Ukraine-ÜbersichtSelenskyj betont Siegeswillen am Einheitstag +++ Rom und Paris liefern neue Flugabwehr
Agenturen/red
22.1.2023
Scholz versichert Ukraine «gemeinsame Unterstützung der Europäer»
Scholz versichert Ukraine der «gemeinsamen Unterstützung der Europäer». Anlass ist ein Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Elysee-Vertrags, der die Freundschaft und politische Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland festhält.
22.01.2023
Am ukrainischen Einheitstag appelliert Selenskyj an den Willen seiner Landsleute. Unterdessen werden Italien und Frankreich das Flugabwehrsystem Samp/T an die Ukraine liefern. Die Ereignisse des Tages im Überblick.
Agenturen/red
22.01.2023, 21:39
23.01.2023, 15:06
Agenturen/red
Berichten aus Moskau über ein Vorrücken der russischen Armee im Süden der Ukraine zum Trotz hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sich erneut siegessicher gezeigt. Der Angriff Russlands am 24. Februar habe zu einer «neuen Belebung unserer ukrainischen Einheit» geführt, sagte Selenskyj in einem am Sonntag in Kiew verbreiteten Video zum Tag der Einheit seines Landes. Millionen Menschen in der Ukraine stünden heute zusammen, um ihr Land zu verteidigen.
«Jede Region schützt die andere», sagte der Präsident. «Und wir alle zusammen verteidigen Kiew. Und wir alle zusammen verteidigen Charkiw. Und wir allem zusammen befreien Cherson.» Die Stadt Cherson ist zwar unter ukrainischer Kontrolle, der grösste Teil des gleichnamigen Gebiets ist aber von russischen Truppen besetzt. «Und wir werden gewinnen. Zusammen. Und die ganze Ukraine wird die Klänge des Sieges hören», sagte Selenskyj in dem emotionalen Video.
Mit dem am 22. Januar gefeierten Tag der Einheit erinnert das Land an die Proklamation der Vereinigungsakte von 1919 zwischen der Ukrainischen Volksrepublik und der Westukrainischen Volksrepublik.
Zuvor hatte das russische Militär zur Lage an der Front am Samstag mitgeteilt, bei einer neuen Offensive im Süden der Ukraine im Gebiet Saporischschja Geländegewinne erzielt zu haben. Die Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen.
Polen will Ukraine Leopard-Panzer auch ohne deutsche Zustimmung liefern
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat angekündigt, notfalls auch ohne Zustimmung Deutschlands Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Der Nachrichtenagentur PAP sagte er: «Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie die Ukraine ausblutet. Die Ukraine und Europa werden diesen Krieg gewinnen — mit oder ohne Deutschland.»
Wenn es mit Deutschland keine baldige Einigung gebe, werde Polen mit anderen Ländern eine «kleinere Koalition» bilden. Diese Länder würden dann ohne deutsche Zustimmung beginnen, einige ihrer Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern.
Korruptionsverdacht in der ukrainischen Armee
Innenpolitisch sieht sich Selenskyj mit Korruptionsvorwürfen gegen mehrere Ministerien konfrontiert. Verteidigungsminister Olexij Resnikow soll vor dem Parlament in Kiew zu Berichten über überteuerte Lebensmittelankäufe seines Ministeriums für die Armee Stellung nehmen. Derweil wurde in einem anderen Ministerium Berichten zufolge der Vizeminister wegen der Annahme einer sechsstelligen Bestechungssumme festgenommen. «Das Nationale Antikorruptionsbüro hat beim Vizeminister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, eine Hausdurchsuchung durchgeführt und ihn festgenommen», berichtete die Internetzeitung «Ukrajinska Prawda». Das Ministerium entliess den Spitzenbeamten.
Italien kündigt Lieferung von Flugabwehrsystem Samp/T an
Gute Nachrichten für Kiew kamen indes aus Italien. Rom und Paris werden der Ukraine nach Auskunft des italienischen Aussenministers Antonio Tajani das Flugabwehrsystem Samp/T zur Verfügung stellen. «In Zusammenarbeit mit Frankreich sind wir dabei, die Lieferung von Samp/T zu finalisieren», sagte Tajani der Zeitung «Corriere della Sera». Er nannte zunächst keinen Zeitplan. Samp/T ist ein von Frankreich und Italien gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Das System inklusive Abschussvorrichtung für die Raketen ist auf Lastwagen montiert. Vor einer Inbetriebnahme durch Kiew müssten die ukrainischen Soldaten wohl noch an dem System ausgebildet werden.
