Gesunde ErnährungMilch – zu Recht ein umstrittenes Lebensmittel?
Von Mara Ittig
11.6.2019
Milchprodukte galten lange Zeit als wichtiger Lieferant von Kalzium und Eiweiss, doch sie sind zunehmend in Verruf geraten. Wie gesund ist Milch denn nun? Eine Expertin erklärt's.
73 Liter Milch konsumieren wir in der Schweiz im Durchschnitt pro Jahr. Das vielfältige Produkt steht hierzulande zweifelsohne weiterhin hoch im Kurs. Doch auch in der Schweiz sind pflanzliche Alternativen auf dem Vormarsch: Der Umsatz von Soja-, Reis-, Mandelmilch und weiteren pflanzlichen Alternativen stieg in den letzten fünf Jahren um rund 20 Prozent. Der Konsum von Milch hingegen ist leicht rückläufig.
Lange Jahre galt Milch als wichtiger Nährstofflieferant und durfte in keiner ausgewogenen Ernährung fehlen. Doch immer wieder tauchen Studien und Meldungen auf, die den gesundheitlichen Nutzen des Getränkes und der Produkte, die daraus entstehen, in Frage stellen.
Eine kürzlich veröffentlichte deutsche Studie etwa äussert den Verdacht, dass bestimmte Bestandteile von Milch Krebs verursachen können. Die Forscher fanden in Kuhmilch und in Rindfleisch bislang unbekannte Erreger, von denen Gefahr für den Menschen ausgehen könnte. Die sogenannten Bovine Meat and Milk Factors (BMMF) stehen im Verdacht, chronische Entzündungen zu verursachen, die wiederum ein höheres Risiko für Dickdarm- und möglicherweise auch für Brust- und Prostatakrebs zur Folge haben.
Die Thesen zu einer krebserregenden oder krebsfördernden Wirkung einzelner Milchbestandteile stehen jedoch auf unsicheren Beinen. Weitere Forschung ist notwendig, um die Datenlage zu verbessern und zuverlässige Ergebnisse zu erzielen.
Verschleimt Milch den Körper?
Milch steht auch immer wieder im Ruf, den Körper zu verschleimen und entzündliche Prozesse im Körper zu begünstigen. Daneben führen auch ethische und ökologische Überlegungen dazu, auf Milchprodukte zu verzichten.
Milch versorgt den menschlichen Körper jedoch auch mit wertvollen Nährstoffen wie Kalzium, Vitamin D und B2 sowie Eiweiss: Kalzium ist wichtig für den Aufbau und den Erhalt der Knochenmasse, aber auch für gesunde Zähne. Das darin enthaltene Milcheiweiss ähnelt in seiner Zusammensetzung den Eiweissbausteinen im menschlichen Körper und kann so besonders gut verwertet werden. Aus diesem Grund empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE täglich drei Portionen Milch oder Milchprodukte.
Wie gesund ist das Lebensmittel nun wirklich? Wir haben bei Stéphanie Bieler von der SGE nachgefragt.
Frau Bieler, Milch ist in den letzten Jahren etwas in Verruf geraten. Neue Studien wollen einen Zusammenhang zwischen Krebs und dem Konsum von Milch gefunden haben. Was ist da dran?
Es gibt unzählige Untersuchungen zu den verschiedenen Inhaltsstoffen der Milch. Dabei stehen Inhaltsstoffe mit präventiver Wirkung auf diverse Erkrankungen genauso im Fokus wie potenziell negative Effekte auf die Gesundheit. Diese Studien sind von ganz unterschiedlicher Qualität und Aussagekraft. Aktuell ist davon auszugehen, dass Milch und Milchprodukte, wenn man sie im Rahmen der Verzehrsempfehlungen zu sich nimmt, ein sicheres und wertvolles Lebensmittel sind.
Muss man zwischen Milch und Milchprodukten wie Joghurt oder Käse unterscheiden?
Bezüglich ihrer Inhaltsstoffe unterscheiden sich diese Produkte ein wenig. Jedoch sind alle, im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung konsumiert, wertvolle Lebensmittel.
Wenn ich keine Allergien habe: Gibt es – ausser ökologischen und ethischen Motiven – einen Grund auf Milch(-Produkte) zu verzichten?
Nein.
