Eine Liste ohne Trump Der Gewinner und die Verlierer der Ukraine-Affäre

Philipp Dahm

27.9.2019

Was hat die Ukraine-Affäre auf dem politischen Parkett für Folgen? Das Telefonat hat bis jetzt jede Menge Verlierer hervorgebracht – nur einer entpuppt sich bisher als Gewinner dieses Politdramas.

John Bolton

Keystone

Der frühere Sicherheitsberater des US-Präsidenten ist nach seiner Entlassung natürlich ein Verlierer. Nicht nur für Donald Trump, der ihn erst als harten Hund hinstellte, aber nur, um dann zu sagen, dass selbst er ja gezaudert hätte ob der Entscheidungen, die Trump gefällt habe. Nun dankt Bolton es seinem Ex-Boss, in dem er einen Verleger für ein Enthüllungsbuch sucht, das ihn doch noch zu einem Gewinner machen soll. Vielleicht wird darin auch stehen, wie der 70-Jährige Mitte Juli versucht hat, Donald Trump zu überzeugen, die eingefrorenen Ukraine-Hilfen freizugeben. Laut «Newsweek» soll sogar Bolton dagegen gewesen sein, die Ukraine auf diesem Weg unter Druck zu setzen.

William Barr

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Laut dem Transkript des Trump-Telefonats hat das Weisse Haus Kiew darum gebeten, gegen Joe Bidens Sohn Hunter zu ermitteln – und Ergebnisse mit Justizminister William Barr abzusprechen. Der hat aber laut «Politico» zu Protokoll gegeben, er habe erst Wochen später im Zusammenhang mit der Whistleblower-Aussage davon erfahren. Sollte das nicht stimmen, hätte Barr das Statut verletzt, nach dem der Justizminister Neutralität zu wahren hat – und wenn es stimmt, muss sich der Republikaner die Frage gefallen lassen, wie es sein kann, dass ihm in seiner Position solche Ränkespiele durch die Lappen gehen konnten. Der Whistleblower sagte übrigens aus, auch Barr habe beim Vertuschungsversuch mitgemacht, weiss «The Daily Beast».

Wolodymyr Selenskyj

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Der ukrainische Präsident wollte sich am liebsten aus diesem Politdrama made in USA heraushalten, aber da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens. Richtig naiv ist jedoch, dass Selenskyj davon überrascht worden ist, dass mit dem Telefonat-Transkript auch seine Worte veröffentlicht worden sind. Der 41-Jährige dürfte sich für seine Schleimereien schämen: Der Ex-Comedian hat beispielsweise brühwarm berichtet, er habe ja im Trump Tower genächtigt, als er das letzte Mal in New York gewesen sei. Darüber hinaus hat Trump während der UN-Vollversammlung auch noch zu Selenskyi gesagt, er hoffe auf einen Ausgleich mit Russlands Wladimir Putin. Das ist notabene derjenige, der Kiew die Krim genommen hat – und wegen dem der Kongress überhaupt die Militärhilfen an die Ukraine freigegeben hat.

Familie Biden

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Jurij Luzenko war bis Ende August der Generalstaatsanwalt der Ukraine. Er sagte der «Washington Post», niemand werde gegen die Bidens ermitteln – aus sehr gutem Grund: «Aus Sicht der ukrainischen Strafverfolgung hat er gegen nichts verstossen. Hunter Biden kann nicht für Verstösse des Busrisma-Managements verantwortlich gemacht werden, die zwei Jahre vor seiner Berufung passiert sind.» Doch frei nach dem Motto «Irgendwas bleibt immer hängen» wiederholen die Republikaner derzeit wie ein Mantra, man müsse bei den Bidens noch mal genauer nachforschen – und prompt purzeln Joe Bidens Popularitätswerte. Gut möglich, dass die Ukraine-Affäre dafür sorgt, dass Elizabeth Warren sich bei den demokratischen Vorwahlen noch vor Joe Biden schiebt.

Rudy Giuliani

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Donald Trump sagte dem ukrainischen Präsidenten, er solle sich mit etwaigen Informationen an seinen Anwalt Rudy Giuliani wenden, der kein Regierungsmitglied ist. Diese Rolle dürfte ihn beim Impeachment zu einer Art Kronzeugen machen, und weil der Jurist immer für einen Bock gut ist, darf man sogar auf ganz neue, ungewollte Enthüllungen hoffen. Nicht zuletzt heulte sich frühere New Yorker Bürgermeister gerade bei «The Atlantic» aus. Giuliani hat sich höchst selbst zum Verlierer erklärt: «Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass dieser Whistleblower ein Held ist und ich nicht. Und ich werde der Held sein! Diese Idioten: Ich werde der Held sein! Ich handele nicht als Anwalt. Ich handele als jemand, der sich den Grossteil seines Lebens die Regierung wieder zurechtgerückt hat. Alles, was ich getan habe, sollte gelobt werden.»

Die Pressefreiheit

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«Wer sind die Personen, die dem Whistleblower die Informationen gegeben haben», fragte Donald Trump bei einem Treffen mit US-Diplomaten hinter verschlossenen Türen in New York, wie ein Video von «Bloomberg» zeigt. «Denn sie sind fast schon Spione. Ihr wisst, was wir in früheren Zeiten, als wir klug waren, mit Spionen und Verrätern gemacht haben: Wir haben das etwas anders gehandhabt.» Während Whistleblower hierzulande keinen Schutz geniessen, dürfen sie in den USA per Gesetz nicht verfolgt werden. Ob es deswegen heute so besonders schlau ist, Whistleblower mit Erschiessung zu drohen, sei mal dahingestellt.

And the winner is... Wladimir Putin

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Aljona Getmanchuk vom Thinktank New Europe Center in Kiew sagte bereits vor der Veröffentlichung des Gesprächstranskripts, dass es den ukrainischen Präsidenten unter Druck setzen könnte, wenn herauskäme, dass er das Weisse Haus mit seinen servilen Kommentaren habe schützen wollen. «Das alles ist ein politisches Desaster. Es ist klar, dass der einzige Gewinner bei dieser Geschichte Wladimir Putin ist.»

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