Britischer Aussenminister wünscht sich Leopard-2-Panzer für Ukraine
Ob die Ukraine auch mit der Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 durch seine Verbündeten rechnen kann, ist hingegen weiter offen. Besonders im Fokus der seit Wochen kontrovers geführten Debatte steht weiter Deutschland, wo die Panzer hergestellt werden. Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) zögern noch immer, Kiew eigene Lieferungen zuzusagen oder Partnerländern zu erlauben, die Panzer an die Ukraine weiterzugeben. In der Ampel-Koalition verstärken sich deswegen die Spannungen.
Nach den Aussenministern der baltischen Staaten sprach sich am Sonntag auch der britische Top-Diplomat James Cleverly für die Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine aus. «Ich würde nichts lieber sehen, als dass die Ukrainer mit Leopard 2 ausgerüstet sind», sagte der Aussenminister der BBC. Grossbritannien hatte zuletzt angekündigt, Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 an Kiew zu liefern.
Russlands Parlamentschef warnt vor «Katastrophe» bei Panzerlieferung
Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin warnte für den Fall von Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine vor einer möglichen «Tragödie weltweiten Ausmasses». «Die Lieferung von Angriffswaffen an das Kiewer Regime führt zu einer globalen Katastrophe», schrieb Wolodin in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram.
London: Russland wird Probleme bei Aufstockung der Armee bekommen
Die von Moskau zuletzt angekündigte deutliche Aufstockung seines Militärs wird es nach britischer Einschätzung nur schwer umsetzen können. «Russland wird höchstwahrscheinlich Schwierigkeiten haben, Personal und Ausrüstung für die geplante Erweiterung aufzutreiben», teilte das Verteidigungsministerium in London in seinem täglichen Geheimdienst-Briefing mit. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte vor kurzem unter anderem angekündigt, die Truppenstärke von 1,15 auf 1,5 Millionen Soldaten erhöhen zu wollen.
Die Ereignisse des Tages im Überblick:
Das Wichtigste in Kürze
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat angekündigt, notfalls auch ohne Zustimmung Deutschlands Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern.
Medienberichten zufolge hat die deutsche Bundeswehr eine Liste von Leopard-2-Panzern, die im Fall einer Entscheidung der Regierung an die Ukraine geliefert werden könnten.
Der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius plant einen Besuch in Kiew.
Der ukrainische Vize-Minister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, ist unter Korruptionsverdacht festgenommen worden.
Ukrainisches Verteidigungsministerium: Freunde wie Johnson mehr wert als Panzerkompamie
In Grossbritannien wurde Boris Johnson mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt, in der Ukraine aber ist der Ex-Premier ein gern gesehener Gast. Das ukrainische Verteidigungsministerium hat den Johnson bei seinem Besuch in Kiew nun in den höchsten Tönen gelobt. Freunde wie Johnson seien «mehr Wert als eine Panzerkompanie», hiess es vom Ministerium auf Twitter.
Boris Johnson war überraschend nach Kiew gereist. Johnson betonte in einem von Selenskyj bei Telegram veröffentlichten Video, dass er gekommen sei, um dem Land in schwierigen Zeiten zu helfen. Der Politiker hatte zuvor die Kiewer Vororte Butscha und Borodjanka besucht, in denen russischen Truppen schwerste Kriegsverbrechen vorgeworfen werden.
Friends like these are worth more than a squadron of tanks. We are glad to welcome Boris Johnson to Ukraine. A person who has been with the Ukrainian people since day one. pic.twitter.com/RQjawNJj7l
Deutsch-französische Brigade plant Manöver in Litauen und Rumänien
Die deutsch-französische Brigade soll gemeinsame Manöver in Litauen und Rumänien, einem Nachbarland der Ukraine, abhalten. «Um unsere östlichen Verbündeten zu unterstützen, werden die Streitkräfte gemeinsame Übungen der Deutsch-Französischen Brigade in Litauen und Rumänien planen», heisst es in der in Paris verabschiedeten deutsch-französischen Erklärung. Von einer Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine, über die zuvor spekuliert worden war, ist darin nicht die Rede.
