Barak.

Das ganze Ausmass des brutalen Überfalls der radikalislamischen Hamas vom Wochenende wurde erst am Dienstag sichtbar, als das israelische Militär die Toten barg.

Neben drei sorgsam abgestellten Kindervelos liegen sechs Leichensäcke. Mehr als hundert Kibbuz-Bewohner*innen wurden ermordet, wie mehrere von der Nachrichtenagentur AFP befragte israelische Militärs bestätigen. Manche sprechen sogar von 150 toten Zivilisten.

In dem Teil des Kibbuz, in dem die jungen Erwachsenen lebten, sind die kleinen Häuser ausgebrannt. «Die Palästinenser zündeten sie an, um die Bewohner nach draussen zu zwingen», sagt der Offizier Barak. Dann hätten die Angreifer mit Maschinengewehren auf die Menschen geschossen.

«Aber viele starben lieber im Feuer, statt von den Terroristen getötet zu werden. Wir haben viele Leichen in den Häusern gefunden», berichtet der 24-Jährige.

Die Angreifer brauchten nicht lange, um am Samstag, dem jüdischen Ruhetag, zu der landwirtschaftlichen Siedlung zu gelangen. Der Gazastreifen liegt nur zwei Kilometer entfernt und liegt in Sichtweite. Jetzt, Tage später, steigen, Rauchwolken steigen Gaza auf – die israelische Armee übt Vergeltung.

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Raketenbeschuss gehört zum Alltag

Die Bedrohung gehörte zum Alltag in Kfar Aza. Manche lebten in dem alten Kibbuz aus der Überzeugung, gerade hier, an der Grenze zum Gazastreifen, israelische Präsenz zeigen zu müssen. Andere schlicht deshalb, weil das Leben in der Gemeinschaft günstiger ist als in den Städten.

Immer wieder feuerte die Hamas vom Gazastreifen aus Raketen auf Israel ab. Aber im Vergleich mit dem grausamen Grossangriff vom Samstag wirkt der regelmässige Beschuss harmlos. Selbst hartgesottene Militärs sind schockiert und traumatisiert.

Der pensionierte Generalmajor Itai Veruv muss angesichts des Massakers in Kfar Aza an den US-General Dwight D. Eisenhower denken, den die Grausamkeit der Nazis beim Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald Ende des Zweiten Weltkriegs überwältigte. «Als wir die Leichen von Zivilisten und Kindern bargen, dachte ich an Eisenhower, nachdem er die Todeslager in Europa gesehen hatte», sagt Veruv vor Journalisten.

«Die Terroristen haben Granaten in die Bunker geworfen»

Über dem gepflegten Rasen in Kfar Aza hängt der Geruch des Todes. Die Leichen der Hamas-Kämpfer sind an ihren dünnen, kugelsicheren Westen zu erkennen, manche Leiber sind durch die Verwesung bereits aufgebläht. Vor den Luftschutzbunkern liegt der entzweigerissene Körper eines Angreifers. «Die Terroristen haben Granaten in die Bunker hineingeworfen. Niemand hat überlebt», sagt Veruv.

Eine verrusstes Trottinett, ein kleiner rosafarbener Velohelm, eine zerfetzte Waschmaschine und das Gerippe eines ausgebrannten Lastwagens sind stumme Zeugen des gewalttätigen Überfalls. «70 bewaffnete und ausgebildete Terroristen» richteten in Kfar Aza «ein Massaker, eine Katastrophe» an, sagt Veruv.

«Ich kann immer noch nicht glauben, was ich hier sehe. Normalerweise kommen solche Bilder aus der Ukraine oder zeigen Taten des Terrornetzwerks Islamischer Staat», sagt ein Reservist der israelischen Armee, der anonym bleiben möchte. Der Unternehmer aus Tel Aviv half am Samstag mit, Kfar Aza und andere Dörfer in der Umgebung zu befreien.

Der Mann ist ein Gegner der Politik von Regierungschef Benjamin Netanjahu, der seiner Meinung nach eine Annäherung von Israelis und Palästinensern verhindere. Jeden Samstag habe er in den vergangenen Monaten gegen die Pläne der Regierung zum Umbau der Justiz demonstriert. «Ich wollte Frieden, das ist die einzige Lösung», sagt der Reservist. «Aber mit der Hamas kann man keinen Frieden schliessen.»