Kletterverbot Australiens «Heiliger Berg» ist jetzt eine Sperrzone

Von Christoph Sator, dpa

25.10.2019

Touristen dürfen ab sofort nicht mehr auf den Berg klettern. Am Freitag war die letzte Möglichkeit dafür.
Touristen dürfen ab sofort nicht mehr auf den Berg klettern. Am Freitag war die letzte Möglichkeit dafür.
Dpa

Der Uluru ist vermutlich mehr als 500 Millionen Jahre alt. Seit knapp 150 Jahren klettern Touristen hinauf. Damit ist nun Schluss. Auf Bitten der Aborigines-Ureinwohner ist der Aufstieg seit diesem Samstag verboten.

Der Ansturm am Freitag war gross. Ein letztes Mal noch wollten Hunderte Touristen mit Sonnenhüten und Wasserflaschen hinauf auf den riesigen Brocken aus rotem Fels. Der Berg mitten in der australischen Wüste, der zwischendurch einmal Ayers Rock hiess, bis man ihn wieder so nannte wie die Ureinwohner, zog schon immer Menschen aus aller Welt an. Denn in dieser Grösse und dieser Farbe gibt es ihn kein zweites Mal.

Auf Bitten der hiesigen Aborigines, der Anangu, die hier schon seit mehr als 30'000 Jahren zuhause sind, ist der Weg nach oben nun offiziell verboten. Wer sich trotzdem bei einer Kletterei erwischen lässt, muss mindestens 630 australische Dollar (420 Franken) zahlen. Es kann noch deutlich teurer werden, bis hin zu ein paar Monaten im Gefängnis. Mit so etwas spassen die Australier nicht.

Dass das Verbot kommt, steht seit Herbst 2017 fest. Seither laufen die Vorbereitungen. Die letzten Jahre baten die Anangu alle Besucher darum, freiwillig unten zu bleiben. Viele hielten sich daran. Zehntausende machten sich trotzdem auf den anderthalb Kilometer langen Weg nach oben – oft genug in praller Sonne und oft auch mit etwas schlechtem Gewissen. Der 360-Grad-Rundumblick ins Outback war dann aber grandios.

Der Andrang auf den Berg war in den letzten Wochen gross.
Der Andrang auf den Berg war in den letzten Wochen gross.
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Haufenweise Abfall auf dem Unesco-Weltkulturerbe

Parkchef Sammy Wilson, selbst ein Anangu, begründet das Verbot so: «Der Uluru ist für uns ein extrem wichtiger Ort. Kein Spielplatz und auch kein Freizeitpark wie Disneyland.» Wenn es nur das wäre: Trotz aller Schilder und Broschüren lassen Touristen haufenweise ihren Abfall liegen. Mangels Toiletten verrichten manche auf dem Unesco-Weltkulturerbe auch ihre Notdurft.

Solche Zustände gehören nun bald der Vergangenheit an. In den letzten Wochen allerdings war es schlimmer denn je. In der Touristensiedlung Yulara – 18 Kilometer weiter, der einzigen halbwegs in der Nähe – waren die Hotels trotz horrender Preise ausgebucht. Auch der Campingplatz war voll bis auf den letzten Platz.

An manchen Tagen sah es am Uluru nun so aus wie auf dem Foto vom Mount Everest, das im Frühjahr um die Welt ging: eine lange Schlange von Menschen, dicht an dicht. Wie eine riesige Ameisenstrasse. In diesem Jahr rechnen die Tourismusbehörden mit insgesammt 400'000 Besuchern. Zum Vergleich: In der Anfangszeit des Uluru-Tourismus, in den 1950er-Jahren, waren es ein paar Hundert. Nach Alice Springs, in die nächste richtige Stadt, sind es 470 Kilometer.

Verbot bleibt umstritten

Familie Spencer aus Sydney – die Eltern Steve und Janine, drei Kinder zwischen fünf und elf – hat die Strapazen auf der letzten Tour am Freitag trotzdem auf sich genommen. «Das ist ein Stück Australien, das allen gehört», sagt der Vater nach vollbrachter Tat. «Deshalb wollten wir ein letztes Mal alle zusammen da oben stehen.» 

Das Verbot ist umstritten. Viele finden es richtig, endlich den Bitten der Aborigines zu entsprechen. 700'000 Ureinwohner gibt es noch, die im Vergleich zu den restlichen 24 Millionen Australiern vielfach benachteiligt werden. Andere halten die Klettertour für so etwas wie ein Grundrecht für alle Bewohner des fünften Kontinents.

Auch unter den Aborigines sind nicht alle einer Meinung. Wenn man mit Jüngeren spricht, lautet die Antwort häufig: «Ist mir egal.» Der Künstler Billy Cooley, Jahrgang 1952, sagt: «Ich hätte kein Problem damit, wenn der Berg offen bleibt. Die Leute kommen dazu aus aller Welt. Wenn sie heimlich klettern, dann gibt es noch mehr Unfälle.»

Der Berg liegt in der Mitte des Kontinents. Die nächste Stadt – Alice Springs – liegt 470 Kilometer entfernt.
Der Berg liegt in der Mitte des Kontinents. Die nächste Stadt – Alice Springs – liegt 470 Kilometer entfernt.
Dpa

Tatsächlich ist der Uluru trotz seiner bescheidenen Höhe gefährlich. Der Fels ist nicht nur steil, sondern auch extrem glatt. Mindestens 37 Menschen kamen ums Leben. Seit man sich an einer 300 Meter langen Kette nach oben hangeln kann und dadurch auch Halt beim Abstieg hat, sind es weniger geworden. Zuletzt starb im Juli vergangenen Jahres ein 73 Jahre alter Japaner. Vergangene Woche stürzte ein zwölfjähriges Mädchen mehrere Meter nach unten.

Kletterhilfen und Gedenkstätte werden entfernt

Mit dem Kletterverbot enden fast anderthalb Jahrhunderte Geschichte: Der erste Weisse dort oben war wahrscheinlich 1873 der englische Entdecker William Goose. Er benannte ihn nach Sir Henry Ayers, einem ehemaligen Premierminister von South Australia. An diesem Wochenende soll es am Uluru eine feierliche Zeremonie geben, von Aborigines und Weissen gemeinsam. Sicherheitshalber wird auch die Polizei dabei sein.

Nächste Woche wird dann die Kette abgebaut und auch die 138 stählernen Pfosten, die bis zu 30 Zentimeter in den roten Stein gerammt wurden. Die Gedenksteine für die Toten und die Platte, die ganz oben in alle Richtungen weist, werden ebenfalls nach unten geholt. Die Einzigen, die künftig noch klettern dürfen, sind die Anunga selbst. Sie haben dazu eigentlich aber keinen Grund. Ihre heiligen Stätten sind alle unten am Uluru, in der roten Erde.

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