Auch in der Schweiz Auch Schweizer Orte: Zum Touristen-Magnet dank Instagram

Mara Ittig

13.8.2018

Instagram machte diesen Pool mit Ausblick berühmt: Blick von der Villa Honegg auf den Vierwaldstättersee.
Instagram machte diesen Pool mit Ausblick berühmt: Blick von der Villa Honegg auf den Vierwaldstättersee.
Bild: Swiss Image

Kürzlich wurde eine kanadische Sonnenblumenfarm von der Polizei geschlossen, weil sich zu viele Hobbyfotografen in den Blumen tummelten. Auch andere Orte werden Opfer eines Insta-Hypes.

Auf der Jagd nach dem besten Instagram-Bild hat eine Fotografenschar am letzten Juli-Wochenende die Sonnenblumenfarm Bogle Seeds im Osten Kanadas gestürmt. Dabei haben sie offenbar ein derart grosses Chaos angerichtet, dass die örtliche Polizei die Betreiber dazu nötigte, die Farm zu schliessen. 

Bereits seit dem 20. Juli war es Fotografen auf der Jagd nach instatauglichen Motiven gestattet, gegen ein kleines Entgelt, inmitten der Felder Bilder zu schiessen. Doch nachdem ein Sonnenblumen-Bild der reichweitenstarken Influencerin fruitypoppin über 200'000 Likes erhielt, ging das Chaos erst richtig los. 

«Ich kann es nur wie eine Zombie-Apokalypse beschreiben», wird der Sohn der Farmerfamilie in einem Bericht der kanadischen Tageszeitung «The Globe and Mail» zitiert. Hunderte Fotografen sollen die Felder gestürmt, Chaos angerichtet haben und sich auch nicht durch die Inhaber zur Räson bringen lassen.

Zeitweise sollen über 7'000 Fahrzeuge auf der Suche nach einem Parkplatz die umliegenden Strassen verstopft haben. Wer schon einmal an einem schönen Herbstwochenende der Juckerfarm im Zürcher Oberland einen Besuch abstatten wollte, kann sich das Ausmass wohl immer noch kaum ausmalen.

Die Besitzer der Sonnenblumenfarm Bogle Seeds sind allerdings zuversichtlich, dass sich die Lage bald beruhigen wird, denn: Die Blumen verblühen schon bald. Dann wird der Hype von alleine abebben. Andernorts kehrt aber nicht so schnell Ruhe ein. 

Auch Orte in der Schweiz sind betroffen. Die Villa Honegg ob Ennetbürgen erlebte 2016 ebenfalls einen durch Instragram geschaffenen Hype. Nachdem die Brasilianische Reise-Bloggerin Fabiana Gama auf Instagram ein Videos aus dem Pool der Innerschweizer Hotels veröffentlichte, explodierten die Buchungen. 

Instagram entscheidet über Reisepläne

Wer durch ihr Profil scrollt, sieht rasch: Gama stattete auch dem Berggasthaus Äscher-Wildkirchli einen Besuch ab. Das Restaurant unterhalb der Ebenalp im Kanton Appenzell Innerrhoden hat eine ganz ähnliche Geschichte:

Seit Hollywood-Schauspieler Ashton Kutcher auf seinem Facebook-Profil vom Ort schwärmte und das renommierte Magazin «National Geographic» das Bild des Äschers auf die Frontseite eines Buches mit dem Namen «Places of a Lifetime» hievte, hat sich der Ort für Besucher aus Asien und den USA zu einem ähnlichen Hotsopt entwickelt wie das Matterhorn oder die Stadt Luzern. Durch Instagram zum Tourismus-Magneten.

Hat seine Berühmtheit der pittoresken Lage zu verdanken. Und dem Internet. Das Berggasthaus Aescher-Wildkirchli.
Hat seine Berühmtheit der pittoresken Lage zu verdanken. Und dem Internet. Das Berggasthaus Aescher-Wildkirchli.
Getty Images

Längst werden Blogger und Influencer durch Tourismus-Destinationen gezielt eingeladen, um das Destination-Marketing mit ihren Posts zu unterstützen. Denn diese Art von Werbung wirkt authentischer und erreicht das angestrebte Publikum viel gezielter. Das hat sich natürlich herumgesprochen: Inzwischen gehen auch Hotels Sozial-Media-Profis gezielt an, um die eigene Bekanntheit zu erhöhen.

Und die Strategie geht auf. Was die Marketing-Verantwortlichen sicherlich freut, hat auch Schattenseiten. Einzelne Ortschaften sind dem Ansturm nicht gewachsen. Und durch den viralen Charakter sozialer Medien gerät die Situation immer wieder ausser Kontrolle.

In Zeiten von Overtourism sind solche Hypes nicht unproblematisch. Zu viele Besucher in kurzer Zeit schaden den meisten Destinationen mehr als sie nützen. Auch weil die Regionen so kaum die  Chance haben, organisch zu wachsen und die Infrastruktur entsprechend auf den Ansturm auszulegen. Die Folgen sind zum Teil fatal: Vom Verkehrschaos bis über die Umweltverschmutzung ist alles mit dabei. 

Es gibt keine Geheimtipps mehr

Laut einer inoffiziellen Umfrage auf Instagram wählt die Hälfte der Befragten ihre Feriendestination inzwischen nach deren «Instagrammability» aus. Natürlich ist die Umfrage nur beschränkt aussagekräftig, denn wer auf Instagram an einer Umfrage teilnimmt, räumt der Plattform ohnehin eine gewisse Bedeutung ein.

Immer mehr Reiseführer geben Tipps für die besten Insta-Retsaurants, -Hotels oder -Destinationen. Wer bei Google nach «Most Instagrammable Places» sucht, erhält über 1 Million Treffer. Man kann die Suche beliebig verfeinern, die Trefferquote bleibt hoch.

Überraschend sind die Ergebnisse nicht: Meistens handelt es sich dabei um bekannte Sehenswürdigkeiten wie den Canal Grande oder den Eiffelturm. Aber auch eher unbekannte Orte wie der Sigiriya Rock in Sri Lanka landen in den Top Ten. 

Schweizer Sehenswürdigkeiten

In der Schweiz sind laut dem Reisemagazin «True Routes» übrigens folgende Sehenswürdigkeiten am besten für das Selfie auf Instagram geeignet:

  • Das Matterhorn (der Gipfel wird als «the Toblerone Mountain» bezeichnet)
  • Blausee
  • Luzern
  • Interlaken
  • Lavaux
  • Lauterbrunnen
  • Titlis
  • Gornergrat
  • Zürich (vorallen die Trams haben es der Redaktion angetan)
  • Lugano
  • Pilatus
  • Zertmatt
  • Zürichs Altstadt

Viele Reisende der Generation Millenials wollen ihre Ferien offenbar nur noch an Plätzen verbringen, an denen sich auch ansehnliche Schnappschüsse für die Daheimgebliebenen (und die eigene Eitelkeit) machen lassen.

Wer sich an einem vermeintlich unbekannten Bijou von einer Horde mit Selfiestick bewehrten Hobby-Fotografen an den Rand gedrängt fühlt, weiss: Geheimtipps gibt es in Zeiten von Social Media nicht mehr. Das ist auf der einen Seite extrem schade, weil es viele Orten ihren Zauber nimmt. Das Phänomen verhilft uns auf der anderen Seite dazu, selber das eine oder andere Juwel zu entdecken.

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