Kult und SagenSteine – die schönsten Brocken der Schweiz
Von Thomas Widmer
5.5.2019
Keltische Kultsteine, sagenumwobene Findlinge und Steinzeit-Megalithen: In seinem neuen Buch porträtiert Thomas Widmer 101 Steine. Und wie beim Schweizer Wanderpapst nicht anders zu erwarten ist, ergeben sich daraus viele wunderbare Ausflüge.
Das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» hat ihn vor Jahren zum «Schweizer Wanderpapst» ernannt: Thomas Widmer ist jede Woche mindestens einmal irgendwo im Land zu Fuss unterwegs.
Dieser Tage hat Widmer einen weiteren Guide publiziert, der Lust machen will, hinzugehen, zu schauen und zu staunen. Die meisten Touren aus seinem Buch «Hundertundein Stein» sind kurz, also auch für Familien geeignet. Und immer stehen Steine im Zentrum.
Steine, von denen die meisten erstaunlicherweise recht unbekannt sind. Steine, an denen Grausiges passierte. Steine, die in der Urzeit zu kultischen Zwecken aufgestellt wurden. Steine, die von untergegangenen Völkern stammen wie den Lepontiern, die dem grössten Tessiner Tal Leventina den Namen gaben.
Für das neuste Wanderbuch von Widmer hat der Zürcher Fotograf Georg Aerni ausgewählte Steine fotografiert. Die Bilder zu den folgenden sechs Schweizer Brocken stammen von Autor Widmer, es sind seine privaten Schnappschüsse.
Pierre Percée, Courgenay JU
Der «Durchbohrte Stein» etwas ausserhalb des Ajoie-Dorfes Courgenay soll Heilkraft besitzen. Tut einem zum Beispiel der Arm weh, hält man ihn an den Stein, und weg ist der Schmerz. Angeblich. Sicher ist: Der zweieinhalb Meter hohe Kalkklotz stammt aus der Jungsteinzeit, ist rund 5'000 Jahre alt und war ursprünglich eine Grabplatte.
Das Loch gilt als «Seelenloch», durch das die Seelen der Verstorbenen ausfliegen konnten. Dass man ein Dach baute, um die Pierre Percée zu schützen, zeigt die Wertschätzung, die ihr die Jurassier entgegenbringen.
Jungfernstein, Wenslingen BL
Um den Jungfernstein am Eingang zur Ruine Ödenburg auf halbem Weg zwischen Wenslingen und Tecknau ranken sich Sagen. Drei Schwestern sollen in gewissen Nächten nackt in einer nahen Quelle gebadet haben, hört man zum Beispiel. Der Stein trägt den Zweitnamen «Füdlebluttstei».
Eine andere Geschichte behauptet, dass man hier um Mitternacht ein Burgfräulein antreffen kann, das mühelos den schweren Stein mit dem Finger hebt. Dieser Stein ist doch wohl einen Ausflug wert! Legt man Wert auf die Begegnung mit dem Burgfräulein, empfiehlt sich die Mitnahme einer guten Taschenlampe.
Sasso del Diavolo, Sala Capriasca TI
Rund 50 Schälchen sind in diesen Monsterbrocken eingraviert, auch ziehen sich Rinnen über die Oberfläche. Keiner weiss, was dahintersteckt. Hübsch ist die Geschichte vom Goldschatz, der unter dem Stein liegen soll.
Der Teufel, der ihn versteckt hat, gibt ihn frei unter folgenden drei Bedingungen: Man muss pünktlich um Mitternacht erscheinen, satanische Verse rezitieren und nach jedem Vers ein Kleidungsstück ausziehen bis zur totalen Nacktheit.
Zwei mutige Männer aus dem nahen Dorf wagten sich vor langer Zeit an die Unternehmung. Doch während sie sich auszogen und die Verse sprachen, begann die Erde immer mehr zu zittern. Die Männer flohen und wurden, weil sie bloss noch Unterhosen trugen, im Dorf zum Gespött. Der Schatz wäre noch da.
Blutstein, Ins BE
Ins im Seeland ist jederzeit einen Dorfrundgang wert, die vielen alten Häuser bezaubern. Vor dem Restaurant Frohheim steht der Blutstein. Seinen Rotstich soll er von Menschenblut haben. 850 nämlich traf hier der Bischof David von Lausanne auf seinen ewigen Widersacher, einen Aargauer Grafen.
Der Bischof war ein übler Haudegen, ein Rohling im Priestergewand. Als der Kampf losging, liess ihn seine Eskorte im Stich. Das Duell hinterliess am Ende nur Verlierer: Beide Kontrahenten starben. Wie heisst es in der Bibel: «Wer zum Schwert greift, soll durch das Schwert umkommen.»