Wie mit den EU- und G7-Partnern vereinbart, solle die Unterstützung der Ukraine aufrecht erhalten werden, «solange dies nötig ist». «Wir sind fest entschlossen, die Straflosigkeit für Kriegsverbrechen (...) in Verbindung mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu bekämpfen», heisst es weiter.
Deutschland und Frankreich planen ausserdem eine gemeinsame Übung im Rahmen der militärischen Präsenz im Indopazifik. Diese habe das Ziel, «sowohl unsere Bereitschaft als auch unsere Fähigkeit zu zeigen, die regelbasierte internationale Ordnung in dieser wichtigen Region zu stützen».
Die Erklärung wurde im Anschluss an den deutsch-französischen Ministerrat veröffentlicht, der anlässlich des 60. Jahrestages der deutsch-französischen Freundschaft in Paris stattfand. Er war im Oktober wegen inhaltlicher Uneinigkeiten kurzfristig abgesagt worden. Am Vormittag waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der französische Präsident Emmanuel Macron sowie zahlreiche Regierungsmitglieder und Abgeordnete aus beiden Ländern zu einem Festakt an der Universität Sorbonne zusammengekommen.
19.12 Uhr
Macron schliesst Lieferung von Leclerc-Kampfpanzern nicht aus
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schliesst eine Lieferung der französischen Kampfpanzer Leclerc in die Ukraine nicht aus. «Was die Leclerc angeht, ist nichts ausgeschlossen», sagte Macron auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Paris. Eine Bereitstellung dieser Kampfpanzer dürfe aber den Konflikt nicht eskalieren, die eigene Verteidigungsfähigkeit nicht schwächen und müsse eine realistische und effiziente Unterstützung der Ukraine darstellen.
Dabei müsse die Frist bis zur Ausbildung der ukrainischen Besatzungen und der Lieferung der Panzer berücksichtigt werden, sagte Macron. Die Frage werde in den nächsten Tagen und Wochen mit den Verbündeten wie Deutschland erörtert.
Bisher sind noch keine Kampfpanzer westlicher Bauart in die Ukraine für den Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer geliefert worden. Grossbritannien hat aber 14 Challenger-Panzer zugesagt. Scholz hat sich noch nicht entschieden, ob er den Weg für die Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer frei machen will. Auf die Frage, ob die Lieferung amerikanischer US-Panzer vom Typ M1 Abrams eine Bedingungen dafür sei, antwortete Scholz bei der Pressekonferenz in Paris nicht.
18.51 Uhr
Abgeordnete: US-Panzer würden im Leopard-Streit für Bewegung sorgen
Zwei ranghohe Aussenpolitiker im US-Kongress haben sich für die Lieferung von amerikanischen Abrams-Panzern an die Ukraine ausgesprochen, um damit im Streit um die Leopard-2-Panzer für Bewegung in Berlin zu sorgen. «Was ich höre, ist, dass Deutschland darauf wartet, dass wir die Führungsrolle übernehmen», sagte der republikanische Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss des US-Repräsentantenhauses, Michael McCaul, dem Sender ABC. In der Sendung «This Week on Sunday» prophezeite er, dass die Ankündigung der Lieferung von nur einem Abrams-Panzer die Bundesregierung dazu bewegen würde, mit den viel geeigneteren Leopard-2-Panzern nachzuziehen.
Der demokratische Senator Chris Coons, der in der zweiten Kongresskammer dem Auswärtigen Ausschuss angehört, rief ebenfalls zur Lieferung von Abrams-Panzern auf und mahnte zur Eile. «Ich habe die Sorge, dass Russland wieder aufrüstet und sich auf eine Frühlingsoffensive vorbereitet.» Wenn es nötig sei, einige Abrams-Panzer zu liefen, um damit den Weg für die Leopard-Panzer aus Deutschland, Polen und von anderen Verbündeten freizumachen, sei er dafür, sagte Coons.
17.48 Uhr
Polen will Ukraine Leopard-Panzer auch ohne deutsche Zustimmung liefern
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat angekündigt, notfalls auch ohne Zustimmung Deutschlands Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Der Nachrichtenagentur PAP sagte er : «Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie die Ukraine ausblutet. Die Ukraine und Europa werden diesen Krieg gewinnen — mit oder ohne Deutschland.»
Wenn es mit Deutschland keine baldige Einigung gebe, werde Polen mit anderen Ländern eine «kleinere Koalition» bilden. Diese Länder würden dann ohne deutsche Zustimmung beginnen, einige ihrer Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern.
