Viele offene Fragen in RusslandFünf Punkte, die beim Moskauer Terroranschlag stutzig machen
Von Philipp Dahm
25.3.2024
Wer sind die Verdächtigen , die im russischen Krasnogorsk gemordet haben sollen?
Wer sind die mutmassliche Täter, die hinter dem Terroranschlag auf die Cocus City Hall stecken? Vier Verdächtige präsentiert die Justiz am 24. März in Moskau: Sie sind offenbar misshandelt worden. Bei Saidakrami Rachabalizoda...
Bild: KEYSTONE
... ist das am eindeutigsten: Dem Tadschiken wurde ein Ohr abgeschnitten, das der Verdächtige essen sollte. Rachabalizoda ist auf einem Video zu sehen, wie er in der Crocus City Hall tötet.
Bild: KEYSTONE
Mukhammadsobir Faizov wurde am 20. Mai 2004 in Tadschikistan geboren. Er lebte in der Stadt Iwanowo, die etwa 250 Kilometer von Russland entfernt liegt. Faizov wird bewusstlos ins Gericht gebracht.
Bild: KEYSTONE
Noch im November hat Faizov bei einem Coiffeur mit Namen «My Style» in Teikowo gearbeitet, das rund 25 Kilometer von Iwanowo entfernt liegt. Am 11. Januar teilte er mit, er habe wegen des niedrigen Lohns gekündigt.
Bild: KEYSTONE
Shamsiddin Fariduni kam am 17. September 1998 zur Welt. Fariduni räumte als Einziger ein, für Geld getötet zu haben: Ein Prediger habe ihm via Telegram 500'000 Rubel versprochen, was 4874 Franken entspricht.
Bild: IMAGO/SNA
Faridouni war vor dem 4. März in die Türkei geflogen – angeblich wegen Dokumenten. Am 7. März soll er ein Konzert in der Crocus City Hall besucht haben.
Bild: IMAGO/SNA
Auch Dalerdzhon Mirzoyev ist auif einem Video beim Töten in Krasnogorsk zu sehen,. Auch ihm steht ins Gesicht geschrieben,...
Bild: KEYSTONE
... dass die Polizei bei der Verhaftung nicht zimperlich vorgegangen ist. Mirzoyev ist 32 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder.
Bild: KEYSTONE
Wer sind die Verdächtigen , die im russischen Krasnogorsk gemordet haben sollen?
Wer sind die mutmassliche Täter, die hinter dem Terroranschlag auf die Cocus City Hall stecken? Vier Verdächtige präsentiert die Justiz am 24. März in Moskau: Sie sind offenbar misshandelt worden. Bei Saidakrami Rachabalizoda...
Bild: KEYSTONE
... ist das am eindeutigsten: Dem Tadschiken wurde ein Ohr abgeschnitten, das der Verdächtige essen sollte. Rachabalizoda ist auf einem Video zu sehen, wie er in der Crocus City Hall tötet.
Bild: KEYSTONE
Mukhammadsobir Faizov wurde am 20. Mai 2004 in Tadschikistan geboren. Er lebte in der Stadt Iwanowo, die etwa 250 Kilometer von Russland entfernt liegt. Faizov wird bewusstlos ins Gericht gebracht.
Bild: KEYSTONE
Noch im November hat Faizov bei einem Coiffeur mit Namen «My Style» in Teikowo gearbeitet, das rund 25 Kilometer von Iwanowo entfernt liegt. Am 11. Januar teilte er mit, er habe wegen des niedrigen Lohns gekündigt.
Bild: KEYSTONE
Shamsiddin Fariduni kam am 17. September 1998 zur Welt. Fariduni räumte als Einziger ein, für Geld getötet zu haben: Ein Prediger habe ihm via Telegram 500'000 Rubel versprochen, was 4874 Franken entspricht.
Bild: IMAGO/SNA
Faridouni war vor dem 4. März in die Türkei geflogen – angeblich wegen Dokumenten. Am 7. März soll er ein Konzert in der Crocus City Hall besucht haben.
