Kolumne am Mittag Lady Diana – bittere Tränen um das beliebteste Covergirl der Welt

Von Bruno Bötschi

1.7.2021

Diana im Oktober 1985 mit ihren Söhnen William (Mitte) und Harry am Klavier im Kensington Palace.
Diana im Oktober 1985 mit ihren Söhnen William (Mitte) und Harry am Klavier im Kensington Palace.
Bild: Tim Graham Photo Library via Getty Images

Mit dem Unfalltod von Prinzessin Diana, die heute 60 geworden wäre, ist es wie mit dem 11. September 2001: Du weisst, was du an diesem Tag gemacht hast. Auch der Kolumnist erinnert sich an den 31. August 1997.

Von Bruno Bötschi

«Diana was the very essence of compassion, of duty, of style, of beauty. All over the world, she was a symbol of selfless humanity … Someone with a natural nobility who was classless ...»

Earl Spencer, Bruder von Diana, in seiner Trauerrede.

Strassenlärm weckt mich an diesem Sonntag im Hotel in Barcelona viel zu früh. Warum ich an an jenem Morgen des 31. August 1997 den Fernseher einschalte, statt mich nochmals aufs Ohr zu legen, kann ich heute nicht mehr so genau sagen.

Schlaftrunken zappe ich durch die Kanäle, bis ich bei einem ägyptischen TV-Sender hängen bleibe. Er zeigt die Hochzeit von Charles und Diana vom Sommer 1981. Warum, frage ich mich, zeigen die das gerade jetzt?

Jesses, hat Diana etwa wieder «Ja» gesagt? Sie wird doch nicht ihren Lebensgefährten Dodi Al-Fayed heiraten – den ägyptischen Milliardärs-Sohn, den sie erst seit Kurzem kennt?

Diana eroberte die Herzen von Millionen, sie war reich und berühmt – aber das private Glück hat sie wohl nicht gefunden, zumindest nicht in der Ehe mit Prinz Charles.
Diana eroberte die Herzen von Millionen, sie war reich und berühmt – aber das private Glück hat sie wohl nicht gefunden, zumindest nicht in der Ehe mit Prinz Charles.
Bild: Getty Images

Weil ich des Arabischen nicht mächtig bin, wechsle ich nach einigen Minuten auf den Kanal der «BBC» . Sekunden später kullern mir vor dem Fernsehgerät Tränen über das Gesicht.

«Diana, Princess of Wales, died after a car crash in Paris», teilt der TV-Moderator mit ernster Miene mit. Ich bekomme Hühnerhaut, mein Magen verkrampft sich. Es fühlt sich unwirklich an.

Bin ich überhaupt richtig wach? Hört dieser Alptraum irgendwann auf?

Tage später werde ich mich für meine Trauer schämen und ich tue es, ehrlich gesagt, auch heute noch. Warum berührt mich der Tod dieser «Prinzessin der Herzen» derart stark?

Im Grunde genommen weiss ich es selbst: Vielen anderen ging es nämlich auch so. Aber warum weine ich bei Diana, und bei einem Kollegen aus dem Sportverein, der Jahre zuvor mit seinem Motorrad tödlich verunglückt war, weine ich nicht? Ich verstehe es nicht. 

Die Welt in kollektiver Trauer

Diana war eine inspirierende Figur. 16 Jahre lang haben wir alle zugesehen, wie sich die meistfotografierte Person der Welt von einer schüchternen, jungen Frau in eine schöne und kultivierte Prinzessin verwandelt. Viele denken damals, ein Märchen sei wahr geworden.

Beigesetzt wurde Diana in Althorpe auf dem Landsitz ihrer Familie, auf einem Inselchen im Weiher des Anwesens. Für Aussenstehende ist der Ort unerreichbar.
Beigesetzt wurde Diana in Althorpe auf dem Landsitz ihrer Familie, auf einem Inselchen im Weiher des Anwesens. Für Aussenstehende ist der Ort unerreichbar.
Bild: AFP via Getty Images

Heute wissen wir: Diana eroberte die Herzen von Millionen, sie war reich und berühmt – aber das private Glück hat sie wohl nicht gefunden. Zumindest nicht in der Ehe mit Prinz Charles.

Der 31. August, der Todestag von Diana, war ein Tag, der nicht nur das Königreich verändert hat. Es schien, als verfalle die ganze Welt in kollektive Trauer. Eine Trauer, die zumindest medial nie da gewesene Dimensionen erreichte.

Ich glaubte damals sogar, die britische Monarchie gerate ins Wanken, weil sich Queen Elizabeth II. in Unentschlossenheit verfing, die sich aus Trauer, Protokoll und Sorge um die beiden Enkel William und Harry speiste, und in der Öffentlichkeit vor allem herzlos rüberkam.

Die Bilder von der Trauerfeier in der Westminster Abbey, die am Samstag 6. September 1997 von London aus um die Welt gehen, schreiben Zeitgeschichte – und rühren die Herzen von Millionen, vielleicht sogar Milliarden von Menschen.

Als ich kurz vor Beginn der TV-Übertragung noch schnell meine Wochenend-Einkäufe erledige, ist sogar hierzulande, also in der Schweiz, eine bleierne Leere zu spüren, und es sind kaum Menschen in den Läden zu sehen.

Der tödliche Unfall von Lady Diana während der Verfolgung durch Paparazzi war der schreckliche Tiefpunkt einer unverschämten Jagd nach Promi-Fotos: Die Prinzessin 1997 unterwegs in der Öffentlichkeit in London.
Der tödliche Unfall von Lady Diana während der Verfolgung durch Paparazzi war der schreckliche Tiefpunkt einer unverschämten Jagd nach Promi-Fotos: Die Prinzessin 1997 unterwegs in der Öffentlichkeit in London.
Bild: Getty Images

Ich sitze an diesem Nachmittag zum Glück allein vor dem Fernsehgerät und bin traurig, sehr traurig. Noch heute, wenn ich Elton Johns «Candle in the Wind» höre, das er an Dianas Beerdigung unter Verwendung eines eigens zu diesem Anlass geschriebenen neuen Textes sang, bekomme ich Hühnerhaut.

Verfolgt bis in den Tod

Der tödliche Unfall von Diana während der Verfolgung durch Paparazzi ist der schreckliche Tiefpunkt einer unverschämten Jagd nach Promi-Fotos. Ich habe mich in den vergangenen Jahren immer wieder gefragt:

Wie wäre es weitergegangen, wenn Lady Diana nicht so früh gestorben wäre? Hätten die Medien die Hetzjagd einfach immer weiter und weitergetrieben?

Ich weiss es nicht. 

Was ich weiss: Beigesetzt wurde Diana in Althorpe, auf dem Landsitz ihrer Familie, auf einem Inselchen im Weiher des Anwesens. Für Aussenstehende ist der Ort unerreichbar. Zumindest nach ihrem Tod soll Diana vor der Öffentlichkeit geschützt bleiben.

Und das ist gut so.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.