We will not stand by idly and watch Ukraine bleed to death. If we don’t get German agreement on the Leopards, we will build a "smaller coalition" of countries ready to donate some of their modern tanks to a fighting Ukraine.
Schweizerisch-russischer Doppelbürger verlässt Züblin-Verwaltungsrat nach US-Anklage
Eine Anklage in den USA gegen einen schweizerisch-russischen Doppelbürger führt zu einem Wechsel im Verwaltungsrat des Immobilienunternehmens Züblin Immobilien Holding AG. Der 51-Jährige ist mit sofortiger Wirkung aus dem Gremium zurückgetreten.
Ziel des Rücktritts sei, einen allfälligen Reputationsschaden für das Unternehmen zu vermeiden, teilte Züblin mit. Der Betroffene könne keine Stellung nehmen, werde sich aber mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln gegen die Vorwürfe des US-Justizministeriums zur Wehr setzen.
Die USA werfen dem schweizerisch-russischen Doppelbürger vor, dem russischen Oligarchen Viktor Vekselberg bei der Umgehung von Sanktionen geholfen zu haben. Ebenfalls angeklagt in dem Fall ist ein 52-jähriger Brite.
Die beiden Männer werden beschuldigt, dem Putin-Vertrauten Vekselberg dabei geholfen zu haben zu verschleiern, dass dieser der Besitzer der Yacht «Tango» ist. Ziel sei gewesen, die Beschlagnahmung des Schiffes zu verhindern. Der Wert der Yacht wird auf 90 Millionen US-Dollar geschätzt.
16.12 Uhr
Britischer Ex-Premier Johnson überraschend in Kiew — Selenskyj bekräftigt Forderungen nach Nato-Beitritt
Der ehemalige britische Premierminister ist überraschend nach Kiew gereist und wurde vom ukrainischen Präsidenten Präsident Wolodimir Selenskij persönlich empfangen.
Laut eigenen Angaben ist Johnson von Selenskij persönlich eingeladen worden. Es sei Zeit, der Ukraine alles zur Verfügung zu stellen, was das Land für einen Sieg gegen Russland brauche, sagte Johnson laut der britischen Nachrichtenagentur PA.
Laut übereinstimmenden Medienberichten besuchte der Ex-Premier zudem Borodjanka und Butscha, zwei Vororte von Kiew. Dort wurden während des russischen Vorstosses auf die Hauptstadt mutmasslich von der russischen Armee schwerste Gräueltaten verübt.
Selenskyj habe bei dem Treffen mit dem früheren britischen Premierminister Boris Johnson eine Mitgliedschaft in der Allianz als «beste Sicherheitsgarantie» für das Land genannt, sagte der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak. Es sei wichtig, das Ziel einer Nato-Mitgliedschaft aktiv voranzutreiben.
Nach Darstellung von Jermak sprachen Selenskyj und Johnson auch über den von der Ukraine vorgeschlagenen Friedensgipfel. Einen Termin für ein solches Treffen gibt es bisher nicht. Russland hat überdies die Forderungen Selenskyjs, der neben Sicherheitsgarantien auch einen vollständigen Abzug der Kremltruppen von ukrainischem Gebiet gefordert hat, als unrealistisch zurückgewiesen.
Johnson betonte in Kiew in einem von Selenskyj bei Telegram veröffentlichten Video, dass er gekommen sei, um dem Land in schwierigen Zeiten zu helfen.
15.49 Uhr
Spanische Polizei deckt Ausbeutung von ukrainischen Flüchtlingen in Tabakfabrik auf
In Spanien hat die Polizei ein Netzwerk zerschlagen, das Ukraine-Flüchtlinge in illegalen Zigarettenfabriken ausbeutete und grosse Mengen Tabak schmuggelte. Im Zuge der Ermittlungen, an denen auch Europol beteiligt war, wurden in verschiedenen Teilen Spaniens 27 Menschen festgenommen, wie die Guarda Civil mitteilte. Zudem seien zehn Tonnen Tabakblätter und 3,5 Millionen Zigarettenpackungen im Gesamtwert von rund 37,5 Millionen Franken beschlagnahmt worden.
