China und Russland Xi gibt sich als Friedensstifter, Putin als begehrter Staatsmann

Von Philipp Dahm

20.3.2023

Peking: Xi-Reise nach Moskau für Freundschaft und Frieden

Peking: Xi-Reise nach Moskau für Freundschaft und Frieden

Bei einem Staatsbesuch von Chinas Präsident Xi Jinping in Moskau wollen Xi und Kreml-Chef Wladimir Putin eine «neue Ära» der bilateralen Beziehungen einläuten. Nach Angaben der chinesischen Regierung handelt es sich um eine «Reise der Freundschaft

20.03.2023

Xi Jinping ist in Moskau eingetroffen: China will sich in Russland als Vermittler präsentieren, bastelt gleichzeitig aber an einer neuen Weltordnung. Mit Russland gemein hat es den anti-westlichen Kurs.

Von Philipp Dahm

Es ist ein Erfolg, der den gesamten Nahen Osten stabilisieren könnte: Nach sieben Jahren Eiszeit herrscht Tauwetter zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Für frischen Wind zwischen den einstigen Erzfeinden hat China gesorgt: Unter Pekings Vermittlung haben die beiden Staaten am 10. März beschlossen, ihre Botschaften im jeweils anderen Land wieder zu öffnen.

Die Entspannung, die Xi Jinping angestossen hat, scheint nachhaltig zu sein: Am 19. März legt Saudi-Arabiens König Salman nach und lädt offiziell den iranischen Staatspräsidenten Ebrahim Raisi nach Riad ein, teilt Teheran mit. Der Ultrakonservative soll die Einladung angenommen haben, doch ein Termin stet noch nicht fest.

Dass es Peking gelungen ist, die Streithähne so weit zu versöhnen, ist bemerkenswert. Das schiitische Regime und das sunnitische Königshaus bekriegen sich seit Jahren nicht nur diplomatisch, sondern führen im Jemen auch einen Stellvertreterkrieg, wo sie die jeweils eigenen Bürgerkriegsparteien unterstützen.

Dass die einstigen Gegner nun aufeinander zugehen, ist einerseits eine Niederlage für jene, die bisher im Nahen Osten den grössten Einfluss haben: Die USA und Israel, die erst im Juli 2022 versucht haben, Saudi-Arabien stärker einzubinden. Damals war eine Kooperation in Sachen Luftabwehr beschlossen worden, die klar gegen den Iran gerichtet war.

China als Vermittler

Diese Zusammenarbeit dürfte sich mit der Annäherung Riads und Teherans erledigt haben, die gleichzeitig ein Image-Coup Chinas ist: Ausgerechnet die Kommunistische Partei präsentiert sich der Welt nun als diplomatische Alternative und Friedensstifterin. Unter diesen Vorzeichen trifft Xi Jinping heute in Moskau ein.

Auch für den Krieg in der Ukraine hat China einen Friedensplan vorgelegt, der im Westen jedoch mit Zurückhaltung aufgenommen worden ist. «Und dennoch ist es Peking gelungen, den Eindruck zu erwecken, als Vermittler aufzutreten», schreibt der «Spiegel».

Lukaschenko unterstützt Chinas Ukraine-Friedensinitiative

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01.03.2023

«Das Publikum ist der globale Süden», erklärt der russische China-Experte Alexander Gabujew von der Denkfabrik Carnegie dem Hamburger Magazin. So wolle die Kommunistische Partei Eindruck in Brasilien oder Südafrika schinden, die sich bisher mit Kritik an Russland zurückhalten. China tue so, als würde es «Pendeldiplomatie» betreiben.

Durch den Krieg sei Moskau noch deutlicher der Juniorpartner in den bilateralen Beziehungen. Aber: «China ist sehr vorsichtig, was Empfindlichkeiten und russische Egos angeht», meint Gabujew. «Vieles geschieht, weil ihre Interessen übereinstimmen. Es ist nicht so, dass China Russland dazu zwingt, antiamerikanisch zu sein.»

Chinas einziger Verbündeter? «China selbst»

Tatsächlich ist es der gemeinsame Feind, der die Freunde China und Russland noch enger zusammenrücken lässt. Erklärtes Ziel beider Länder ist es, die unipolare Weltordnung zu überwinden, in der kein Weg an den USA vorbeiführt: Die US-Hegemonie muss fallen, fordern Grössen in Moskau wie in Peking.

