Serie: Anna Maier trifftEnrique Steiger: «Man muss wohl etwas gestört sein, wenn man bleibt»
Anna Maier
1.2.2019
Seit bald 30 Jahren steht der Zürcher Arzt Enrique Steiger mehrere Wochen im Jahr für Kriegsverletzte im Einsatz. Und fast ebenso lange kämpft er dafür, dass Hilfskräften bewaffnete Schutztruppen zur Seite gestellt werden. Nun entsteht nach seiner Idee ein humanitärer Hub für Krisengebiete.
Er irritiert. Nur schon wegen seines Berufes und seiner Berufung. Schönheitschirurg und Kriegschirurg, das passt auf den ersten Blick einfach nicht zusammen. Schubladisierung funktioniert bei ihm aber schlecht, muss ich merken. Denn Vorurteile seziert er gründlich. Ohne viele Worte.
Ich besuche Enrique Steiger in seiner Zürcher Hochglanzpraxis. Sein «Doppelleben», zwischen der High Society hier und den Kriegsversehrten da (oder in Schlagzeilen: «Zwischen Glamour und Granaten», «Zwischen Botox und Bomben», «Zwischen Hollywood und Afghanistan»), interessiert mich.
Warum reist ein erfolgsverwöhnter Schönheitschirurg, der sich unbesorgt zurücklehnen und selbstzufrieden auf seine Erfolge im Leben schauen könnte, an Orte, wo man nur mit viel Glück überlebt? Im Gespräch merke ich, dass die beschriebene Bedrohungssituation nicht mal übertrieben, sondern für die meist westlichen Hilfskräfte trauriger Alltag ist in den Kriegsgebieten dieser Welt, die die meisten von uns nur aus grosser Distanz und durch die Augen der Medien kennen.
Fehlende Wertschätzung
Ich versuche zu verstehen. Der Sohn einer Argentinierin und eines Schweizers, behütet aufgewachsen in der Heimat seines Vaters, flickt an der Front unentgeltlich Verletzte zusammen – und erhält dafür häufig nicht mal Wertschätzung: «Undankbarkeit, Unwille, Bösartigkeit, Gier, Hass – man ist mit sehr viel Negativität konfrontiert. Die Frustrationstoleranz muss enorm hoch sein.»
All dies hält ihn offensichtlich aber nicht davon ab, immer wieder loszuziehen in die Krisenherde der Welt: «Es ist ein Pflichtgefühl, ein Virus, das ich in mir trage, das mich zwingt, den Koffer zu packen und in einem kleinen, schmuddeligen, gottverlassenen Ort aus dem Helikopter zu steigen, mit dem Jeep ins Nirgendwo zu fahren, um Menschen zu helfen, die sich gegenseitig vernichten wollen.»
Steigers «andere Welt» ist das totale Kontrastprogramm zu seinem gewohnten Schweizer Alltag: Ein schäbiges Lazarett, Autobatterien, die für Operationen angezapft werden, pausenloser Einsatz, dass erschöpft nur ein paar wenige Stunden Schlaf drin liegen – manchmal gar unter dem OP-Tisch.
Pass und Geld im Schuh
Hunderte verstümmelte Leichen musste der Arzt bei seinen Einsätzen sehen. Auch wie seine Patienten und Mitarbeiter massakriert wurden. Seither trägt Steiger Pass und Geld stets auf sich, in den Schuhen versteckt, um jederzeit einen Fluchtversuch starten zu können. Viele seiner Kollegen reisten resigniert ab, «weil sie ein gut funktionierendes Gehirn haben und eine gut eingestellte Risikoanalyse. Man muss wohl etwas gestört sein, wenn man bleibt.»
Es bleibt häufig nur ein kleines Kernteam: «Es kam schon vor, dass wir Patienten, sobald sie geheilt waren, als Krankenpfleger einsetzen mussten, oder wir liessen Angehörige im Operationssaal assistieren.» Solche Situationen führten letztendlich dazu, seinen langjährigen Plan – die Forderung nach bewaffneten Schutztruppen für Hilfskräfte – in ein Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekt umzuwandeln.
Mit der ursprünglichen Idee weibelte er zwar bis in den Bundesrat. Aber trotz seiner Glaubwürdigkeit und seinem immensen Netzwerk biss er damit bisher auf Granit. Offenbar scheint es unvorstellbar, dass ein IKRK die neutrale Grundhaltung mit Waffen zu schützen versucht – trotz der akuten Bedrohungslage für die Mitarbeiter.