In den drei von dem Netzwerk illegal betriebenen Tabakfabriken hätten wegen des russischen Angriffskriegs aus der Ukraine geflohene Asylsuchende gearbeitet, die «zusammengepfercht» in Notunterkünften lebten. Um nicht entdeckt zu werden, durften sie das Fabrikgelände nicht verlassen und mussten extrem lange arbeiten, wie es in der Mitteilung der Polizei weiter hiess.
Die Fabriken in der Region La Rioja im Norden, in Sevilla und Valencia waren demnach mit Maschinen «fortschrittlicher Technologie» ausgestattet und konnten 540'000 Zigarettenpackungen pro Tag herstellen. Die Zigaretten wurden demnach in ganz Spanien sowie im Ausland verkauft. Die Anführer des Netzwerks betrieben den Angaben zufolge Geldwäsche in grossem Stil und führten «ein luxuriöses Leben» im exklusiven Badeort Marbella an der Costa del Sol.
15.00 Uhr
Italiens Regierungschefin Meloni verhandelt in Algerien über Erdgas
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will bei ihrem Algerienbesuch die Zusammenarbeit in Energiefragen vertiefen. Die postfaschistische Politikerin wollte mit Präsident Abdelmadjid Tebboune und Regierungschef Aymen Benabderrahmane sprechen. Der Chef des Energiekonzerns Eni, Claudio Descalzi, gehört zur italienischen Delegation.
Meloni knüpft an die Politik ihres Vorgängers Mario Draghi an, der wegen des Ukrainekrieges versucht hatte, Erdgasimporte aus Russland durch Einfuhren aus Algerien zu ersetzen. Im vergangenen Jahr schloss er einen Vertrag über die Lieferung von neun Milliarden Kubikmetern Erdgas aus Algerien. Das nordafrikanische Land hat Russland mittlerweile als wichtigster Energielieferant Italiens abgelöst. Dabei nutzt es eine Pipeline durch das Mittelmeer.
«Heute sind wir der wichtigste Energiepartner Italiens. Aber wir wollen noch darüber hinaus», sagte der algerische Botschafter Abdelkrim Touahria der Zeitung «Il Messaggero». «Wir wollen, dass Italien ein europäischer Knotenpunkt für algerisches Gas wird, eine Anschlussstelle für andere EU-Staaten.»
Bei der zweitägigen Meloni-Reise dürften aber auch Migrationsfragen eine Rolle spielen. Italien ist ein wichtiger Anlaufpunkt für Migranten, die wegen Armut, Krieg und anderen Drangsalen aus ihrer Heimat nach Europa streben. Viele von ihnen kommen aus Algerien. Italienische Behörden versuchen, mutmasslich algerische Migranten zu identifizieren, die in Süditalien und auf Sardinien festgehalten werden. Touahria sprach deswegen bereits mit dem italienischen Innenminister Matteo Piantedosi, wie die algerische Nachrichtenagentur APS berichtete.
14.09 Uhr
Ukrainisches Verteidigungsministerium weist Korruptionsvorwürfe zurück
Das ukrainische Verteidigungsministerium hat Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Beschaffung von Lebensmitteln für das Militär zurückgewiesen. Die Verpflegung für die Soldaten sei gemäss «dem gesetzlich festgelegten Verfahren» gekauft worden, erklärte das Ministerium. Anderslautende Medienberichte seien «falsch». Es werde eine Untersuchung eingeleitet wegen der Verbreitung dieser «irreführenden» Informationen, die den «Verteidigungsinteressen» der Ukraine schadeten.
Am Samstag waren Berichte veröffentlicht worden, in denen das Verteidigungsministerium beschuldigt wurde, bei der Beschaffung von Lebensmitteln einen Vertrag zu Preisen abgeschlossen zu haben, die «zwei bis drei» Mal höher lagen als die üblichen Einkaufspreise. Der betreffende Vertrag hat laut der Nachrichtenwebsite «zn.ua» ein Volumen von umgerechnet 325 Millionen Franken.
Das Ministerium verwies am Sonntag auf interne Kontrollmechanismen, die Korruption verhindern sollen. Zugleich kündigte es eine interne Prüfung zum Einkauf der Soldatenverpflegung an.
Für Montag sei ausserdem eine Dringlichkeitssitzung mit Ressortchef Oleksij Resnikow geplant. Sollten dabei Verstösse durch Beamte des Verteidigungsministeriums festgestellt werden, würden diese «gemäss geltendem Recht zur Rechenschaft gezogen».