Bild: IMAGO/SNA
Auch Dalerdzhon Mirzoyev ist auif einem Video beim Töten in Krasnogorsk zu sehen,. Auch ihm steht ins Gesicht geschrieben,...
Bild: KEYSTONE
... dass die Polizei bei der Verhaftung nicht zimperlich vorgegangen ist. Mirzoyev ist 32 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder.
Bild: KEYSTONE
Mindestens 137 Menschen sind tot – und die vier Täter, die mutmasslich dahinterstecken sollen, gefasst. Doch die ersten Ermittlungsergebnisse werfen ebenso Fragen auf wie die Reaktion des Kremls.
Von Philipp Dahm
25.03.2024, 16:28
26.03.2024, 09:17
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Über die vier mutmasslichen Täter, die am 22. März in einer Konzerthalle in Krasnogorsk 137 Menschen getötet haben sollen, sind nun Details bekannt – siehe obige Bildstrecke.
Es bleiben aber viele Fragen offen: Wo haben die Täter die AK-103-Sturmgewehre her, die angeblich benutzt worden sind?
Die Polizei ist keine drei Kilometer vom Konzertsaal entfernt stationiert: Wieso brauchte sie so lange, um zum Tatort zu kommen?
Warum sind die mutmasslichen Täter in Richtung der ukrainischen Grenze geflohen, wo so viele Soldaten und Polizisten unterwegs waren?
Warum hat Wladimir Putin Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag des «Islamischen Staates Chorasan» (IS-K) ignoriert?
Warum hat der Kreml trotz IS-Bekennerschreiben und -video eine Medienweisung herausgegeben, dass die Ukraine hinter dem Anschlag stecken soll?
Der Terroranschlag auf die Crocus City Hall in Krasnogorsk wirkt nach. Die Attacke auf die Konzerthalle am 22. März fordert mindestens 137 Opfer – darunter auch drei Kinder. Mindestens 182 Personen wurden verletzt.
Immer noch werden 97 Verletzte in Spitälern behandelt: Wie die Leiterin der Gesundheitsverwaltung im Gebiet Moskau, Ljudmila Bolatajewa, heute mitteilt, seien die Patientinnen und Patienten über Kliniken der Hauptstadt und des Moskauer Gebiets verteilt. Die erlittenen Verletzungen seien unterschiedlich schwer.
This is what the aftermath of the terrorist attack at Crocus City Hall in the Moscow Region looks like from a bird's-eye view. pic.twitter.com/oHkE64kRUD
Russlands Präsident Wladimir Putin will mit Blick auf den Anschlag heute über weitere Massnahmen beraten. Gegen Abend sei ein Treffen unter anderem mit Vertretern aus Sicherheitsstrukturen und anderen staatlichen Bereichen angesetzt, kündigt Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge an. Es solle dabei auch um die Frage gehen, mit welchen Leistungen Opfer und ihre Angehörigen unterstützt werden können.
In #Moscow, 700 people were evacuated from the hospital where the victims of the terrorist attack were being treated
Telegram channels close to Russian law enforcers report that the Pirogov National Medical and Surgical Center was informed of a bomb threat.
Drei Tage nach dem Terroranschlag bleiben jedoch viele Fragen offen – auch wenn die russische Justiz vier mutmassliche Täter dem Richter vorgeführt hat, gegen die Haftbefehle erlassen worden sind. Welche fünf Aspekte problematisch sind, liest du im Folgenden nach.
Woher kamen die Waffen?
Die Terroristen hatten vier Kalaschnikow-Sturmgewehre und über 500 Schuss dabei. Es soll sich um die AK-103 handeln, die in Russland bisher nur vom Innenministerium und den Speznas-Spezialeinheiten des Militärnachrichtendienstes GRU verwendet wird. Wenn das zutrifft, stellt sich die Frage, wie die mutmasslichen Terroristen in ihren Besitz gekommen sind.
Je nach Quelle hat es 40 Minuten, 60 Minuten oder gar 77 Minuten gedauert, bis die Einsatzkräfte vor Ort waren, nachdem die Terroristen um 19.55 Uhr Ortszeit in die Konzerthalle eingedrungen waren. Dabei ist das Hauptquartier der Sondereinheit Omon weniger als drei Kilometer von der Crocus City Hall entfernt.