Einheimische Ärzte ausbilden
Nun arbeitet Steiger mit seiner Stiftung Swisscross also an einem humanitären Hub in Kriegsgebieten. «Wir haben ein Konzept entwickelt mit einem Spital, welches von einer humanitären Hilfsorganisation finanziert wird. Zusammen mit der Amerikanischen Universität von Beirut können wir Medizinpersonal in einem akademischen Umfeld ausbilden. Ärzte, die mit der Sprache und Kultur vertraut sind. Sie wissen genau, wie sie sich verhalten müssen.»
Patienten selektioniert Steiger in diesen Tagen wieder, in Flüchtlingszentren und Grenzgebieten. Ziel ist, dass in spätestens fünf Jahren der Einsatz an der Front primär von Einheimischen geleistet wird. Er und seine Kollegen werden bei Bedarf jederzeit unterstützend zur Seite stehen: «Mit einer sicheren App, die ermöglicht, dass die neuausgebildeten Ärzte uns vom Feld aus Bilder der Patienten schicken und wir sie bei Unklarheiten instruieren können. Handys funktionieren interessanterweise überall, in jedem Krieg.»
Und wieder irritiert Steiger. Denn meine Frage, ob er sich mit bald 60 Jahren und dieser aufgegleisten Nachfolgeregelung von der Front zurückziehen wird, verneint er wehement: «Ich möchte mich nicht davonstehlen und sicher auch die nächsten 10 Jahre im Einsatz sein.» Auch wenn dies sein Todesurteil bedeuten könnte? «Dessen sind wir uns alle bewusst», sagt er in seiner ihm eigenen ruhigen, sachlichen, überlegten Art.
«Hardcore-Humanitärer» nennt er sich selber. Keiner, der sich um das «Warum» zu kümmern scheint, sondern vielmehr um das «Wie».
Das ausführliche Interview mit Enrique Steiger lesen Sie hier: KeinHochglanzmagazin.
Anna Maier ist seit über 20 Jahren als Journalistin tätig und in der Schweiz vor allem durch ihre Tätigkeiten bei Radio und Fernsehen bekannt. Seit Anfang 2018 betreibt sie ihr eigenes Online-Magazin www.keinhochglanzmagazin.com mit Fokus auf Menschen mit aussergewöhnlichen Lebensgeschichten.
Evakuierungsaktion bei der Seilbahn Lungern-Turren in Lungern im Kanton Obwalden: Wegen einer technischen Panne mussten rund 27 Personen mit dem Helikopter gerettet werden.
Bild: KEYSTONE
Zu zweit durch dick und dünn – und durch heiss und eiskalt: Dieses Liebespaar sprang am Valentinstag in Hamburg ins kalte Wasser.
Bild: Georg Wendt/dpa
Fasnächtliche und farbenfrohe Puppen zieren das Dorf Seelisberg im Kanton Uri über die Fasnachtstage. Die Fasnacht 2021 ist im Kanton Uri aufgrund der Corona-Ppandemie praktisch verboten, es duerfen maximal nur 5 Personen unterwegs sein, aber als einer der wenigen Kantone ist in Uri das Spielen von Musikinstrumenten erlaubt. (13.02.2021)
Bild: KEYSTONE/Urs Flueeler
Die Pandabären-Geschwister Paule (r) und Pit (l) spielen in ihrem Gehege im Zoo Berlin im Schnee. (13.02.2021)
Bild: Kira Hofmann/dpa-Zentralbild/dpa
Halb Euroopa friert. Diese Heidschnucken in Braunschweig jedoch lassen sich von den frostigen Temperaturen nicht beeindrucken. (13.02.2021)
Bild: Stefan Jaitner/dpa
Sahara-Sand färbt Schnee und Himmel orange im Skigebiet Anzère in der Schweiz.
Bild: Keystone/Laurent Gillieron
Menschen drängen sich in der Einkaufsstrasse Via del Corso in Rom nachdem die Corona-Massnahmen gelockert wurden.
Bild: Cecilia Fabiano/dpa
Irgendwo dort versteckt sich die A7: Nahe Hannover herrscht dichtes Schneetreiben auf der Autobahn.