Chindlistein, Heiden AR
Chindlisteine gibt es mancherorts im Land. Stets sind sie mit der Vorstellung verbunden, dass Frauen, die keine Kinder bekommen konnten, den Stein aufsuchten, um fruchtbar zu werden. Sie mussten dazu mit nacktem Hintern über den Stein rutschen. Der Chindlistein bei der einsamen Flur Raspeln hat tatsächlich eine lange Rinne.
An ihm trafen sich – so eine zweite Legende –, in früheren Zeiten die Ausgestossenen und Armen, um kurz mal der strengen Aufsicht des Pfarrers zu entkommen; um zu tanzen, zu trinken, zu schäkern.
Was diesen Chindlistein besonders macht, ist jedenfalls seine Riesenhaftigkeit: Er ist so hoch wie ein Haus und wirkt, als seien drei, vier Champignons aus Stein ineinander gequetscht.
Römersäulen, Julier-Passhöhe GR
Die alten Römer haben die grossen Fernstrassen begründet, effiziente Verbindungen über den Kontinent. Auch über den Julier legten sie eine Piste. Oben auf dem Scheitelpunkt bauten sie einen kleinen Tempel. Grabungen förderten zwei Stücke einer lebensgrossen Marmorstatue zutage, einen rechten Oberarm und ein linkes Knie.
Die zwei Säulen, die heute noch vor Ort zu sehen sind und auf der Passhöhe links und rechts die moderne Strasse säumen, sind ebenfalls Hinterlassenschaften der Römer. Was wäre die Schweiz ohne sie! Der Transit: eine Errungenschaft der Antike.
Der 2502 Meter hohe Säntis ist eingebettet in einer der schönsten Naturkulissen Europas.
Bild: Säntis
Wer von Nesslau aus die Schwägalpstrasse hochfährt, fühlt sich bei Ennetbühl plötzlich wie im Film; grasüberwachsene Hügel erinnern an das Hobbitland aus «Herr der Ringe».
Bild: zVg
Die Kurve vor Hemberg seit dem 10. Juni 2017 weltberühmt. Das ist dem britischen «Top Gear»-Moderator Richard Hammond zu verdanken. Dieser kriegte dort die Kurve nicht.
Bild: zVg
Nicht immer sind es Kühe und Ziegen, die auf der Schwägalpstrasse den Verkehr behindern – manchmal ist auch Werner Stauffacher mit seiner Postkutsche unterwegs.
Bild: zVg
Sehnsuchtsort mit besten Aussichten: Der Speer ist 1951 Meter hoch.
Bild: zVg
Was braucht die Schweiz ein Legoland oder einen Europapark? Sie hat doch die Schwägalp.
Bild: zVg
Der Säntis ist ein multifunktionaler Hotspot: Wetterstation, Leuchtturm, Schwebebahnstation, Kommunikationsberg, Dorf und Aussichtsberg.
Bild: zVg
Rund um den Gipfel vereinen sich viele Gegensätze – schroffe Felswände, tiefblaue Seen, liebliche Hügellandschaften.
Bild: Keystone
Neben einem Perspektivenwechsel bietet der Baumwipfelpfad in Mogelsberg durch seine verschiedenen Wald-Stockwerke auch viel Informatives.
Bild: zVg
Wer ins Ofenloch will, muss die richtige Jahreszeit wählen. Am besten den Sommer, wenn das Bachbett des Neckers fast ausgetrocknet ist.
Bild: zVg
Zwei Wanderer geniessen die Aussicht auf dem 2502 Meter hohen Säntis.
Bild: Keystone
Die Szene aus einer Werbung für Appenzeller Käse ist lustig -– und trumpft mit einer atemberaubenden Landschaft auf. Die Bank, auf der das kurze Schauspiel stattfindet, wird beim Dreh jeweils am Fählensee aufgestellt.
Bild: zVg
Der Weg zum Glandenstein hinter dem Hotel Hof Weissbad ist eine Sackgasse, die im «End der Wölt» im Geröll des Weissbaches endet – ideal zum Flanieren und Verweilen.
Bild: zVg
Einer der aufregensten Instagram-Hotspost überhaupt: die Saxer Lücke. Man erreicht sie via Bollenwees oder von der Staubern her.
Bild: zVg
Am geografisch tiefsten Punkt des Kantons Appenzell Innerrhoden, wo die Sitter und der Rotbach zusammenfliessen, hat sich eine Naturbadewanne gebildet. «Strom» heisst der Ort
Bild: zVg
Schon mancher Wanderer hat sich erstaunt die Augen gerieben, als er hinter der Gross Gerstengschwend in Urnäsch in einer Waldlichtung auf den Alten Bahnhof Waldstatt gestossen ist.
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