Ein anderer Korruptionsskandal erschütterte am Wochenende das ukrainische Ministerium für die Entwicklung von Gemeinden und Gebieten. Vize-Minister Wasyl Losynskyji sei am Samstag wegen des Verdachts der Bestechlichkeit festgenommen worden, teilte die ukrainische Antikorruptionsbehörde (Nabu) mit. Losynskyji habe 400.000 Dollar erhalten, «um den Abschluss von Verträgen zum Kauf von Ausrüstung und Generatoren zu überhöhten Preisen zu erleichtern». Die Ukraine hat wegen der russischen Angriffe auf ihre Energieinfrastruktur seit Monaten mit flächendeckenden Stromausfällen zu kämpfen.
13.50 Uhr
Italien kündigt Lieferung von Flugabwehrsystem an
Rom und Paris werden der Ukraine nach Auskunft des italienischen Aussenministers Antonio Tajani das Flugabwehrsystem Samp/T zur Verfügung stellen. «In Zusammenarbeit mit Frankreich sind wir dabei, die Lieferung von Samp/T zu finalisieren», sagte Tajani der Zeitung «Corriere della Sera» (Sonntag). Er nannte zunächst keinen Zeitplan. Kiew hatte Italien und den Westen zuletzt immer wieder um moderne Flugabwehrsysteme für den Kampf gegen die Luftangriffe aus Russland gebeten.
Samp/T ist ein von Frankreich und Italien seit Anfang der 2000er Jahre gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Es gilt als flexibel einsetzbar und effektiv für die Verteidigung gegen Flugzeuge und Raketen. Italien hat fünf Einheiten im Einsatz. Das System inklusive Abschussvorrichtung für die Raketen ist auf Lastwagen montiert. Vor einer Inbetriebnahme durch Kiew müssten die ukrainischen Soldaten wohl noch an dem Luftabwehrsystem ausgebildet werden.
13.27 Uhr
Britischer Aussenminister wünscht sich Leopard-2-Panzer für Ukraine
Der britische Aussenminister James Cleverly hat sich für die Lieferung von in Deutschland hergestellten Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine ausgesprochen. «Ich würde nichts lieber sehen, als dass die Ukrainer mit Leopard 2 ausgerüstet sind», sagte Cleverly am Sonntag der BBC. «Ich würde nichts lieber sehen, als dass die Ukraine mit den modernsten gepanzerten Fahrzeugen, sowohl Panzer als auch Artillerie ausgerüstet sind. Der Leopard 2 ist ein unglaublich effektives Stück militärischer Ausrüstung», betonte der konservative Politiker.
10.54 Uhr
Bundeswehr hat Liste lieferbarer Leopard-Panzer
Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius will eine mögliche Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine vorbereiten. «Um auf mögliche Entscheidungen bestens vorbereitet zu sein, habe ich am Freitag mein Haus angewiesen, alles so weit zu prüfen, dass wir im Fall der Fälle nicht unnötig Zeit verlieren», sagte der SPD-Politiker der «Bild am Sonntag» auf eine Frage nach der anstehenden Entscheidung. «Wir sind mit unseren internationalen Partnern, allen voran mit den USA, in einem sehr engen Dialog zu dieser Frage.»
Pistorius hatte am Freitag am Rande einer Ukraine-Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein gesagt, Deutschland bereite sich auf eine mögliche Lieferung vor, indem Verfügbarkeit und Stückzahl dieser Panzer nun überprüft würden. Die Entscheidung über eine Lieferung werde «so bald wie möglich getroffen».
Der «Spiegel» berichtete unter Verweis auf ein internes Papier des Verteidigungsministeriums, es gebe eine detaillierte Liste aus dem Frühsommer vergangenen Jahres mit bei der Bundeswehr verfügbaren Leopard-Modellen, die für eine Lieferung infrage kämen. Nach Informationen des «Spiegel» hält man davon bei der Truppe 19 Panzer im Zweifelsfall für abkömmlich, weil sie nur bei Übungen eingesetzt würden.
10.30 Uhr
Russlands Parlamentschef warnt vor «Katastrophe»
Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin hat für den Fall von Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine vor einer möglichen «Tragödie weltweiten Ausmasses» gewarnt. «Die Lieferung von Angriffswaffen an das Kiewer Regime führt zu einer globalen Katastrophe», schrieb Wolodin am Sonntag in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram. Russland werde noch «mächtigere Waffen» einsetzen, falls die USA und die Staaten der Nato Waffen an Kiew lieferten, die dafür genutzt werden könnten, Gebiete zurückzuerobern.
