Regierungsbildung in Berlin Deutsche wollen am liebsten eine Ampel-Koalition

sda/phi

5.10.2021

Er hat Oberwasser: Olaf Scholz, der die SPD durch den Wahlkampf geführt hat.
Er hat Oberwasser: Olaf Scholz, der die SPD durch den Wahlkampf geführt hat.
Ina Fassbender/POOL/AFP/dpa

Wenn es nach der Mehrheit der Deutschen geht, wird eine Koalition aus SPD, FDP und Grünen die neue Regierung bilden. Die CDU hat was dagegen – und spricht mit möglichen Partnern.

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Nach der deutschen Bundestagswahl wäre einer Mehrheit der Wahlberechtigten laut einer Umfrage eine Koalition der SPD mit Grünen und FDP lieber als eine der Union mit diesen beiden kleineren Parteien.

Dies gilt auch dann, wenn eine solche Jamaika-Koalition – benannt nach den Flaggenfarben Schwarz, Gelb, Grün – vom CSU-Vorsitzenden Markus Söder statt vom CDU-Chef Armin Laschet geführt werden würde. Wie das von Forsa erhobene RTL/ntv-Trendbarometer ergab, wäre gut der Hälfte (53 Prozent) eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP am liebsten.

Ein Jamaika-Bündnis von Union, Grünen und FDP würde knapp ein Viertel (22 Prozent) befürworten, ein neue Koalition von SPD und Union ein Achtel (12 Prozent). Mit Söder statt Laschet als Regierungschef wären zwar mehr Befragte für ein Jamaika-Bündnis (31 Prozent), aber immer noch weniger als für eine Ampel (37 Prozent). Forsa hatte für das Trendbarometer 1007 Wahlberechtigte befragt.

CDU wirbt für Jamaika-Bündnis

Die deutschen Christdemokraten haben nach einem ersten Gespräch mit den Grünen für ein Jamaika-Bündnis geworben, sehen nun aber FDP und Grüne am Zug. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet machte nach dem Sondierungstreffen am Dienstag in Berlin deutlich, ein Bündnis mit FDP und Grünen könne eine Breite in der Gesellschaft haben.

Die mache es möglich, das Land zu modernisieren und voranzubringen. «Aber ob der weitere Weg so geht, das entscheiden natürlich FDP und Grüne.» Die Grünen-Spitze kündigte interne Beratungen an, wie es nun weitergehen soll. Die Grünen und auch die FDP würden nun sicherlich die Gespräche insgesamt in ihren Gremien bewerten, sagte Grünen-Chef Robert Habeck.

In dem Gespräch mit der Union seien mögliche Schnittmengen ausgelotet worden, es habe aber auch Trennendes gegeben. «Heute und morgen» solle nun intern abgeglichen werden, was möglich sei. Grünen-Chefin Annalena Baerbock stellte Entscheidungen, wie es weitergeht, für die nächsten Tage in Aussicht.

Laschet gibt zu: CDU hat nicht gewonnen

Laschet sagte, die CDU habe die Wahl nicht gewonnen. Es gebe aber mehrere Möglichkeiten, eine Regierung zu bilden. Eine sei ein Jamaika-Bündnis - also eine Koalition zwischen Union, Grünen und FDP. Laschet sprach von einer guten Atmosphäre und einem offenen Austausch zwischen Grünen und Union.

Es seien auch Gegensätze deutlich geworden. Es sei aber nicht so, dass Gegensätze nicht überwindbar seien. Dies müsste man vertiefen. «Es würde lohnen.» Entscheiden würden dies aber FDP und Grüne. Die Union sei bereit für ein Bündnis mit der Grundidee einer Modernisierung des Landes.

