Leben mit dem Virus X Hochzeitsplanerin: «Bisher will nur ein Paar im Mai heiraten»

Aufgezeichnet von Sulamith Ehrensperger

30.4.2020

Heiraten im Schatten der Corona-Krise. Brautpaare müssen sich nun die Frage stellen: trotzdem heiraten oder das Jawort auf nächstes Jahr verschieben?
Heiraten im Schatten der Corona-Krise. Brautpaare müssen sich nun die Frage stellen: trotzdem heiraten oder das Jawort auf nächstes Jahr verschieben?
Bild: Getty Images

Jawort mit Maske? Heirat ohne Gäste? Die Krise wirft die Hochzeitspläne etlicher Paare durcheinander – und auch den Arbeitsalltag von Hochzeitsplanerin Evelyne Schärer. Sie bangt um ihre Existenz.

In einer Artikelserie lässt «Bluewin» Menschen über ihren Corona-Alltag erzählen. Heute ist es Hochzeitsplanerin Evelyne Schärer

«Ich bin die wohl einzige Vollzeit-Hochzeitsplanerin der Schweiz. Und im Moment stehe ich wegen Corona ganz ohne Hochzeiten da. Gestern wurde eine Hochzeit abgesagt, weitere sind verschoben auf nächstes Jahr. Ob es meine Firma im nächsten Jahr noch gibt, steht in den Sternen.



Bisher will nur ein Paar im Mai trotz Lockdown heiraten. Alle anderen haben Standesamt und Feier verschoben. Fast 80 Prozent meiner Hochzeiten fanden die letzten zwei Jahre in Italien statt. Auch Anfragen aus Österreich, USA und Kanada bleiben aus, ebenso solche für das nächste Jahr.

Das ist auch das, was mir am meisten zusetzt. Nicht, wie die meisten vermuten, dass der Hochzeitsmonat Mai ins Wasser fällt, sondern dass ich keine neuen Anfragen erhalte. Weil zu Weihnachten und Silvester die meisten Anträge gemacht werden, läuft normalerweise von Mitte Januar bis Ende März mein Telefon heiss.

Evelyne Schärer war erst in der Modewelt zu Hause, bevor sie 2004 ihre Agentur Perfect Day gründete. Die Zürcher Wedding-Planerin hat bereits über 400 Hochzeiten ausgerichtet.
Evelyne Schärer war erst in der Modewelt zu Hause, bevor sie 2004 ihre Agentur Perfect Day gründete. Die Zürcher Wedding-Planerin hat bereits über 400 Hochzeiten ausgerichtet.
Bild: zVg

Ja, ich war auch mal verheiratet, jetzt bin ich alleinlebend und alleinverdienend. Nach meiner Scheidung war es hart, aber ich war bisher nie auf Geld von anderen angewiesen. Mit Hochzeitenplanen habe ich mir meine eigenen Brötchen verdient. Nun kommt Ende Monat kein Lohn mehr auf mein Konto. Mir tut das richtig weh – es geht um meine Existenz.

Meine Hoffnung liegt auf dem Herbst: Im August und September stehen die meisten Hochzeiten in meiner Agenda. Ob diese so stattfinden können, wie ich sie mit den Brautpaaren plane, weiss aber niemand. Grosses Glück hatte ich bisher mit den Hochzeiten, die wegen des Corona-Stillstands verschoben werden mussten. Bis auf mikrokleine Ausnahmen zeigten sich die Dienstleister, etwa Restaurants oder Locations, bei den Absagen sehr kulant. Und dies, obwohl die meisten wegen dem Lockdown hart zu beissen haben.



Ich wollte stets die Expertin für Hochzeiten werden. Dass ich vor 16 Jahren den Weg zur Hochzeitsplanerin eingeschlagen habe, war mehr ein Zufall. Ich hatte riesiges Glück, und meine Firma lief vom ersten Tag an gut. Ich wollte mich von den Teilzeit-Planern unterscheiden, mein komplettes Leben als Hochzeitsplanerin finanzieren. Meine Berufung ist ein Risiko, ich weiss, denn es gibt kaum jemanden, der von Hochzeiten leben kann.

Doch ich denke oft: Jetzt haben die Leute doch Zeit, sich um ihre Liebe zu kümmern. Warum sich nicht Gedanken über einen romantischen Hochzeitsantrag machen oder das eigene Hochzeitsfest so zu planen, wie man es sich wünscht? Denn Hochzeitsplaner haben nun Zeit, sich um zukünftige «schönste Tage» zu kümmern. Die jetzige Krise könnte auch eine Chance fürs Liebesleben sein.

Wissen Sie, die Erfahrungen zeigen, dass nach jeder Wirtschaftskrise mehr geheiratet wird. Wahrscheinlich, weil man sich darauf besinnt, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich bleibe also zuversichtlich – und lebe den ganzen Tag lang für die Liebe.»

Serie zum Thema «Leben mit dem Virus»

Wie tickt die Schweiz in Zeiten von Corona? In einer Artikelserie lässt «Bluewin» Menschen über ihren neuen Alltag erzählen. Die Porträtierten kommen aus unterschiedlichen Berufen und schildern ihre eigenen Herausforderungen wie Chancen, die die Krise mit sich bringt.

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