Shoppen fürs Foto Influencer und Instagram: So gross ist ihre Macht im Modegeschäft

Mara Ittig

8.9.2018

Die Italienerin Chiara Ferragni gehört zu den dicken Fischen im Fashion-Business: Sie hat  fast 15 Millionen Follower auf Instagram.
Die Italienerin Chiara Ferragni gehört zu den dicken Fischen im Fashion-Business: Sie hat  fast 15 Millionen Follower auf Instagram.
Bild: Getty Images

Unter dem Hashtag #OutfitoftheDay oder kurz #OOTD finden sich sagenhafte 200 Millionen Posts auf Instagram. Zu viele, um zu ignorieren, dass in der Modewelt gerade einiges im Umbruch ist. Das soziale Netzwerk hat einen beträchtlichen Einfluss.

Die Modemesse Bread & Butter in Berlin, die eben zu Ende ging, kann zu Recht als Veranstaltung bezeichnet werden, die sich scharf am Puls der Zeit bewegt. Mit grosser Nähe zur Strasse und denjenigen Menschen, die Mode machen und leben.

An der Messe sprachen die Influencer Uglyworldwide, Gully Guy Leo und Emily Oberg über den Einfluss der Plattform auf die Mode. Alle drei posten auf Instagram beinahe täglich Bilder ihrer neusten Looks und inspirieren damit regelmässig andere Menschen, denn sie haben alle zahlreiche Follower.

Die drei betonen, dass es ihnen das soziale Netzwerk überhaupt erst ermöglicht habe, in der Mode Fuss zu fassen. Sie alle sind der Ansicht, dass die Mode heute weniger exklusiv ist – dank Social Media. Und auch vielfältiger.

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

🍓🍋🍐🍒

Ein Beitrag geteilt von Emily 🇨🇦🇵🇭🇸🇪 (@emilyoberg) am

Denn es diktieren keine elitären Modehäuser mehr, was Trend ist, sondern der Trend kommt von der Strasse. So zumindest die idealistische Theorie. In Tat und Wahrheit sind die Labels natürlich immer noch am Drücker. Indem sie Influlencer für ihre Zwecke einspannen, zum Beispiel.

Mode ist demokratischer geworden

Es bleibt eine Tatsache, dass die Modeindustrie sich öffnet, mehr Diversität zulässt: Konsumentinnen wollen nicht mehr die immer selben Models mit identischen Gardemassen in künstlichen Werbewelten sehen. Sie wollen jemanden zum Vorbild haben, mit dem sie eine Verbindung aufbauen können, mit dem sie sich identifizieren können, der ihnen ähnlich ist.

Dass auf Instagram vieles mehr Schein ist denn Sein, scheint dabei vergessen zu gehen. Was man in den Feeds namhafter Influencer sieht, ist das Ergebnis stundenlanger Inszenierung und kein spontaner Schnappschuss. Die Wahrheit wird auch auf Instagram nicht abgebildet. Aber immerhin hat die Inszenierung hier viele Formen, Grössen und Farben.

Das Medium hat mitgeholfen, Mode zu demokratisieren. Nicht nur, dass plötzlich jeder ein bisschen Model sein und sein #OOTD herzeigen kann, auch viel mehr Menschen können an Mode und Trends teilhaben.

Influencer Uglyworldwide sagt dazu: «Früher musste man sich schon für Mode interessieren und sich zum Beispiel am Kiosk die Vogue kaufen, um mitzubekommen, was in war. Das ist heute ganz anders, via Instagram kann jeder an Mode teilnehmen.»

Kaufen, abdrücken, zurückschicken

Damit einher geht ein neues Phänomen: Für die zahlreichen #OutfitoftheDay-Potstings muss ständig neues Material, sprich neue Kleider, neue Accessoires, her. Laut einer Untersuchung des britischen Kreditkartenanbieters Barclaycard bestellt einer von zehn Briten seine Kleider online nur mit dem Zweck, sich darin fotografieren zu lassen. Sobald das Bild gepostet ist, schickt man alles wieder zurück. Kauf auf Rechnung macht's möglich.

Das Phänomen ist inzwschen so populär, dass es sogar einen eigenen Namen hat: «Shop, snap and send back» (kaufen, abdrücken, zurückschicken). Die Flut von neuen Ourtfits, nach denen ein aktiver Social Media Account offenbar verlangt, können sich nur erfolgreiche Influencer wirklich leisten. Die bekommen das Meiste aber ohnehin gratis zugeschickt. 

Ugly Dad Sneaker: So tragen Sie den Trend-Schuh

Überraschend ist dabei, dass mehr Männer als Frauen auf die Strategie setzen. Laut der Umfrage stresst es sie mehr als die Frauen, wenn sie zweimal im selben Outfit zu sehen sind. Am meisten schickt die Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen ihre Outfits wieder zurück, sobald das Foto im Kasten ist.

Dekadente Demokratisierung

Findige Unternehmen haben den Trend erkannt und bieten Designer-Mode zum Mieten an. Auf Seiten wie Rent the Runway kann man Event und Datum eingeben und sieht dann eine Auswahl an Designer-Kleidern, die man für eine Gebühr ausleihen und nach dem Anlass retournieren kann.

Andere Anbieter wie Luxe for Lease haben Abos im Angebot, bei denen man etwa für eine monatliche Gebühr jeden Monat eine bestimmte Anzahl Handtaschen ausleihen kann.

Der Online-Shop Fashion Nova produziert Kleider einzig zum Zweck, auf Social Media einen guten Eindruck zu hinterlassen. Die aktuellen Kollektionen greifen Insta-Trends blitzschnell auf und sind so hergestellt, dass sie höchstens ein- oder zweimal getragen werden können. Der Preis ist entsprechend tief. Zumindest jener für das eigene Portemonnaie

Beim ganzen Hype um immer neue Outfits für immer noch mehr Bilder geht manchmal der Gedanke verloren, dass wir in der Tendenz eher weniger als mehr konsumieren sollten. Billig produzierte Kleidung für eine gelungene Selbstinszenierung zu kaufen und sie danach wegzuwerfen, erscheint einem wie der Gipfel an Dekadenz. Daran kann auch die Demokratisierung der Mode nichts ändern.

Zurück zur Startseite