Unglaublich, aber nicht völlig unrealistisch: Paris Saint-Germains Superstar Kylian Mbappé droht eine ganze Saison als Zuschauer.
Die Szenerie hat etwas Skurriles. Im neuen Ausbildungszentrum des PSG im Pariser Vorort Poissy trainiert ein Superstar mit den Reservisten. Kylian Mbappé lacht, klatscht mit ein paar meist sehr jungen Fans ab, schreibt völlig entspannt Autogramme und macht Selfies, ehe er weiterzieht.
Im knapp 10'000 Kilometer entfernten Osaka steht derweil Marquinhos Red und Antwort. Der brasilianische Captain von Paris Saint-Germain ist weniger entspannt. «Sogar hier in Japan stellt ihr mir Fragen zu ihm», seufzt er leicht resigniert. Mbappé wurde nicht für die Asien-Tournee aufgeboten, der Streit zwischen den französischen Superstar und dem Rekordmeister eskaliert zu einem veritablen Krieg der Worte.
Poker um viele Millionen
Es geht um die Vertragssituation des 24-Jährigen aus Bondy und – natürlich – um sehr viel Geld. Mbappés Zweijahresvertrag läuft noch bis kommenden Sommer – und der Franzose scheint gewillt, diesen zu erfüllen und danach ins Ausland zu wechseln. Für den PSG ist das ein Horrorszenario, denn er würde bei einem solchen Transfer leer ausgehen.
Mbappé liess den Verein per Brief wissen, dass er von seiner Option auf eine Verlängerung seines Vertrags nicht Gebrauch machen werde. PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi reagierte bei der Präsentation des neuen Trainers Luis Enrique entsprechend: «Er kann nicht gratis wechseln.»
Rechtlich kann der Verein das jedoch nicht verhindern. Deshalb versucht er nun, den Spieler mit anderen Mitteln zu einem Wechsel zu drängen – indem er ihn nicht mehr spielen lässt. Falls Mbappé seinen Vertrag nicht doch noch verlängere oder zu einem Wechsel in dieser Transferperiode bereit sei, drohe ihm eine ganze Saison ohne Einsatz, berichtete der US-Sender ESPN, der sich auf eigene Quellen bezog.
Auch Saudi-Arabien mischt wieder mit
Um seinen wichtigsten Spieler längerfristig zu binden, soll PSG ihm einen Mega-Vertrag über zehn Jahre und eine Milliarde Euro geboten haben. Das Angebot gehe vom Emir von Katar aus, berichtete das spanische Onlineportal «Defensa Central» am Samstag. PSG gehört der katarischen Investorengruppe Qatar Sports Investments (QSI). Eine offizielle Erklärung gab es dazu zunächst von keiner der beteiligten Seiten.
Gemäss RMC Sport soll der saudische Spitzenklub Al-Hilal bereit sein, 200 Millionen Euro Ablöse zu zahlen. Gar 400 Millionen könnte demnach Mbappé einstreichen, wenn er dort einen Zweijahresvertrag unterschreibt. Eine weitere Option könnte sein, dass der französische Stürmer nur ein Jahr in Saudi-Arabien verbringt und anschliessend zu einem europäischen Spitzenklub wechselt.
Als Mbappés Wunschziel gilt der Rekord-Champions-League-Sieger Real Madrid. In einigen Medien wurde bereits über einen Vorvertrag des Stürmers bei den Königlichen spekuliert. Real hat das Medienberichten zufolge dementiert. Die Spanier scheinen – vermutlich sogar in Übereinstimmung mit Mbappé – ein Jahr warten zu wollen, um den Spieler gratis holen zu können. Oder sie pokern, um bei PSG eine deutliche Reduktion der Transfersumme zu erreichen.
Dass er mit PSG den von Klub und Spieler so ersehnten Champions-League-Titel holen kann, glaubt Mbappé anscheinend nicht mehr. Nach der deutlichen Pleite im Achtelfinal gegen Bayern München hatte er mit eisiger Miene erklärt: «Das ist unser Maximum.» Ob er das blaue Trikot der Pariser noch einmal tragen wird, steht in den Sternen.
Eine Staatsaffäre
In Asien fehlt Mbappé nun jedenfalls. «Wir als Spieler möchten immer die Besten dabei haben. Ich hoffe, sie finden eine Lösung, damit er uns auch diese Saison helfen kann», sagt Marquinhos. «Er ist ein aussergewöhnlicher, sehr starker Spieler, aber das entscheidet sich weiter oben, bei der Direktion.»
Leidtragende einer Saison auf der Tribüne wäre auch die französische Nationalmannschaft, deren Captain Mbappé ist und die an der EM im kommenden Sommer in Deutschland zu den Topfavoriten zählt. Beim letzten Transfertheater um Mbappé vor einem Jahr schaltete sich sogar Staatspräsident Emmanuel Macron ein. Affaire à suivre...