Sport IBSF-Präsident Ivo Ferriani über Bobbahnen, Sicherheit und Russland

SDA

10.3.2025 - 11:01

Viel wird über die neue Bobbahn für die Olympischen Winterspiele 2026 diskutiert. Nun kann Ivo Ferriani, Präsident des internationalen Verbandes IBSF, mit Sicherheit sagen: «Die Bahn ist bereit.»

Keystone-SDA

An Lake Placid hat Ivo Ferriani gute Erinnerungen. Im Wintersportort im Norden des Bundestaates New York wurde der 2010 am jährlichen Kongress des Internationalen Bob- und Skeletonverbandes (IBSF) zum Präsidenten gewählt. Seit 2016 gehört der seit letzter Woche 65-jährige Italiener auch dem IOC an. Als Bobpilot nahm er an den Olympischen Spielen 1988 (19. Platz) teil, als Coach führte er unter anderen das französische Team von Bruno Mingeon zum WM-Titel 1999 (vor Marcel Rohner) und Olympia-Bronze 1998 im Vierer.

Im Gespräch mit Keystone-SDA spricht Ferriani unter anderem über den Sinn des neuen Eiskanals in Cortina d'Ampezzo, die Rückkehr der Russen in den Sport und die Sicherheit der Fahrer.

Ivo Ferriani, was denken Sie als Italiener über die neue Bobbahn, die in Cortina für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr gebaut wird? Es kostet immerhin auch viel Steuergeld.

(Lacht) «Je nachdem trage ich einen anderen Hut. Das IOC hat ja eigentlich gesagt, dass es keine neuen Bahnen mehr geben soll. Aber Cortina, oder besser Italien, hat anders entschieden.»

Als Verbandspräsident freuen Sie sich über den neuen Eiskanal?

«Als Verband sagen wir, dies ist die letzte Bahn, die neu gebaut wird, denn wir brauchen keine weiteren. Für uns ist Cortina aber etwas Positives. Wir werden im Umkreis von jeweils etwa zwei Stunden vier Bahnen haben (Cortina, St. Moritz, Innsbruck, Königssee). Das erlaubt uns, einen Kalender zu machen mit kürzeren Reisen und weniger Kosten.»

Die Olympiabahn von 2006 in Cesana ist aber innert ziemlich kurzer Zeit bereits wieder zerfallen und existiert nicht mehr.

«Die Nachhaltigkeit ist eine Frage der Leute, nicht des Ortes oder der Bauten. Wenn Sie ein fantastisches Hotel haben, aber nicht die richtigen Leute, wird es nach zwei Monaten schliessen. Dann dürfen wir die Geschichte von Cortina nicht vergessen. Die Spiele von 1956 sind vor allem wegen der Bobrennen in Erinnerung geblieben. Und wie viele Orte in den Alpen können schon von sich behaupten, sie hätten eine Bob- und Skeletonbahn? Das ist nicht nur eine Investition für die Spiele. Es wird auch Geld in die Region zurückfliessen und gut für den Tourismus sein.»

Wird sie denn rechtzeitig fertig für die in zwei Wochen geplante Homologierung?

«Definitiv. Wir vom Verband sind regelmässig vor Ort. Auch vor zehn Tagen waren wir wieder dort. Wir haben die Fortschritte gesehen. Die Qualität und der Arbeitsumfang sind exzellent. Und ich sage das nicht, weil ich Italiener bin. Ich bin da sehr streng und war oft auch weniger nett. Diese Bahn ist unsere Visitenkarte. Sie muss auch in der Zukunft bestehen. Und ich kann Ihnen sagen: sie wird bereit sein. Noch nicht alle Service-Installationen, denn an erster Stelle steht die Sicherheit der Athleten.»

Das ist ein wichtiges Thema, gerade nach den schweren Verletzungen des Schweizer Anschiebers Sandro Michel nach einem Sturz in Altenberg im letzten Winter.

(Ferriani fasst sich ans Herz) «Das tut mir so leid, da blutet mir das Herz. Wir müssen alles versuchen, damit wir solche Sachen verhindern können. Daran arbeitet unsere Kommission, dafür arbeiten wir mit unserem Partner Allianz zusammen, sammeln Daten und suchen Lösungen. Sie haben da sehr viel Erfahrung damit. Die Sportler sind unser Kapital. Ohne sie gibt es keinen Verband, keinen Präsidenten, nichts. Aber ganz ausschliessen kann man Unfälle leider nicht. Wenn man für einen Sport einen Helm anzieht, weiss man, dass ein Risiko bleibt.»

Was vor allem gestört hat, war, dass keiner einen Fehler zugeben wollte.

«Was war denn der Fehler? Perfektion gibt es nicht. In Altenberg war es schon immer schwierig, da sind die Schlitten schon immer zurückgerutscht. Ich kann Ihnen versichern, wir machen vielleicht nicht immer grossen Lärm darum, aber wir arbeiten sehr intensiv daran, den Sportlern die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen.»

Wir wissen nicht, wie es beim Krieg in der Ukraine weiter geht. Planen Sie die Rückkehr russischer Athleten im Bob- und Skeletonsport?

«Ich bin ja auch Mitglied des IOC. Der Sport soll die Menschen vereinen und die Politik draussen lassen. Wir unterstützen natürlich die Ukraine und ihren Kampf, sich zu verteidigen. Aber der Sport soll Brücken bauen, und mit den richtigen Regeln sollten auch Russen als neutrale Athleten wieder starten dürfen.»

Regeln wie bei den Sommerspielen in Paris, dass sie nicht in den Krieg und Propaganda involviert sind?

«Genau. Mit einem unabhängigen Gremium, das die Zulassung abklärt. Ich bin überzeugt, dass der Sport da zeigen muss, dass er anders ist. Nehmen Sie zwanzig Kinder unterschiedlicher Nationalität, Religion und sozialer Herkunft und legen Sie einen Ball in die Mitte. Nach zehn Minuten werden alle zusammen spielen.»

Zum Schluss noch eine Frage zu St. Moritz, das auch mal als möglicher Ausweichort für Cortina im Gespräch war. Hat die Natureisbahn angesichts steigender Temperaturen noch eine Zukunft?

«Davon bin ich überzeugt. Natürlich gibt es bei Natureis zwei grosse Herausforderungen: das wechselnde Wetter und die Anzahl Rennen und Fahrten. Aber alles ist möglich. Ich liebe St. Moritz und glaube zu hundert Prozent daran. Wenn die Schweiz will, werden hier 2038 olympische Rennen gefahren.»