Der Versuch eines Vergleichs der Unvergleichlichen – wer die ersten 100 Amtstage von Donald Trump und Joe Biden gegenüberstellt, muss feststellen: Diese Welt ist eine völlig andere als vor vier Jahren.
Von Philipp Dahm
30.04.2021, 10:28
30.04.2021, 10:41
Philipp Dahm
Eigentlich ist es ja müssig, ihre ersten 100 Amtstage zu vergleichen: Joe Biden hat die USA im Januar inmitten einer Pandemie übernommen, die Wirtschaft liegt am Boden und die Arbeitslosenquote bei 6,3 Prozent.
Heute sind die Vereinigten Staaten plötzlich Impf-Weltmeister, der Internationale Währungsfonds prophezeit ein Wirtschaftswachstum von 6 Prozent, 1,3 Millionen neue Jobs sind laut Biden entstanden – und der Demokrat will nun daran anknüpfen.
Als Donald Trump US-Präsident geworden ist, lag die Arbeitslosenquote bei 4,8 Prozent – und sank bis April weiter auf 4,4 Prozent. So sollte es übrigens weitergehen: 2019 lag sie durchschnittlich bei nur 3,7 Prozent.
Doch die beherrschenden Themen in den ersten 100 Trump-Tagen nach der Amtseinführung sind andere. Und immer gibt es Streit – etwa um jene Amtseinführung und die Anzahl der Besucher, wegen des Einreiseverbots für Muslime oder dem neuen harten Kurs gegenüber Immigranten.
Das Land hat sich also 2017 und 2021 in ungleichen Lagen befunden – und auch ein Vergleich der nackten Zahlen bringt nicht wirklich Klarheit. Die Quantität von Erlassen oder Gesetzen sagt nichts über die Qualität aus.
Fakten
Derjenige Erlass, der aus Trumps Anfängen nachwirkt, ist die Executive Order 13767 zur Sicherung der Grenze im Süden – die Mauer, für die Mexiko zahlen werde. Bei Joe Biden dürfte es das Corona-Hilfspaket sein, das 1,9 Billionen Dollar schwer ist.
Doch auch wenn der Vergleich der beiden Männer wie der von Äpfeln mit Birnen ist – hier die blanken Fakten: Donald Trump hat in den ersten 100 Tagen 28 Gesetze unterschrieben, Joe Biden nur elf. Der führt dagegen bei den Executive Order mit 42 zu 33.
Auch bei den Zustimmungswerten schlägt Biden Trump: 54 Prozent stehen 42 Prozent gegenüber. Und während der Demokrat bisher auf sechs Tweets pro Tag kommt, waren es beim Republikaner 18 – bis sein Account gesperrt wurde.
Gegenkurs
Eine spannende Zahl ist jene der zurückgenommenen Gesetze und Erlasse. Donald Trump hat in den ersten 100 Tagen zwölf Massnahmen seines Vorgängers Barack Obama zurückgenommen. Bei Joe Biden waren es bis zum 25. April satte 62. Am meisten Aufsehen erregten 2017 Änderungen an «Obamacare», während bei Biden wohl der Wiedereintritt ins Pariser Klimaabkommen in Erinnerung bleibt.
Was man in den ersten 100 Amtstagen von Donald Trump gut herauslesen konnte, ist, wohin die Reise geht. Seine ersten Massnahmen haben die Themen Immigration, Bleiberecht, Deregulierung – vor allem beim Umweltschutz, Aufweichung des Konsumentenschutzes und die Vorstellung einer massiven Steuerreform, die vor allem Unternehmen und Menschen mit hohem Einkommen zugute kam.
Joe Bidens erste Massnahme: gegensteuern. Die Executive Order zur Behandlung von Flüchtlingen hat er ebenso kassiert wie die Erlaubnis zum Bau einer Öl-Pipeline durch ein Reservat. Der 78-Jährige will die Wirtschaft ökologisch umbaue und in Bildung und Wissenschaft investieren. Bezahlt werden soll das Vorhaben mit Steuererhöhungen für Reiche und Unternehmen, die bisher gar keine Abgaben zahlen.
Gemeinsamkeiten
Und gibt es in diesem Duell rechts gegen links auch Gemeinsamkeiten? Das dann schon auch: Zum Beispiel in der Haltung gegenüber China. Trump hat im Vergleich zu Barack Obama einen deutlich härten Kurs gegen Peking gefahren, nachdem er einen Handelskrieg angezettelt hatte, bei dem er durchaus Erfolge feiern konnte.
Biden ist von diesem Kurs nicht abgerückt – und hat auch in seiner jüngsten Rede wieder betont, er denke nicht daran, sich aus dem Indo-Pazifik zurückzuziehen und Verbündete dort im Stich zu lassen. Und auch wenn Biden nicht so isolationistisch ist wie einst Trump, hat der Demokrat nun beispielsweise den Truppenabzug aus Afghanistan realisiert.
«America First» ist mit dem Machtwechsel keinesfalls vorbei: Auch Biden sagte gerade, Investitionen müssten im Land bleiben. Das Motto werde immer «Kauft amerikanisch» sein, versicherte er bei der Vorstellung seiner milliardenschweren Pläne.
Fazit
Dass die ersten 100 Tage der beiden Präsidenten unter gänzlich anderen Vorzeichen standen, ist klar. Ihre Politik ist nicht nur diametral unterschiedlich, sondern Biden macht auch in Wort und Tat deutlich, dass er das Gegenteil von Donald Trump ist.
Biden hat das selbst in seiner Eigen-Bilanz im Repräsentantenhaus unterstrichen, als er sagte: «Wir entscheiden uns für Hoffnung statt Angst, für Wahrheit statt Lügen und für Licht statt der Dunkelheit. Nach 100 Tagen der Rettung und Erneuerung, ist Amerika bereit durchzustarten, wieder zu arbeiten und wieder zu träumen.»
Ob dem so sei, sei dahingestellt – und auch Trump hat vor vier Jahren fromme Worte gefunden. Es geht um Bidens verbale Distanzierung zu seinem Vorgänger. Quod erat demonstrandum: Sie wollen sich einfach nicht vergleichen lassen, diese Präsidenten.