UNO-Klimakonferenz Nein zum CO2-Gesetz schwächt Position der Schweiz

SDA/uri

26.10.2021 - 00:00

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat von der COP26-Präsidentschaft den wichtigen Auftrag erhalten, einen Konsens zwischen den verschiedenen Ländern zu finden (Archiv).
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat von der COP26-Präsidentschaft den wichtigen Auftrag erhalten, einen Konsens zwischen den verschiedenen Ländern zu finden (Archiv).
Bild: Keystone

Die Schweiz wird auf der UNO-Klimakonferenz COP26 in Glasgow wieder einer der vier Ländergruppen vorsitzen. Der Chefunterhändler sieht Bern aber nicht in der besten Position, um andere zu mehr Anstrengungen zu ermahnen.

Führende Politiker und Aktivisten treffen sich am Sonntag in Glasgow, um einen Weg zu finden, die globale Erwärmung bis 2100 auf unter 2 Grad zu begrenzen. Die UNO-Klimakonferenz COP26 ist die «beste letzte Chance» – der Schweiz wird eine führende Rolle übertragen.

Zwei Wochen lang, vom 31. Oktober bis zum 12. November, werden zehntausende von Teilnehmern versuchen, sechs Jahre nach dem Pariser Klima-Abkommen Fortschritte im Kampf gegen die globale Erwärmung zu erzielen. Die Diskussionen gestalten sich schwierig. UNO-Generalsekretär António Guterres hat erklärt, er sei «sehr besorgt» über die Möglichkeit eines Scheiterns.



Derzeit stehen die Zeichen schlecht: Die Welt steuert bis zum Jahr 2100 auf einen Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu, was weit über dem angestrebten Maximum von 2 Grad liegt.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zu den jüngsten Verpflichtungen verschiedener Länder reduziert werden, und sogar um mehr als 50 Prozent, um sie auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Schweiz wird mit schwindenden Gletschern konfrontiert

Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) warnte in seinem jüngsten Bericht vor einem früher als erwarteten Temperaturanstieg von 1,5 Grad bis 2030. Dies wird zu mehr Überschwemmungen und Dürren führen, die Millionen von Menschen vertreiben werden. Die Schweiz wird bis 2100 mit dem Verschwinden zahlreicher Gletscher konfrontiert sein.

Viele sehen in dieser Konferenz in Glasgow «die beste letzte Chance» für Lösungen – auch wenn die Verhandlungsführer solche Aussagen für kontraproduktiv halten.

Guterres hat alle Länder aufgefordert, bis 2050 kohlenstoffneutral zu werden, wie es die Schweiz, der 88.-grösste Emittent oder Ausstosser der Welt, vorhat, und ihre Emissionen bis 2030 um 45 Prozent im Vergleich zu vor 10 Jahren zu reduzieren. Der Bundesrat hat sich in seiner «Langfristigen Klimastrategie der Schweiz» die Senkung um 50 Prozent zum Ziel gesetzt.

China im Mittelpunkt der Spannungen

Wie immer wird die Schweiz den Vorsitz einer der vier Ländergruppen innehaben. Doch ihr Chefunterhändler, Botschafter Franz Perrez, räumt ein, dass die jüngste Ablehnung des CO2-Gesetzes die Position der Schweiz schwäche, von den anderen Regierungen Anstrengungen zu verlangen.

Die Frage, ob die Staaten gezwungen sein sollen, über die Fortschritte bei der Erreichung ihrer Ziele zu berichten, dürfte umstritten sein. Ab 2023 sollen sie alle fünf Jahre bewertet werden. Im Mittelpunkt der Spannungen steht China, das Kohlenstoffneutralität bis 2060 versprochen hat und Flexibilität wünscht, obwohl die USA betonen, dass dies nicht genüge.

Washington seinerseits wird in Glasgow versuchen, seinen durch den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen unter Präsident Donald Trump angeschlagenen Ruf wiederherzustellen.

Globale Dynamik dank Biden

Die Rückkehr unter Joe Biden habe «eine globale Dynamik ausgelöst und wahrscheinlich einige Länder dazu veranlasst, sich freiwillig ehrgeizigere Klimaziele zu setzen», sagte die Direktorin des Instituts für Umweltwissenschaften der Universität Genf, Géraldine Pflieger, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Es brauche aber noch mehr, so die Forscherin, die der Schweizer Delegation angehören wird. Sie fordert einen konkreten Plan für jedes Land, um die Emissionen bis 2050 zu reduzieren. COP-Präsident Alok Sharma hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga und ihren ruandischen Amtskollegen als Umweltminister beauftragt, einen für beide Seiten akzeptablen Zeitplan für gemeinsame Schritte in den kommenden Jahrzehnten zu finden.

Ein weiteres Problem ist die Frage der Finanzierung zur Unterstützung der Bemühungen der Entwicklungsländer über 2025 hinaus. Trotz ihrer Zusage ist es den reichen Ländern nicht gelungen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zu mobilisieren, weder privat noch öffentlich.

Parmelin und Sommaruga in Glasgow

Vor Glasgow soll der G20-Gipfel, dessen Mitgliedsländer für den Grossteil der Emissionen verantwortlich sind, am Samstag und Sonntag in Italien eine erste Antwort geben. Nach mehr als 600 Millionen Franken, öffentlich und privat, im Jahr 2020 wird die Schweiz bis 2024 bis zu knapp 430 Millionen Franken an öffentlichen Geldern ankündigen.

Aus dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hiess es kürzlich, dass die Schweiz ihren Teil beigetragen habe. Laut einem Bericht steht sie bei den Klimabemühungen, insbesondere bei der Finanzierung, nach Grossbritannien an zweiter Stelle.

Die Schweiz hat sich verpflichtet, sich für ehrgeizige Lösungen einzusetzen. Nachdem Bundespräsident Guy Parmelin am Montag und Dienstag am Gipfeltreffen von über 100 Staats- und Regierungschefs teilgenommen hat, wird Bundesrätin Sommaruga die Schweiz am 10. November vertreten.

Für Bern ist es wichtig, den Beginn eines globalen Handels mit Treibhausgasemissionen zu verhindern. Immer mehr Reduktionen werden im Ausland vorgenommen, um die Anstrengungen im Inland durch finanzielle Kompensationen zu ergänzen. Bern will sich dafür einsetzen, dass sie nicht doppelt gezählt werden. In der Schweiz wird über eine Obergrenze von 25 Prozent diskutiert, die durch eine Regelung abgedeckt werden könnte.

SDA/uri