Bild: Julian Stratenschulte/dpa
Eine Replik der Saffa-Schnecke fotografiert vor der Schweizer Nationalbank während einer Jubiläumsaktion organisiert von Bern Welcome, zu 50 Jahren Frauenstimm- und -wahlrecht. (06.02.2021)
Bild: Anthony Anex/Keystone
Ein Porträt von Elisabeth Vischer-Alioth wartet darauf, an eine Hauswand geklebt zu werden, während der Vorbereitungen zur Ausstellung «Hommage 2021: Porträts von mutigen Frauen in der Berner Altstadt». (06.02.2021)
Bild: Anthony Anex/Keystone
Abgeschirmte Speisekuppel. So geht es auch. Im israelischen Jerusalem speisen Restaurantbesucher abgeschirmt von anderen Gästen in einer Kuppel. Israel plant trotz anhaltend hoher Infektionszahlen erste Lockerungen einleiten. (06.02.2021)
Bild: Muammar Awad/XinHua/dpa
Ein überfluteter Platz beim Flussufer in Saint-Ursanne. Der Fluss Doubs trat nach starken Regenfällen über die Ufer. (31.1.2021)
Bild: Keystone
Während einer Demonstration gegen die Inhaftierung von Kremlkritiker Nawalny führen russische Polizisten einen Mann ab. (31.1.2021)
Bild: Aleksander Khitrov/AP/dpa
Imposante Kulisse: In Los Angeles können sich die Menschen unter anderem auf dem Parkplatz des Dodger Stadium gegen Corona impfen lassen. (31.1.2021)
Bild: Damian Dovarganes/AP/dpa
Mehr als zwei Kilometer durch den eiskalten Bodensee: Der Extremschwimmer Paul Bieber hat mit seinem Versuch den deutschen Rekord im Distanz-Eisschwimmen gebrochen. Der 37-Jährige schwamm bei unter fünf Grad Wassertemperatur 2210 Meter weit. 43,03 Minuten brauchte er dafür. (30.1.2021)
Bild: Felix Kästle/dpa
Gleich zwei Mal binnen 48 Stunden gab es in Raron im Kanton Wallis infolge der Schlechtwettersituation in den letzten Tagen Felsstürze. (30.1.2021)
Bild: KEYSTONE/Laurent Gillieron
Vor einem pittoresken Wolkenhimmel zeigt Max Ross auf einer Slackline im Hillcrest Park im kalifornischen Fullerton sein Können. (30.1.2021)
Bild: Mark Rightmire/The Orange County Register/dpa
Ein internationales Forscherteam hat auf Madagaskar eine neue Chamäleonart entdeckt, bei der das Männchen lediglich 13,5 Millimeter lang ist. Obwohl das männliche Tier das kleinste unter rund 11‘050 Reptilienarten ist, verfügt es in Relation zur Körpergrösse über die die grössten Genitalien. Der Grund: Eine erfolgreiche Paarung mit den bedeutend grösseren Weibchen wäre sonst nicht möglich. (28.1.2021)
Bild: Frank Glaw/SNSB-ZSM/dpa
Und dann hatte Hamburg eine Mülldeponie mehr: Im Stadtteil Norderstedt der Hansestadt türmt sich in einem Gewerbegebiet bis zu sechs Meter Müll wie Bauschutt, Teerpappe, Dämmstoffe, Asbest und anderes. Der Unternehmer, der dort bestimmte Stoffe nur zwischenlagern durfte, ist verschwunden. Die Staatsanwaltschaft sucht nun nach ihm. (27.1.2021)
Bild: Christian Charisius/dpa
«Minor Canyon»: Schwere Regenfälle haben im kalifornischen Monterey County zu Schlammlawinen, Überschwemmungen und zu dieser beeindruckenden Mini-Schlucht geführt. (28.1.2021)
Bild: Noah Berger/AP/dpa
Gedenken: Die New Yorker Verkehrsbetriebe ehren 136 Mitarbeiter, die am Coronavirus gestorben sind, mit einer digitalen Gedenkstätte an 107 U-Bahn-Stationen – wie hier in der Moynihan Train Hall im New Yorker Stadtteil Manhattan. (29.1.2021)
Bild: John Minchillo/AP/dpa
Schlange an der Notaufnahme: Rettungssanitäter warten vor dem Santa Maria Krankenhaus in Lissabon, um Covid-19-Patienten zu übergeben. Portugal gehört momentan zu den Ländern mit den weltweit höchsten Neuinfektionszahlen im Verhältnis zur Einwohnerzahl. (28.1.2021)
Bild: Armando Franca/AP/dpa
Feuer an der Tankstelle: Die deutsche Rastanlage Hunsrück Ost an der Autobahn A61 ist einer nur knapp einer Katastrophe entgangen, nachdem hier ein Kleintransporter beim Betanken in Vollbrand geriet. Erst die Feuerwehr konnte das Feuer löschen – zuvor hatte der Kassier allerdings richtig reagiert und per Notschalter die ganze Tankanlage ausser Betrieb genommen. (28.1.2021)
