Trump vor Gericht Bleibt es bei den Drohungen oder kommt es in Miami zum «Krieg»?

Von Philipp Dahm

13.6.2023

Trump vor Gericht: Anhänger glauben an seine Unschuld

Trump vor Gericht: Anhänger glauben an seine Unschuld

Der in der Dokumentenaffäre angeklagte frühere US-Präsident muss erstmals vor einem Bundesgericht erscheinen. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber war vergangene Woche in insgesamt 37 Punkten angeklagt worden. Der US-Sonderermittler in der

13.06.2023

Keri Lake warnt, Trump-Anhänger hätten Waffen, während ihre Partei-Freunde den Kriegszustand ausrufen: Vor Donald Trumps heutigen Gerichtstermin in Miami rüsten die Republikaner verbal auf.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Donald Trump hat heute um 21 Uhr MESZ einen Gerichtermin in Miami, Florida.
  • Im Zusammenhang mit geheimen Akten ist er in 37 Punkten angeklagt.
  • Seit die Anklage bekannt ist, wird die Rhetorik gegen Justizministerium und Staatsanwaltschaft schärfer.
  • Das beflügelt Sorgen vor einer Eskalation vor dem Gerichtsgebäude.
  • Experten bezweifeln jedoch, dass der Protest ein Ausmass wie beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 erreichen wird.

Donald Trump ist zornig, und Donald Trump will Rache. Er besteigt sein Flugzeug, das ihn nach Miami bringt, wo er um 21 Uhr MESZ im Gericht erwartet wird, und setzt zuvor noch eine Nachricht auf Truth Social ab.

In Grossbuchstaben.

«Nun, da das ‹Siegel› gebrochen ist, werde ich [...] einen echten Sonder-‹Ankläger› ernennen, der gegen den korruptesten Präsidenten in der Geschichte der USA, Joe Biden, die gesamte kriminelle Biden-Familie und alle anderen ermittelt, die in die Zerstörung unserer Wahlen, Grenzen und des Landes selbst involviert waren», schreibt der 76-Jährige.

Screenshot: Truth Social/@realDonaldTrump

Der Verbal-Ausbruch ist nur das Sahnehäubchen aus einer Melange aus wilder Rhetorik und unverhohlenen Drohungen, die sich zusammenbraut, seit bekannt ist, dass der Ex-Präsident erneut in 37 Punkten angeklagt ist und ihm auf dem Papier 100 Jahre Gefängnis drohen. 

«Leute, wir stehen im Krieg»

Da wäre etwa Keri Lake, die bei einem Treffen der Republikaner in Georgia am 9. Juni kein Blatt vor den Mund nimmt. «Leute, wir stehen im Krieg», sagt die glühende Anhängerin des Ex-Präsidenten. «Wenn Ihr an Trump rankommen wollt, müsst ihr erst mal an mir und weiteren 75 Millionen Amerikanern vorbeikommen. Die meisten von uns sind Mitglieder der NRA [National Rifle Organisation]. Das ist keine Drohung, die Bekanntmachung ist ein Service public.»

Doch auch gewählte Volksvertreter bedienen sich der Kriegsrhetorik: «Auge für Auge», twittert Andy Biggs aus Arizona. Clay Higgins aus Louisiana beruhigt die Trump-Fans zwar, aber auf kryptische Art: «Stolpert nicht über den Draht, den sie für euch ausgelegt haben. Wartet ab. Lasst Trump das mit Trump regeln, er packt das.»

Kein Wunder, dass die Behörden in Miami nervös sind: Sie haben die Sicherheitsvorkehrungen erhöht, überwachen Social Media und werden vor allem eine geplante Kundgebung vor dem Gericht in der Innenstadt im Auge behalten, die von den rechten Proud Boys organisiert wird.

Hakenkreuz- neben DeSantis-Flaggen

Tatsächlich haben Rechte und Rechtsextreme in Florida derzeit Oberwasser, seit Gouverneur Ron DeSantis einen Kulturkampf ausgerufen hat. Der 44-Jährige wettert immer wieder gegen die «woke» Politik der Linken, spricht sich gegen die Gleichberechtigung von trans Menschen aus und hat einen veritablen Kleinkrieg mit dem Disney-Konzern angezettelt.  

Das Ergebnis: Neonazis protestieren vor dem Eingang von Disney World nicht nur mit Hakenkreuz-Flaggen, sondern auch DeSantis-Fahnen. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Klientel auch an Demonstrationen vor dem Gericht in Miami beteiligen wird.

Dass es vielleicht doch nicht zu einer grösseren Konfrontation vor dem Gericht kommt, lässt eine Veranstaltung am Vortag erhoffen: Eine Veranstaltung, die die rechte Influencerin Laura Loomer am 12. Juni in Miami organisiert hat, zählt mehr Medienleute als Demonstranten.

«Paranoia unter Trump-Anhängern»

Dass ein Sturm ausbleibt, vermutet auch Benjamin Decker von der Sicherheitsfirma Memetica: In sozialen Netzwerken hätten die Aktivitäten von Trump-Anhängern zwar zugenommen und die Rhetorik gegen Justiz-Minister Merrick Garland und Sonder-Ermittler Jack Smith sei bei Telegram, 4chan, Gab, Truth Social, Gettr und Patriots.win werde schärfer, sagt Decker gegenüber NPR.

Aber auch: «Eines der auffälligsten Dinge, die beim 6. Januar zutrafen und die wir jetzt nicht sehen, sind logistische und taktische Karten von Gebäuden, Einrichtungen, Gebieten und Fluchtwegen.» Die juristische Aufarbeitung des Kapitol-Sturms wirke nach: «Es gibt eine grosse Paranoia unter Trump-Anhängern verhaftet zu werden.»

Gerichtstermin: Trump in Miami eingetroffen

Gerichtstermin: Trump in Miami eingetroffen

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump ist in Miami eingetroffen. Im US-Bundesstaat Florida muss er sich am Dienstag vor einem Bundesgericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt unrechtmässig Dokumente zur nationalen Sicherheit aufbewahrt und Beamte mit Blick darauf angelogen zu haben. Es ist das erste Mal, dass ein amtierender oder ehemaliger US-Präsident vor einem Bundesgericht angeklagt wird.

13.06.2023

«Ich denke, es gibt gerade eine generelle Form von Trump-Müdigkeit», gibt Alex Friedfeld von der Anti-Defamation League zu bedenken. «Wir sehen nicht, dass [seine Fans] so erregt werden wie in jüngster Vergangenheit, wenn es um Trump-Probleme ging.» Nun würden dafür Mütter, Religiöse und Rechte zusammenstehen, um den Kampf gegen LGBTQ+ zu forcieren.

Donald Trumps Gerichtstermin scheint also nichts im Weg zu stehen. Der New Yorker will sich am Abend noch äussern, was bei uns nach 2 Uhr am Morgen sein dürfte. Auch wenn mit Aileen Cannon eine Richterin den Vorsitz führt, die Trump selbst berufen hat, ist die Anklage ein starkes Stück: Wenn «nur die Hälfte» stimmt, ist Trump geliefert, meint sein früherer Justizminister Bill Barr bei «Fox News».

Screenshot: Truth Social/@realDonaldTrump

Der Ex-Präsident kommentiert daraufhin auf Truth Social, Barr sei ein «feiges Schwein». Man muss hoffen, dass es heute in Florida bei Verbalentgleisungen bleibt.