Chinesisch steht bei Russen hoch im Kurs

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20.03.2023

China hat sich bereits kurz nach Beginn des Krieges festgelegt: Schuld an dem Konflikt ist die Nato, wird seit März 2022 regelmässig wiederholt. Die Ablehnung des Bündnisses ist der kleinste gemeinsame Nenner: «Putin baut seine Welt, die gegen den Westen ist», glaubt der russische Journalist und Friedensnobelpreis-Träger Dmitri Muratow.

Und weiter sagt er der BBC: «Putin sucht nach Verbündeten und versucht, mit China zusammen eine gemeinsame Festung zu bilden.» Muratows Kollege Michail Chodarjonok ergänzt: «Aber China kann nur einen Verbündeten haben: China selbst. China kann nur eine Art von Interessen haben: pro-chinesische. Chinas Aussenpolitik ist explizit bar jedes Altruismus.»

Xi trifft in Moskau ein

Was ist also von dem Staatsbesuch zu erwarten? Sicher scheint, dass Russland und China eine Vertiefung ihrer Beziehungen erklären werden. Putin schreibt vor der Visite in der Pekinger Zeitung «Renmin Ribao» (chinesische Volkszeitung), er erwarte von dem Treffen «neuen Schwung auf der gesamten Bandbreite der bilateralen Beziehungen».

Xi Jinping heute nach seiner Ankunft in Moskau.
Xi Jinping heute nach seiner Ankunft in Moskau.
Screenshot: Twitter

Dieses habe «das höchste Level in ihrer gesamten Geschichte» erreicht: Ziel sei es, eine offene neue Weltordnung zu kreieren, weil das bisherige System «die Architektur der internationalen Sicherheit und Kooperation» untergrabe. Putin warnt, die Nato wolle «in den asiatisch-pazifischen Raum» eindringen, heisst es weiter.

Inzwischen ist der Gast aus dem Fernen Osten in Moskau eingetroffen: Xi Jinping ist auf dem Flughafen mit militärischen Ehren und einem roten Teppich empfangen worden. In diesen Minuten trifft der 69-Jährige den russischen Präsidenten.

«Reise der Freundschaft, Zusammenarbeit und des Friedens»

Der Internationale Strafgerichtshof hatte am Freitag Haftbefehl gegen Putin wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen. Die Ermittler machen ihn für die Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten auf russisches Territorium verantwortlich. Russland betont, die Kinder vor den Kämpfen in Sicherheit gebracht zu haben.

China gilt als enger Verbündeter Russlands. Putin empfängt am Montag den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zu einem dreitägigen Staatsbesuch im Moskauer Kreml. Vor dem Hintergrund des russischen Krieges in der Ukraine geht es bei den bis Mittwoch angesetzten Gesprächen laut Kreml um die Entwicklung einer umfassenden Partnerschaft und bessere strategische Kooperation zwischen Russland und China.

Putin-Haftbefehl: China ruft Strafgerichtshof zu Umsicht auf

Nach dem Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin hat China den Internationalen Strafgerichtshof zu einem umsichtigen Vorgehen aufgerufen. Das Gericht in Den Haag solle «eine objektive und faire Position einnehmen» und die völkerrechtliche Immunität von Staatsoberhäuptern respektieren, sagte heute ein Sprecher des Pekinger Aussenministeriums. Der Gerichtshof müsse seine Befugnisse «umsichtig und im Einklang mit dem Gesetz ausüben». Doppelstandards und Politisierung müssten vermieden werden.

Dmitri Peskow stuft die Zusammenkunft als «sehr wichtig» ein: «Natürlich wird die Ukraine auf der Tagesordnung stehen», sagt der Kremlsprecher. «Natürlich wird Präsident Putin ausführliche Erläuterungen abgeben, damit Xi aus erster Hand die aktuelle Sichtweise der russischen Seite bekommen kann.»

Der Sprecher des chinesischen Aussenministeriums teilt mit: «China wird seine objektive und faire Position zur Ukraine-Krise beibehalten und eine konstruktive Rolle bei der Förderung von Friedensgesprächen spielen.» Die Visite ist laut Wang Wenbin eine «Reise der Freundschaft, der Zusammenarbeit und des Friedens».