Bild: Keystone
Strand ohne Leben: Ein Bademeister arbeitet am leeren Strand von Palma auf Mallorca. Derzeit gibt es Corona-bedingt kaum Touristen auf der Ferieninsel. (28.1.2021)
Bild: Mar Granel Palou/dpa
Da kann man auch grosse Augen machen: Auf einer österreichischen Landstrasse ist eine Waldohreule mit einem Auto zusammengestossen. Der Vogel überstand den Crash mit dem Bruch eines Flügels und wird derzeit auf einer Greifvogelstation aufgepäppelt. (28.1.2021)
Bild: APA/Keystone
Phantompatienten: An der Universität Leipzig warten Dummys mit einem Metallkopf, in den künstliche Gebisse hineingeschraubt werden können, auf Zahnmedizinstudenten. (28.1.2021)
Bild: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Winston hat das Coronavirus besiegt: Der Gorilla erholt sich im Zoo von San Diego nach einer umfangreichen medikamentösen Behandlung von einem schweren Verlauf seiner Corona-Infektion. Bei dem 48-jährigen Silberrücken Winston waren im Zuge der Infektion eine Lungenentzündung und Herzprobleme aufgetreten. Er wurde daraufhin mit einer Antikörper-Therapie, Herzmedikamenten und Antibiotika behandelt. (26.1.2021)
Bild: Ken Bohn/San Diego Zoo Global/dpa
Auf glühenden Kohlen: Ein Mann produziert im Gaza-Streifen beim dort grössten Produzenten Holzkohle. Als bestes und teuerstes Holz für diesen Zweck gilt das von Zitrusbäumen, aber auch das von Olivenbäumen wird gerne verwendet. (26.1.2021)
Bild: Keystone
Von Ruhe auf einer Parkbank kann hier nicht die Rede sein: Möwen und Tauben schwirren und fliegen um eine Frau in Tokio umher. (26.1.2021)
Bild: Eugene Hoshiko/AP/dpa
Schnack beim Snack: Fischer Willy Rivas scherzt im peruanischen Lima mit einem Freund beim Essen in der Fischerbucht in Chorrillos. (26.1.2021)
Bild: Rodrigo Abd/AP/dpa
Banger Blick zum Horizont: Ein freiwilliger Helfer benutzt sein Walkie-Talkie, während er den Vulkan Mount Merapi während einer Eruption überwacht. Der Vulkan, der als einer der gefährlichsten der Welt gilt, ist erneut ausgebrochen und spukte mehrere Stunden glühende Asche und Gestein. (27.1.2021)
Bild: Slamet Riyadi/AP/dpa
Stausee verkommt zu «fliessenden Müllhalde: Ein Mann geht an Tonnen von Müll vorbei, die am Fusse des Wasserkraftwerks am Potpecko-Stausee in Serbien schwimmen. Vor allem Plastikabfälle gelangen durch Nebenflüsse in den Stausee und sammeln sich hier an. Eine serbische Zeitung schrieb bereits von einer «fliessenden Müllhalde». (26.1.2021)
Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa
Dickschädeltest: Stirn an Stirn messen zwei Rinder im deutschen Naturschutzgebiet Boberger Niederung ihre Kräfte. (25.1.2021)
Bild: Daniel Bockwoldt/dpa
Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Bild: Kapo TG
Opfer der Zerstörungswut: Ein Mann räumt in einem Fast-Food-Restaurant in Rotterdam auf. Die Niederlande sind erneut von sogenannten Corona-Krawallen erfasst worden. Hunderte gewaltbereite Jugendliche hatten nach Polizeiangaben in mehreren Städten randaliert und dabei auch die Polizei angegriffen. (25.1.2021)
Bild: Peter Dejong/AP/dpa
Auf den Hund gekommen: Vierbeiner der Indian Railway Protection Force zeigen anlässlich des indischen Nationalfeiertags ihre Kunststückchen.
Bild: KEYSTONE
Galionsfigur mit Kettensäge: Im ungarischen Szilvásvárad streckt sich ein Feuerwehrmann auf dem Dach eines Zugs, um einen Ast abzusägen, der unter der Schneelast heruntergebrochen ist und die Bahnstrecke blockiert. (25.1.2021)
Bild: Keystone
Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Bild: Bruna Prado/AP/dpa
Himmlische Hilfe: Feuerwehrfrau Tegan Rayner von der Belair Brigade CFS freut sich über den Regen, während sie nach Löscharbeiten der Buschbrände in Cherry Gardens in der Nähe von Adelaide, Australien, steht. (25.1.2021)
Bild: Brenton Edwards/ADELAIDE ADVERTISER/AAP/dpa
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