Lagebild Ukraine Bachmut, der 24. Februar und Putins Sucht nach Symbolik

Von Philipp Dahm

3.2.2023

Putin – Werden von deutschen Panzern bedroht

Putin – Werden von deutschen Panzern bedroht

Zum 80. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland bei der Schlacht um Stalingrad zog der russische Präsident Putin Parallelen zum heutigen Kampf seines Landes gegen die Ukraine und deren westliche Verbündete. Russland werde mit Sicherheit wie damals siegreich sein, sagt er bei der Veranstaltung am Donnerstag.

03.02.2023

Der Druck auf Bachmut steigt weiter: Wladimir Putin will die Stadt bis zum Jahrestag des Krieges einnehmen, doch die Verluste bleiben dort wie auch in Wuhledar oder Marjinka hoch.

Von Philipp Dahm

3.2.2023

Tag 345 des Krieges steht im Zeichen der kommenden russischen Grossoffensive, vor der die ukrainische Seite immer lauter warnt.

Kiews Militär-Geheimdienst (HUR) will wissen, dass Wladimir Putin die Eroberung der Oblaste Donezk und Luhansk bis zum März befohlen hat. Moskau sammle entsprechend Männer und Material in der Ost-Ukraine, erklärt HUR-Chef Andrij Chernjak der «Kyiv Post».

Der ukrainische Verteidigungsminister spricht nun davon, Russland habe nicht 300'000 Soldaten mobilisiert, sondern 500'000: Putin könnte im Donbass und im Süden «eine zweiachsige Offensive versuchen», sagt Oleksij Resnikow dem französischen Sender BFMTV.

Und weiter: «Wir denken, dass angesichts der Tatsache, dass [die Russen] Symbolik leben, sie um den 24. Februar herum etwas versuchen werden.» Was käme da aus Putins Sicht gelegener als die Einnahme Bachmuts bis zum Jahrestag des Überfalls?

Bachmut wie einst Lyssytschansk und Sjewjerodonezk

Auf den ersten Blick scheint dieser Plan aufzugehen: Russische Truppen schieben sich nördlich und südlich von Bachmut langsam vor. Auch in den östlichen Vororten der Stadt selbst liefern sich die Parteien blutige Häuserkämpfe. Der Druck auf die Festung steigt.

Auf den zweiten Blick erinnert die Lage jedoch ein wenig an die Schlacht um die Doppelstädte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk, die die Kreml-Kräfte zwar einnehmen konnten, dabei aber so viele Verluste hinnehmen mussten, dass sie gezwungen waren, ihre Offensiven temporär einzustellen.

Jetzt zerstören HIMARS-Raketenangriffe Munitionslager und Kasernen hinter der Front, sodass der russischen Artillerie temporär die Geschosse fehlen, um die letzten Nachschubwege nach Bachmut dauerhaft unter Beschuss zu nehmen.

Erneut schwere russische Verluste in Wuhledar

Gleichzeitig kann die ukrainische Infanterie aus erhöhten Positionen in der Stadt und dank natürlicher Hindernisse wie dem Fluss Bachmutske die Angreifer leicht ins Visier nehmen: Um die 900 russische Soldaten will Kiews Armee jeweils in den letzten Tagen ausgeschaltet haben. Unabhängig und visuell bestätigt ist zudem, dass Putin seit Kriegsausbruch mehr als 9000 Fahrzeuge und Waffen verloren hat.

Ein zweiter Brennpunkt, an dem sich russische Truppen aufreiben, ist Wuhledar, das rund 100 Kilometer südwestlich von Bachmut liegt. Putins Soldaten waren hier bereits in den Ostteil der Kleinstadt vorgedrungen, wurden nach einer Gegenoffensive mit Panzern aber wieder vertrieben.

Schwere Kämpfe toben weiterhin um die Stadt Marjinka im Oblast Donezk. «Acht Jahre lang haben [die Ukrainer] sich auf den Krieg vorbereitet», tönt die Propaganda in einem Bericht von RT. «Sie haben Marjinka in eine moderne Festung verwandelt, die fast uneinnehmbar ist. Fast.» Irritierend: Im Video selbst wie auch auf anderen Aufnahmen ist zu sehen, dass verbotene Brandmunition eingesetzt wird – ein Kriegsverbrechen.

Marjinka-Propaganda und Waffen-Update

Doch der russische Soldat, den RT interviewt, behauptet: «Die Zerstörung dieser Gebäude, dieser Stadt ist uns ehrlich gesagt unangenehm. Es tut uns in der Seele weh, aber wir haben keine andere Wahl. Dies ist unser Land. Der Feind hat seine Reserven auf Marjinka geworfen. Sie benutzen ihre Soldaten als Kanonenfutter. Sie schonen kein Leben.»

In Sachen Waffenhilfe gibt es derweil gute Nachrichten für Kiew: Deutschland hat laut «Süddeutscher Zeitung» Hersteller Rheinmetall erlaubt, 88 Leopard-1-Panzer aus Eigenbeständen für 100 Millionen Euro abzugeben. Ausserdem erwägt Berlin demnach, 15 Flakpanzer vom Typ Gepard aus Katar zurückzukaufen, um sie der Ukraine zu überlassen.

Laut dänischer Website «Olfi» will auch Dänemark Wolodymyr Selenskyjs Armee mit Panzern vom Typ Leopard 1A5 unterstützen, die derzeit in Flensburg hinter der deutschen Grenze eingelagert sind. Insgesamt stünden bei der Firma FFG noch 100 der leichten Panzer: Dänemark könnte 20 davon kaufen, wiederherstellen und exportieren.

Kiew kämpft derweil weiter um neue Kampfflugzeuge: «Die Bemühungen, die F-16 zu bekommen, gehen weiter», schreibt Andrij Jermak, Leiter von Selenskyjs Präsidialamt, auf Telegram. «Wir bekommen positive Signale aus Polen, das bereit ist, uns welche in Koordination mit der NATO zu übergeben.» Polen hat übrigens 2022 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Rüstung ausgegeben – ein Rekord innerhalb der NATO.