Krümel-BeziehungenKrümel-Beziehungen: Manchmal ist es besser, einfach zu gehen
Sabine Maurer, dpa
15.5.2019
Wer zu lange in einer schlechten Beziehung bleibt, verpasst so manches Glück. Zwar ist die Angst vor dem Absprung meist gross, doch sicher ist: Dauerhaft geht es nach einer Trennung keinem schlecht.
Trennungen haben einen schlechten Ruf. Schliesslich tun sie weh. Familien und Freundeskreise brechen auseinander, das Leben wird umgekrempelt, die Stabilität ist erstmal weg. Doch Experten sagen: Trennungen können sich lohnen. Und sie plädieren gegen das viel zu lange Aushalten in einer Beziehung. «Es ist schliessich alles eine Frage des Blickwinkels», sagt die Paartherapeutin Nadja von Saldern – sie hat zu diesem Thema ein Buch mit dem Titel «Glücklich getrennt» geschrieben.
Denn in einer Trennung liegen auch Chancen. Man kann sich weiterentwickeln, sich um sich selbst kümmern, das eigene Leben gerät wieder in den Fokus. Man muss sich nicht mehr streiten und leidet auch nicht mehr an dem Verhalten des Partners. «Wer sich aus einer destruktiven Beziehung verabschiedet, spürt nach einer Trennung oft eine grosse Erleichterung», berichtet von Saldern.
In solchen Beziehungen hat sich viel Aggression und Wut angestaut. «Es wird gelogen, beleidigt, verletzt. Man steht permanent unter Strom», sagt Beziehungscoach Sandra Hinte. Und das macht krank. Man findet nachts keine Ruhe mehr, der Kopf schmerzt, der Rücken ist verspannt.
«Manchmal sollte man einfach gehen»
Weniger Schaden nehmen zwar Paare, die in einer Art Wohngemeinschaft nebeneinanderher leben. «Krümel-Beziehungen» sagt Hinte hierzu. Denn man bekäme dabei immer nur Krümel und nie die ganze Torte. «Da muss man sich schon fragen, wie authentisch man noch ist und welche Bedürfnisse man permanent unterdrückt.» Auf diese Art verbaue man sich selbst die Chance, in einer erfüllten Partnerschaft mit Nähe und Sexualität zu leben.
So berichtet die Buchautorin Heike Blümner («Schluss jetzt») von der Begegnung mit älteren Menschen, die sich heute fragen, warum sie sich nicht oder wenigstens nicht viel früher getrennt haben. Sie trauern der vergeudeten Lebenszeit nach. «Manchmal sollte man einfach gehen», so das Fazit von Blümner.
Am Anfang, wenn die ersten Gedanken an eine Trennung aufkommen, kann eine Art Tagebuch helfen. Hier kann man eintragen, wann es einem in der Beziehung gut und schlecht geht. Zudem sollte man sich Gedanken machen, wenn man immer wieder über Kleinigkeiten streitet. Denn oft ist dies ein Ventil, um den Ärger über ganz andere, viel grössere Konflikte abzulassen. Weitere Fragen, die man sich stellen sollte: Was sind meine Denk- und Verhaltensmuster? Was könnte ich in der Beziehung falsch gemacht haben? Und wie könnte es besser laufen?
Die Angst vor Einsamkeit ist gross
Man sollte natürlich das Gespräch mit dem Partner suchen. So hat man die Chance, sich zusammen zu entwickeln – vielleicht mit Hilfe eines Coaches oder Therapeuten. Nutzt dies alles nichts und es kommt zur Trennung, hat dieses viele Nachdenken und Reden auch einen grossen Vorteil. «Man kann sich selbst sagen, dass man alles versucht hat. Das mindert oder verhindert sogar Schuldgefühle», so Hinte.
Doch negative Gefühle werden natürlich bei und nach der Trennung kommen. Am häufigsten ist die Angst vor der Einsamkeit, auch Selbstzweifel stellen sich oft ein. Je besser der frisch Getrennte damit umgehen kann, umso schneller wird er mit seiner neu gewonnenen Autonomie glücklich und zufrieden werden.
Das gilt auch für denjenigen, der verlassen wurde. Zwar bricht für ihn erst einmal die Welt zusammen. Er fühlt sich, als würde er ertrinken. «Doch irgendwann gerät er auf Grund, stösst sich ab und kommt wieder nach oben», beschreibt es von Saldern. «Und zwar als sehr lebenstüchtiger Mensch.» Das dauert allerdings, vor einem Jahr ist mit einer solchen seelischen Rundumerneuerung nicht zu rechnen.
Niemand sagt: «Es war ein Fehler»
Sicher ist auf jeden Fall: Niemandem geht es nach einer Trennung für immer schlecht. «Ich kenne keinen, der gesagt hätte: «Es war ein Riesenfehler», sagt Blümner. Wie man eine Trennung verkraftet, hängt auch stark davon ab, wie diese verlaufen ist. Allerdings sind friedliche und vernünftige Trennungen eher selten. Meist dreht wenigstens einer der beiden zumindest zeitweise durch.
Der Verlassene verwechselt vielleicht seine Verlustangst mit Liebe und umschmeichelt den Partner – und wird kurz darauf wütend und ausfallend. Es wird gedroht, zum Beispiel, dass der andere die Kinder nicht mehr sehen darf. «Das Problem ist, dass auch der andere, der eigentlich gehen will, oft nicht klar bleibt», erklärt von Saldern. Er macht die wechselnden Gefühlsausbrüche seines Partners mit, auch wegen seiner eigenen Unsicherheit. Die Angelegenheit wird dadurch immer destruktiver.
Wer sich wenigstens einigermassen vernünftig trennen will, sollte daher möglichst klar in seinen Aussagen und Zielen bleiben. «Man sollte sich auf sich selbst konzentrieren und nicht aus der Fassung bringen lassen. Auch, wenn es schwer ist», so Blümner. Sie rät zudem, sich bei guten Freunden seelische Unterstützung zu holen.
Vermieden werden sollte dagegen auf jeden Fall der umgehende Gang zum Rechtsanwalt. Wenn dieser erstmal seinen Job getan und einen wenig freundlichen Brief an «die Gegenseite» geschrieben hat, ist dies ist der sicherste Weg zum Rosenkrieg.
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