Trend zur Flasche Wie gesund ist Mineralwasser?

Christina Sticht, dpa/bb

30.10.2018

Die Statistik bestätigt den Trend zum Wasser aus der Flasche: 1998 wurden in der Schweiz 680 Millionen Liter Mineralwasser verbraucht.
Die Statistik bestätigt den Trend zum Wasser aus der Flasche: 1998 wurden in der Schweiz 680 Millionen Liter Mineralwasser verbraucht.
Bild: Keystone

Erwachsene sollten jeden Tag rund 1,5 Liter Wasser trinken. Sollte man einfach den Wasserhahn aufdrehen oder Mineralwasser kaufen? In Deutschland geht seit kurzem das Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser der Frage nach, wie Nährstoffe aus diesen Quellen im Körper aufgenommen werden.

Mineralwasser ist beliebt. Viele Menschen nehmen das Schleppen von Harassen aus dem Supermarkt in Kauf, obwohl Hahnenburger in der Schweiz ohne Bedenken trinkbar und zudem eine kostensparende, umweltschonende Alternative ist.

Die Statistik bestätigt den Trend zum Wasser aus der Flasche: 1998 wurden hierzulande 680 Millionen Liter Mineralwasser verbraucht. 2017 waren es bereits 977 Millionen Liter.

Der Hitzesommer 2018 steigerte den Wasserverbrauch. Teilweise wurden sogar Sonderschichten eingelegt, um die Nachfrage zu bedienen, berichtet etwa der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM).

Kompetenzzentrum gegründet

Mit der Wirkung verschiedener Mineralwassertypen auf die Gesundheit beschäftigen sich Wissenschaftler in dem vor einem Jahr gegründeten Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser (KMH) an der Leibniz Universität Hannover.

Die Einrichtung am Institut für Lebenswissenschaft und Humanernährung wird vom VDM gefördert. Das Zentrum sei in seiner Zielsetzung einmalig, sagt VDM-Geschäftsführer Udo Kremer. Vergleichbare Institute im Ausland seien ihm nicht bekannt.

Heike Kohrs (rechts), Chemisch Technische Assistentin, und Inga Schneider, Projektleiterin, arbeiten im Labor im Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser an der Leibniz Universität.
Heike Kohrs (rechts), Chemisch Technische Assistentin, und Inga Schneider, Projektleiterin, arbeiten im Labor im Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser an der Leibniz Universität.
Bild: Keystone

«Wir arbeiten inhaltlich völlig unabhängig und ergebnisoffen»,  sagt Projektleiterin Inga Schneider. «Das Thema Mineral- und Heilwasser wurde bisher wissenschaftlich kaum beachtet», sagt der verantwortliche Professor Andreas Hahn, der die Idee zur Gründung des Kompetenzzentrums hatte.

Studie zur Bioverfügbarkeit von Calcium

So entstanden bereits zwei Studien zur Bioverfügbarkeit von Calcium beziehungsweise Magnesium. «Beide Nährstoffe werden genauso gut durch Mineralwasser aufgenommen wie durch Milch oder Nahrungsergänzungsmittel», berichtet Schneider. Andere Stoffe im Wasser wie Sulfat oder Hydrogencarbonat behinderten ihre Aufnahme nicht.

Für die Untersuchungen hatten insgesamt mehr als 40 Freiwillige in regelmässigen Abständen nach dem Verzehr von drei Mineralwassertypen beziehungsweise Milch oder Vitaminpillen Blut- und Urinproben abgegeben.

Calcium wirkt sich positiv auf den Knochenaufbau aus, Magnesium ist wichtig für die Funktion von Muskeln, Herz, Magen-Darm-Trakt sowie für die Nervenweiterleitung. Die Forscher haben Ideen für weitere Studien, etwa zu Wasser und Sport oder Wasser und Diabetes. Neben Schneider und Hahn arbeiten zwei wissenschaftliche Hilfskräfte sowie eine Doktorandin am KMH.

Ein Wassersommelier giesst Mineralwasser zur Geschmacksprobe in ein Glas.
Ein Wassersommelier giesst Mineralwasser zur Geschmacksprobe in ein Glas.
Source: Keystone

In der Doktorarbeit wird hydrogencarbonatreiches Mineralwasser untersucht. 120 gesunde Männer und Frauen erhielten vier Wochen lang einen von vier verschiedenen Wassertypen. Nach ersten Ergebnissen gibt es laut Schneider positive Effekte auf den Säure-Basen-Haushalt. Demnach könnte hydrogencarbonatreiches Mineralwasser Nierensteinen vorbeugen. Auch der mögliche Einfluss auf die Knochen werde untersucht.

Ein gutes, kalorienarmes Getränk

Aus Sicht von Konsumschützern empfiehlt sich Mineralwasser als kalorienfreies Getränk. «Darüber hinaus kann es zum Beispiel bei einer Laktoseintoleranz neben Gemüse wie Grünkohl oder Spinat als Calciumquelle sinnvoll sein», sagt Janina Willers, Referentin für Ernährung und Lebensmittel der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Aus ökologischer Sicht, und um Kosten zu sparen, sei Leitungswasser allerdings für den Grossteil der Bevölkerung genauso gut geeignet.

Mineral- und Heilwasser entspringen unterirdischen Wasservorkommen. Sie sind Naturprodukte, deren Bestandteile nicht verändert werden dürfen. Die deutschen Brunnenbetriebe füllen jährlich insgesamt über 14 Milliarden Liter ab, inklusive Mineralwasser-Erfrischungsgetränken und Heilwasser.

Heilwasser ist Arzneimittel

Heilwasser ist eine deutsche Besonderheit – seine vorbeugende, lindernde oder heilende Wirkung muss mit einem wissenschaftlichen Gutachten nachgewiesen werden. Mineralwasser ist als Lebensmittel eingestuft, Heilwasser muss als Arzneimittel zugelassen werden.

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