‼️🇷🇺🔥 The setting at Crocus City Hall. They continue to extinguish the fire from a helicopter. A total of 160 tons of water have already been released.
Die Feuerwehr war eher vor Ort, konnte aber wegen fehlenden Polizeischutzes nicht mit dem Löschen beginnen und musste einen Helikopter aufbieten, um zumindest von oben anzufangen, den Brand zu bekämpfen.
Was wollten die mutmasslichen Täter im Westen?
Die vier mutmasslichen Täter sollen in dem Dorf Chatsun im Oblast Brjansk geschnappt worden sein. Es liegt weniger als 110 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.
Nach russischer Darstellung wollten die mutmasslichen Täter in die Ukraine fliehen und seien mithilfe von Agenten aus Belarus dingfest gemacht worden.
The number of people killed in the attack on Crocus City Hall in Moscow has increased to 82, including 3 children, 183 were wounded. In the Bryansk region, a car with allegedly four out of six shooters was stopped. Two were detained and two ran off. They reportedly are from… pic.twitter.com/m51jp9nBur
Doch dieser Fluchtweg passt einfach nicht ins Bild. Denn an der Grenze zur Ukraine wimmelt es von Uniformierten – und je weiter die Gruppe nach Westen gekommen wäre, desto grösser wäre die Wahrscheinlichkeit, an einer Strassensperre rausgewinkt und kontrolliert zu werden.
Warum hat Putin Warnungen nicht ernst genommen?
Beim IS-K steht das K für die historische Provinz Chorasan, die Teile des Irans und Afghanistans umfasst. Die Fanatiker kämpfen einerseits gegen Gruppen wie die Taliban, aber auch gegen «imperiale Grossmächte» wie die USA, China und eben Russland.
⚡️ The ISIS-affiliated channels have published a photo allegedly showing the attackers at Crocus City Hall
The color and cut of the clothes of the men in the photo resemble the attire of the suspected organizers of the attack.
Schon im September 2022 warnt «The Diplomat», ISIS-K habe Moskau ins Visier genommen, nachdem ein Bombenattentat auf die Botschaft in Kabul verübt worden ist. Die Bewegung sei «vehement antirussisch in ihrer Orientierung», hiess es damals. Grund ist die Kremlpolitik in Syrien, Afghanistan und Tschetschenien.
Ende vergangenen Jahres verstärkte die Gruppe ihre Aktivitäten in Europa. Im Dezember wurde in Wien ein Teenager mit Wurzeln in Tadschikistan verhaftet, der angeblich einen Anschlag auf eine Synagoge geplant hatte. Kurz darauf klickten in Deutschland die Handschellen: Ein Tadschike und weitere Verdächtige wurden festgenommen, die Attentate geplant haben sollen.
Just 3 days ago, Putin called warnings of terror attacks "Western blackmail".
In any normal country, such a statement followed by an actual attack resulting in hundreds of victims would have led to an immediate resignation and criminal investigation for failing to carry out the… pic.twitter.com/CcmGxlVVJe
— WarTranslated (Dmitri) (@wartranslated) March 22, 2024
Zuletzt warnten die USA am 7. März US-Bürger in Russland, sie sollten Menschenmengen meiden. Wladimir Putin hat das Ganze als westliche Propaganda abgetan, die seinem Land schaden solle. Dass der 71-Jährige nun dafür kritisiert werden wird, ist indes nicht zu erwarten.
Warum nimmt Moskau trotz IS-Bekenntnis Kiew ins Visier?
Dass Moskau Kiew die Schuld an dem Terroranschlag in die Schuhe schieben will, zeigt sich schon einen Tag später: Da ergeht laut «Meduza» die Weisung an russische Medien, die Ukraine mit der brutalen Attacke in Verbindung zu bringen.
Dem folgen viele russische Medien auch. Flankiert werden die Anschuldigungen mit Vorwürfen, die USA und Grossbritannien hätten Kiew dabei unterstützt.