Kolumne Eventisierung – warum kann eine Badi nicht einfach nur eine Badi sein?

Von Marianne Siegenthaler

27.7.2020

Wenn die Kolumnistin in die Badi kommt, um zu schwimmen, will sie den knappen Platz nicht mit Restaurantbesuchern und Partyvolk teilen. (Symbolbild)
Wenn die Kolumnistin in die Badi kommt, um zu schwimmen, will sie den knappen Platz nicht mit Restaurantbesuchern und Partyvolk teilen. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Partys, Kino, Konzerte, Food und Drinks – die Eventisierung des öffentlichen Raums ist nicht zu stoppen. Mancherorts wäre weniger aber mehr. In der Badi zum Beispiel, findet die Kolumnistin.

Open-Air-Kino, Konzerte, Disco, Barbecues oder Technoparty – der öffentliche Raum wird mehr und mehr zur Eventzone. Und diese Entwicklung macht leider auch vor den ganz normalen Badis nicht halt.

Wo einst ein Kiosk mit Glacé, Schleckstängel und Pommes Chips zur Verköstigung ausgereicht hat, steht heute ein Restaurant. Verschiedene Menüs, Bier, Wein und natürlich Pommes frites sind im Angebot. Und Letztere riechen die ersten Schwimmer lange vor dem Zmittag, weil schon mal die Fritteuse eingeheizt wird.

Die Idee dahinter: Es soll den Besucherinnen und Besuchern nicht nur ein Mehrwert geboten werden, nein, es sollen noch mehr Leute angelockt werden. Auch solche, die gar nicht baden wollen.

Bequem sitzen möchten die aber schon. Darum steht überall Restaurant-Mobiliar herum, die Liegewiese fürs Badetüchli wird kleiner und kleiner, die wuchtigen Loungen für die Apéro-Szene dafür umso grösser.

Badegäste müssen draussen bleiben

Manche freut es, manche weniger. Wer in die Badeanstalt kommt, um da zu schwimmen, will den knappen Platz nicht mit Restaurantbesuchern und Partyvolk teilen. Oder grad ganz aufs Baden verzichten. Wenn beispielsweise die Badi für eine Technoparty vermietet wird, wie das am Zürichseeufer schon mehrmals vorgekommen ist.



Konkret heisst das, dass die Badegäste draussen bleiben müssen, damit das Jungvolk lautstark abfeiern kann. Und tags darauf zeugen auch noch allerhand Überreste wie Joint-Stummel und ähnliches vom ausgiebigen Feiern.

Das kommt bei vielen Menschen gar nicht gut an. Bei mir auch nicht. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Kino, Konzerte, Apéros, Restaurantbesuch und andere Events gehören dazu und hübschen den Alltag auf.

Doch muss das wirklich in der Badi stattfinden? Umso mehr, als beispielsweise an der erwähnten Technoparty das Baden strikt verboten war? Ich finde nicht.

Frittenölgeruch und Plastikpalmen

Kommt dazu, dass gerade in den gemeindeeigenen Badeanstalten keine Notwendigkeit besteht, mit allerhand Attraktionen wie «L’heure bleue», Sonntags-Brunch, Badenixen-Show und so weiter noch mehr Leute anzulocken.

Rund um den Zürichsee sind die öffentlichen Seezugänge rar, an schönen Tagen sind die Badis pumpenvoll. Und ausserhalb der Badi-Rush-Hours geniessen Wasserratten wie ich einen Schwumm im schönen Zürichsee – gerne auch ohne Frittenölgeruch, Musikberieselung, künstlichen Deko-Palmen und hässlichen Loungemöbeln.

Zur Autorin: Marianne Siegenthaler ist freie Journalistin und Buchautorin. Wenn sie grad mal nicht am Schreiben ist, verbringt sie ihre Zeit am liebsten im, am und auf dem Zürichsee.

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