Hatte schon bessere Tage: Armin Laschet steckt die Bundestagswahl in den Knochen.
Hatte schon bessere Tage: Armin Laschet steckt die Bundestagswahl in den Knochen.
KEYSTONE

Bei Sondierungsgesprächen wird in Deutschland ausgelotet, ob Koalitionsverhandlungen erfolgversprechend sind. Die SPD hatte die Bundestagswahl mit 25,7 Prozent gewonnen, die CDU/CSU landete nach schweren Verlusten mit 24,1 Prozent auf Platz zwei. Die Grünen holten 14,8 Prozent, die FDP 11,5 Prozent.

«Brücken, die man gemeinsam beschreiten kann»

Im neuen Bundestag sind ausserdem die rechtspopulistische AfD (10,3 Prozent) und die Partei Die Linke (4,9 Prozent) vertreten. Mit je rund einem Viertel der Stimmen sind sowohl die SPD als auch die Union in der Lage, ein Dreier-Bündnis mit Grünen und FDP anzuführen.

CSU-Chef Markus Söder sagte, das erste Treffen mit den Grünen sei sehr konstruktiv und ehrlich gewesen. «Es war vom Willen geprägt, auch zu erkunden, wo eine gemeinsame Basis ist, welche Brücken man gemeinsam beschreiten kann, wie weit die Wege dann möglicherweise sind und wie stabil die Pfeiler sind, auf denen dieser Weg zurückzulegen ist.»

Die graue Eminenz im Hintergrund: CSU-Chef Markus Söder (rechts) mit den Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck (links) sowie Armin Laschet am 5. Oktober in Berlin.
Die graue Eminenz im Hintergrund: CSU-Chef Markus Söder (rechts) mit den Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck (links) sowie Armin Laschet am 5. Oktober in Berlin.
KEYSTONE

Bei vielen Punkten habe man sich «gut angenähert», auch beim wichtigen Thema Klima. In anderen Bereichen gebe es dagegen noch eine Menge Gesprächsbedarf – etwa beim Thema Migration. Baerbock sagte, es sei ein konstruktives und ernsthaftes Gespräch mit der Union gewesen. In gesellschaftspolitischen Bereichen lägen Grüne und Union eher weiter auseinander, in anderen Bereichen gebe es dagegen gemeinsame Anliegen, etwa bei den Themen Digitalisierung und ökologische Transformation.

«Riesenaufgaben» zu lösen

Mit dem Treffen von Union und Grünen endete eine erste Runde von getrennten Sondierungsgesprächen. Zunächst hatten vergangene Woche Grüne und FDP miteinander gesprochen. Am Sonntag beriet dann die SPD-Spitze nacheinander mit FDP und Grünen, um die Chancen für ein gemeinsames Regierungsbündnis auszuloten. Am Sonntagabend hatte es ein Treffen der Union mit der FDP gegeben.

Die Grünen streben eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP an, schliessen aber auch ein Bündnis mit Union und FDP nicht aus. Die FDP zeigt sich der Union zugeneigt, hat sich allerdings bislang nicht festgelegt. Eine Jamaika-Koalition - benannt nach den Flaggenfarben Schwarz, Gelb, Grün - gilt als einzige Chance für Unionskanzlerkandidat Laschet, für die Union doch noch das Kanzleramt zu retten.

Laschet war nach dem Wahldebakel intern unter Druck geraten. Es gehe nun aber darum, wie «Riesenaufgaben» zu lösen seien, sagte er am Dienstag. «Deshalb haben auch Personalfragen heute keine Rolle gespielt. Ich finde, die müssen auch zurückstehen.» Die Aufgabenstellung sei nun, ob man das, was nun ganz dringend passieren müsse, durch Bundestag und Bundesrat bringen könne mit einer breiten gesellschaftlichen Strömung. «Das ist unser Angebot», sagte Laschet. Die CDU regiere in sehr vielen Ländern mit.

Habeck sagte: «Wir gehen davon aus, dass Armin Laschet als Spitzenkandidat und auch heute als Sprecher der CDU-Seite der gesetzte Kandidat der Union für das Kanzleramt in Deutschland ist, sofern es eine parlamentarische Mehrheit dafür geben sollte.»