Ballon-Abschuss China bestellt US-Geschäftsträger ein

dpa

6.2.2023 - 06:50

Der Ballon-Streit belastet das Verhältnis zwischen China und den USA.
Der Ballon-Streit belastet das Verhältnis zwischen China und den USA.
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Vor der Küste South Carolinas bergen die USA Trümmer eines mutmasslichen Spionageballons aus China. Die Teile werden nun ausgewertet. Peking bestellt indes einen amerikanischen Geschäftsträger ein.

6.2.2023 - 06:50

Aus Protest gegen den Abschuss eines mutmasslichen chinesischen Spionageballons durch das US-Militär hat Chinas Aussenministerium den Geschäftsträger der amerikanischen Botschaft in Peking einbestellt. Wie das Aussenamt mitteilte, sagte Vizeaussenminister Xie Feng bei der Begegnung am Sonntag, das Eindringen des Ballons sei nur ein «Unfall» gewesen, der durch «höhere Gewalt» passiert sei. «Die Fakten sind klar und können nicht verdreht werden.»

Trotzdem hätten sich die USA «taub gestellt» und darauf bestanden, «Gewalt gegen ein ziviles Luftschiff zu missbrauchen, das dabei war, den Luftraum der USA zu verlassen». Es sei eine «offensichtliche Überreaktion» gewesen und verletze «den Geist des Völkerrechts und internationale Normen», wurde der Vizeaussenminister zitiert.

Die USA hätten damit die Bemühungen und Fortschritte auf beiden Seiten, die Beziehungen seit dem Treffen von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden im November zu stabilisieren, «ernsthaft beeinträchtigt und beschädigt», sagte Xie Feng nach diesen Angaben.

Die chinesische Regierung werde die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und behalte sich das Recht auf notwendige Reaktionen vor. In einem indirekten Hinweis, der wohl auf etwaige zivile Eigentümer des Ballons schliessen lassen sollte, hiess es in der Mitteilung ferner, die Regierung wolle «die legitimen Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen» wahren.

USA werten Trümmerteile aus

Unterdessen läuft in den USA die Bergung der Trümmerteile. Die Bundespolizei FBI beteilige sich an der Auswertung, berichteten US-Medien übereinstimmend. Die Trümmer lagen nach Pentagon-Angaben rund 11 Kilometer vor der Küste South Carolinas in relativ flachem Wasser.

US-Kampfjets hatten den Ballon am Samstag über dem Atlantik abgeschossen, nachdem das Flugobjekt mehrere Tage über die USA geflogen war. Die USA bezichtigten China der Spionage mit dem Ballon. Peking protestierte gegen die «Überreaktion» und wies die Vorwürfe zurück.

Die USA erhoffen sich von der Auswertung Aufschluss über die technischen Fähigkeiten des Ballons. US-Präsident Joe Biden hatte nach eigenen Angaben bereits am Mittwoch angeordnet, den Ballon «so schnell wie möglich» abzuschiessen. Ein Risiko für die Menschen am Boden sollte aber ausgeschlossen werden, daher sei entschieden worden, das Flugobjekt erst über dem Meer vom Himmel zu holen.

Vorfall sorgt in Deutschland für Beunruhigung

Mehrere US-Republikaner kritisierten Bidens Vorgehen scharf. Senator Thom Tillis aus North Carolina schrieb auf Twitter: «Jetzt, wo diese peinliche Episode vorbei ist, brauchen wir Antworten von der Biden-Regierung über den Entscheidungsprozess. Das kommunistische China durfte tagelang ungehindert die amerikanische Souveränität verletzen. Wir müssen auf künftige Provokationen und Übergriffe Chinas besser vorbereitet sein.» Am 15. Februar soll der Senat in einer geheimen Sitzung unterrichtet werden.

Auch in Deutschland sorgte der Vorfall für Beunruhigung. «Die Bundesregierung nimmt chinesische Spionage und die aktuellen Berichte sehr ernst und stimmt sich mit ihren wichtigsten Partnern ab», hiess es auf Anfrage der «Süddeutschen Zeitung» aus Sicherheitskreisen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin»: «Das beunruhigt uns sehr – auch mich persönlich, weil ich glaube, wir müssen aufpassen, dass nicht hier ein weiterer und grosser internationaler Konflikt entsteht.»

Zuspitzung des Konflikts befürchtet

Der SPD-Aussenpolitiker Michael Roth wertete den Ballon und die aufgeheizte Debatte darüber in den USA als einen «Vorgeschmack auf den sich zuspitzenden Konflikt zwischen China und den USA in den nächsten Jahren». Der Abschuss des Ballons sei richtig gewesen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Biden habe aber unter massivem Druck der Republikaner gestanden, die ihn als aussenpolitisch schwach diskreditieren wollten. Zugleich verfolge Chinas Präsident Xi Jinping seit Jahren eine expansive Aussenpolitik, führte der SPD-Politiker aus. «Das macht das Management der Beziehungen immer schwieriger.»

Der CDU-Aussenpolitiker Norbert Röttgen äusserte die Erwartung, dass der Ballon-Streit das Verhältnis zwischen China und den USA nur kurz belastet. «Aus meiner Sicht handelt es sich um eine chinesische Panne, die gleichwohl eine amerikanische Antwort erforderte», sagte Röttgen dem RND. «Ich gehe aber davon aus, dass beide Seiten sich dadurch nicht länger als nötig von ihrem geplanten Kurs abbringen lassen werden. Und dieser besteht darin, in dem ausgeprägten Machtkampf beider Seiten nicht völlig sprachlos zu sein.»

dpa