Regierung verärgert Britisches Unterhaus stimmt für weiteren Brexit-Aufschub

SDA/dpa

4.4.2019 - 02:18

Mit einer Mehrheit von nur einer Stimme hat das britische Unterhaus ein Gesetz gebilligt, das die Regierung zu einem weiteren Brexit-Aufschub verpflichten soll. Es soll einen ungeordneten Ausstieg aus der EU ausschliessen.

Das britische Unterhaus hat für ein Gesetz gestimmt, das die Regierung zu einer Verschiebung des Brexit über den 12. April hinaus verpflichtet. Die Vorlage passierte die Parlamentskammer am Mittwochabend mit einer Mehrheit von nur einer Stimme.

313 Abgeordnete votierten für den Text, 312 dagegen. Das Gesetz, das einen harten Brexit verhindern soll, wird am heutigen Donnerstag dem britischen Oberhaus vorgelegt.

Das britische Unterhaus hat in der Nacht auf Donnerstag für eine Verschiebung des Brexit gestimmt, um einen EU-Austritt ohne Abkommen zu verhindern.
Das britische Unterhaus hat in der Nacht auf Donnerstag für eine Verschiebung des Brexit gestimmt, um einen EU-Austritt ohne Abkommen zu verhindern.
Source: Keystone/EPA UK Parliament/Mark Duffy/UK Parliament Handout

Die Regierung reagierte verärgert auf die Abstimmung. «Wir sind enttäuscht, dass die Abgeordneten dieses Gesetz unterstützt haben», sagte ein Regierungssprecher in der Nacht auf Donnerstag. Premierministerin Theresa May habe bereits dargelegt, wie Grossbritannien die EU mit einem Austrittsabkommen verlassen könne – und bereits angekündigt, sich für einen weiteren Brexit-Aufschub einzusetzen. Das Gesetz würde die Verhandlungsmöglichkeiten der Regierung stark einschränken, sagte der Sprecher weiter.



Eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten will mit dem neuen Gesetz verhindern, dass es zu einem Ausscheiden aus der EU ohne Vertrag kommt. Sollte das Gesetz rechtzeitig in Kraft treten, könnten die Abgeordneten einen längeren Brexit-Aufschub mit Teilnahme an der Europawahl gegen den Willen der britischen Regierung anordnen.

Nur einstimmig möglich

May hatte bereits am Dienstag angekündigt, die EU um einen erneuten Aufschub des Brexit über den 12. April hinaus zu bitten. Die EU hält am 10. April einen Sondergipfel zum Brexit. May will eine Verschiebung bis zum 22. Mai erreichen. Eine Teilnahme an der Europawahl (23.-26. Mai) will sie damit umgehen. Eine Verlängerung der Brexit-Frist müssen die verbleibenden 27 Mitgliedstaaten einstimmig billigen.



Im verfahrenen Brexit-Streit hatte die Premierministerin am Mittwoch Oppositionsführer Jeremy Corbyn zu einem Gespräch getroffen, um nach einem Ausweg aus der Brexit-Sackgasse zu suchen. Beide Seiten bezeichneten das Treffen als konstruktiv. Die Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden. Allerdings fordert Labour eine Zollunion mit der EU, was viele Konservative strikt ablehnen.

Kein gangbarer Weg

Vize-EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans rief beide Seiten zu einer Einigung im Brexit-Streit auf. Es wäre «ausserordentlich wichtig», dass sich May und Corbyn über die Grundsätze der künftigen Beziehungen zwischen der EU und Grossbritannien einigen und der Austrittsvertrag im Unterhaus «endlich verabschiedet» werde, sagte Timmermans der «Welt» vom Donnerstag. Eine solche Einigung wäre im Interesse Grossbritanniens und der EU.

May und Corbyn sollten «ab sofort die nationalen Interessen berücksichtigen und nicht immer nur an die Parteiinteressen denken», sagte Timmermans weiter. Der Niederländer forderte London auf, mit Blick auf einen EU-Austritt eine klare Entscheidung zu treffen. «Wir können doch nicht unendlich so weiter machen bei den Brexit-Verhandlungen und immer wieder verlängern um ein paar Wochen. Das britische Parlament muss jetzt eine Entscheidung treffen und uns endlich sagen, was man in London will.»

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