Der Chef der Staatsduma machte deutlich, dass Russland Angriffe auf die von eigenen Truppen besetzten ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson als Attacke gegen sein Staatsgebiet ansehe. Russland hatte sich die Gebiete selbst mit Panzern und anderen schweren Waffen einverleibt. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und von Parlamenten in anderen Staaten sollten sich ihrer «Verantwortung vor der Menschheit» bewusst werden, meinte Wolodin. Solche Entscheidungen führten zu einem «furchtbaren Krieg» mit ganz anderen Kampfhandlungen als bisher.
«Unter Berücksichtigung der technologischen Überlegenheit der russischen Waffen sollten die Politiker im Ausland, die solche Entscheidungen treffen, begreifen, dass dies in einer Tragödie weltweiten Ausmasses enden kann, die ihre Länder zerstört», sagte Wolodin weiter.
8.50 Uhr
Deutscher Verteidigungsminister plant Besuch in Kiew
«Sicher ist, dass ich schnell in die Ukraine reisen werde. Vermutlich sogar schon innerhalb der nächsten vier Wochen», sagte er der «Bild am Sonntag». Pistorius hatte am Donnerstag sein Amt angetreten, nachdem Christine Lambrecht als Ressortchefin zurückgetreten war.
Auf die Frage, wann die Entscheidung über Leopard-Panzer für die Ukraine falle, sagte er: «Wir sind mit unseren internationalen Partnern, allen voran mit den USA, in einem sehr engen Dialog zu dieser Frage.» Um auf mögliche Entscheidungen bestens vorbereitet zu sein, habe er am Freitag sein Haus angewiesen, «alles so weit zu prüfen, dass wir im Fall der Fälle nicht unnötig Zeit verlieren».
8.30 Uhr
Kiew entlässt Vize-Minister unter Korruptionsverdacht
Laut Medienberichten ist der Vizeminister wegen der Annahme einer sechsstelligen Bestechungssumme festgenommen worden. «Das Nationale Antikorruptionsbüro hat beim Vize-Minister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, eine Hausdurchsuchung durchgeführt und ihn festgenommen», berichtete die Internetzeitung «Ukrajinska Prawda» am Samstag. Das Ministerium hat bereits auf den Bericht reagiert und den Spitzenbeamten entlassen.
7 Uhr
Russisches Militär meldet neue Offensive
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben bei einer neuen Offensive im Süden der Ukraine Geländegewinne erzielt. «Im Gebiet Saporischschja konnten durch Angriffe von Einheiten des Wehrkreises Ost günstigere Linien und Positionen eingenommen werden», sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow am Samstag in Moskau. Seinen Angaben nach haben die Russen bei den Angriffen 30 Ukrainer getötet und mehrere Militärfahrzeuge ausser Gefecht gesetzt. Die Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen.
Zuvor hatten bereits russische Militärblogger über eine Offensive im Raum Orichiw und Huljajpolje berichtet. Die ersten Verteidigungslinien seien dabei überrannt worden. Laut dem Blog «Rybar», der dem russischen Verteidigungsministerium nahestehen soll, wurden dabei auch mehrere Ortschaften eingenommen. Offiziell hat das Ministerium dies bislang nicht bestätigt. Der ukrainische Generalstab hatte am Morgen lediglich von Beschuss in der Region gesprochen, aber keine Angaben über einen Vormarsch russischer Truppen gemacht.
Die Region Saporischschja gilt als strategisch wichtig. Beide Seiten haben dort grosse Truppenkontingente stationiert. Aus ukrainischer Sicht wäre ein russischer Vormarsch gefährlich, weil dann die eigenen im Osten stationierten Truppen zur Verteidigung des Donbass in Gefahr geraten könnten, eingekesselt zu werden. Auf russischer Seite befürchtet man, dass die Ukrainer mit einem Vorstoss Richtung Meer einen Keil zwischen die russischen Truppen treiben könnten, womit die Versorgung der Einheiten in der Region praktisch unmöglich würde.
A map of the approximate situation on the ground in Ukraine as of 00:00 UTC 22/01/23.