Nach Wahl in BrasilienBolsonaro-Anhänger fordern Militärputsch
dpa
2.11.2022 - 18:19
Bolsonaro-Anhänger fordern Militärputsch
In Sao Paulo haben sich tausende Anhänger von Präsident Jair Bolsonaro versammelt. Sie wollen die Wahlniederlage ihres Idols nicht akzeptieren. Ihre Lösung: Ein Militärputsch.
02.11.2022
Unterstützer des noch amtierenden Präsidenten wollen seine Wahlniederlage nicht akzeptieren. Dabei hatte der in einer Rede Bereitschaft zur Machtübergabe signalisiert.
02.11.2022, 18:19
dpa/twei
Tausende Anhänger des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben das Militär aufgefordert, den Amtsinhaber trotz seiner Wahlniederlage an der Macht zu halten. Die Menschen versammelten sich am Mittwoch vor dem Hauptquartier des Militärkommandos Ost in Rio de Janeiro.
Einige schwenkten brasilianische Flaggen und riefen «Soldaten, rettet Brasilien!». Bolsonaro hatte in einer Rede zwei Tage nach der Präsidentschaftswahl seine Niederlage zwar nicht eingestanden, aber Bereitschaft zur Übergabe der Macht an seinen linken Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva signalisiert.
Das Militär wurde von Bolsonaro stets unterstützt, hat sich aber in den Monaten seit dem ersten Wahlgang nicht zu Wort gemeldet – ein Zeichen dafür, dass es sich wahrscheinlich von dem Ex-Armeechef distanziert, wie Experten der Nachrichtenagentur AP erklärten. «In einer Demokratie haben die Streitkräfte kein Mitspracherecht im Wahlprozess», sagte der Präsident des Brasilianischen Verbands für Verteidigungsstudien, Eduardo Munhoz Svartman. «Dieses Schweigen ist wünschenswert.»
«Es ist vorbei»
Unterdessen setzten Lkw-Fahrer, die seit Tagen im ganzen Land Strassensperren errichteten, ihre Aktionen fort, obwohl der Oberste Gerichtshof ein Ende der Blockaden anordnete.
Am Mittwochmorgen teilte die Autobahnpolizei mit, sie habe 630 Blockaden beseitigt, mehr als 150 bestanden jedoch weiterhin. In den sozialen Medien, unter anderem in Telegramm- und WhatsApp-Chatgruppen, forderten Nutzer, das Militär müsse auf die Strasse gehen. Auch könnten Kongress und der Oberste Gerichtshof aufgelöst werden und der Präsident im Amt bleiben, erklärten sie.
Bolsonaro betonte dagegen in seiner Rede, er habe sich immer an die Verfassung gehalten. Der Richter des Obersten Gerichts, Luiz Edson Fachin, teilte mit, bei einem privaten Treffen mit ihm habe Bolsonaro gesagt: «Es ist vorbei. So lasst uns nach vorne blicken.» Zwei weitere Richter wollten Fragen zum Tenor des einstündigen Treffens nicht beantworten. Auch Wirtschaftsminister Paulo Guedes, der an dem Treffen teilnahm, wollte nichts dazu sagen.
Lula gewinnt Wahl gegen Bolsonaro hauchdünn
Das Oberste Gericht veröffentlichte anschliessend eine Erklärung, der zufolge die Richter Bolsonaro in dem «freundlichen und respektvollen Treffen» gesagt hätten, dass es wichtig sei, Wahlergebnisse anzuerkennen, und ebenso das Recht des brasilianischen Volkes auf Bewegungsfreiheit. Bolsonaros Stabschef Ciro Nogueira hatte nach der Rede gesagt, der Präsident habe ihn damit beauftragt, den Übergangsprozess zur Nachfolgeregierung einzuleiten.
Bolsonaro hatte sich seit Bekanntgabe seiner knappen Wahlniederlage in der Nacht zum Montag deutscher Zeit nicht geäussert und damit Spekulationen genährt, er könnte seine Niederlage nicht anerkennen und das Ergebnis in Frage stellen – zumal er vor der Stichwahl wiederholt ohne Beweise von einer angeblichen Anfälligkeit des elektronischen Wahlsystems und möglichen Manipulationen gesprochen hatte.
Mit 50,9 Prozent der Stimmen für Lula und 49,1 Prozent für Bolsonaro war es der engste Ausgang einer Präsidentschaftswahl seit Brasiliens Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1985.