Was sind die gesundheitlichen Vorteile von Milch? Kann ich diese durch pflanzliche Alternativen ersetzen?
Milch enthält ein breites Spektrum an Nährstoffen. In unseren Breitengraden tragen Milch und Milchprodukte wesentlich zur Versorgung mit Protein und Kalzium bei. Einen identischen Ersatz gibt es nicht, relativ nah kommt jedoch ein mit Kalzium angereicherter Sojadrink. Wer Milchprodukte aus seiner Ernährung streicht, muss darauf achten, dass er die darin enthaltenen Nährstoffe aus anderen Quellen bezieht. Für Kalzium kommen neben einem angereicherten Sojadrink beispielsweise auch kalziumreiches Mineralwasser oder grünes Blattgemüse in Frage.
Wenn ich nun auf pflanzliche Alternativen umsteige, was muss ich beachten?
Achten Sie darauf, dass der Pflanzendrink mit Kalzium angereichert ist. Ausserdem enthalten manche Produkte relativ viel Zucker. Bevorzugen Sie ungezuckerte Varianten.
Immer wieder hört und liest man, Milch verschleime den Körper und begünstige die Entstehung von Entzündungen. Was sagen Sie dazu?
Diese beiden Aussagen konnten im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen nicht bestätigt werden.
Wenn Sie eine grundsätzliche Empfehlung abgeben können: Milchprodukte ja oder nein? Ja.
Milchprodukte sind umstritten: Dabei vertragen sie die allermeisten Menschen hierzulande gut. Und sie sind ein wichtiger Kalzium-Lieferant.
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«Wenn man Milch verträgt, soll man sie trinken, sofern man sie mag.»
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Da können Ersatzprodukte wie Soja nicht mithalten.
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Was ist mit den verteufelten Kohlenhydraten? Braucht unser Körper - etwa auch um den Stoffwechsel am Laufen zu halten.
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Schweizer essen deutlich zu viel Fleisch. Es ist sinnvoll, verschiedene Fleischsorten und alle Teile des Tieres zu essen.
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Obst und Gemüse tun uns gut und sollten in der täglichen Ernährung eine wichtige Rolle spielen.
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Sätze wie «Jetzt iss deinen Spinat, das ist gut für dich» konditionieren ein Kind. Es lernt, dass alles, was gesund ist, nicht schmeckt.
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Beatrice Conrad hält wenig davon, Kindern Süsses zu verbieten: «Allerdings sollen Kinder lernen, dass Süssigkeiten Genussmittel sind und nicht Mahlzeiten ersetzen.»
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Muttermilch ist das erste, was wir zu uns nehmen. Und die ist süss. Dass wir Süsses mögen liegt in unserer Natur.
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Süssgetränke sieht die Ernährungsberaterin problematisch - vorwiegend wegen der grossen Menge an Zucker, die sie enthalten.
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Beatrice Conrad rät, öfters mal aufs Baucahgefühl zu hören. Doch viele Menschen hätten das verlernt.
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Wir bewegen uns zu wenig. Viele versuchen den Bewegungsmangel mit dem Verzicht auf Kohlenhydrate zu komnepsieren. Keine gute Idee.
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Diäten: Auf Dauer sind sie kaum durchzuhalten und führen so am Ende zu einer Gewichtszunahme.
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Die Paleo-Diät, die auf viel Fleisch und Gemüse setzt, sieht sie hingegen kritisch: «Als ganzheitlich denkender Mensch gibt mir das wirklich zu denken. Was passiert, wenn die Weltbevölkerung kein Getreide mehr isst? Was hat eine so immense Fleischproduktion für Folgen?»
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Statt konsequent auf Bio zu setzen: Regional und saisonal einkaufen.
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Fettiges darf ruhig auch mal sein. «Ich glaube nicht, dass man Pommes Frites anders zubereiten sollte, damit sie gesünder werden. Eher sollten wir den Konsum dosieren.»
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Gemeinsame Mahlzeiten im Sitzen eingenommen - drei mal täglich: Das würde Beatrice Conrad zufolge schon viel helfen, um sich gesund zu ernähren.
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Gerade ältere Menschen hätten oft ein besseres Gefühl dafür, wie sich eine ausgewogene Mahlzeit zusammensetzt.
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