Obwohl das Schweizer Team an der U21-EM in Rumänien und Georgien die angestrebte Olympia-Qualifikation verpasst hat, unterstreicht das Turnier, wie gut die Ausbildung hierzulande ist.
«Ist es die beste Schweizer U21 aller Zeiten», diese Frage war im Vorfeld des Turniers zu lesen. Sie zeigt auf, über welche Qualität das Team des scheidenden Trainers Patrick Rahmen verfügt hat. Die grosse Menge an guten Spielern ist auch dem Förderprogramm Footeco zu verdanken, das es seit 2012 gibt und das alle aus dem Schweizer U21-Team durchlaufen haben.
Dieses bildet den Übergangsbereich vom Juniorenbreiten- in den Juniorenspitzenfussball, umfasst die Stufen FE12, FE13 und FE14. Die Idee dahinter ist, mehr Spielern die Chance zu geben, ihr Potenzial unter Beweis zu stellen, damit kein Talent verloren geht.
Konkret kommen von den etwa 15'000 Spielern eines Jahrgangs bei den E-Junioren (Jahrgänge 2012 und 2013 in der vergangenen Saison) etwa zehn Prozent in das Footeco-Gefäss, wobei ein Grossteil der Auserwählten während drei Jahren von dieser Förderung profitiert. Einige besuchen schon mit zehn oder elf Jahren ein Zusatztraining ausserhalb des Vereins.
Potenzial als Hauptkriterium
«Das ermöglicht uns eher ein Urteil zu bilden, ob jemand das Rüstzeug für eine Profikarriere besitzt», sagt Patrick Bruggmann, der Direktor Fussballentwicklung beim Schweizerischen Fussballverband (SFV), im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Entscheidend sei bei der Auswahl, nicht die aktuelle Leistung als Hauptkriterium zu nehmen, sondern zu versuchen, das Potenzial zu beurteilen.
Vor der Einführung von Footeco fand eine frühere Selektion statt. Das führte dazu, dass Spieler, die sich körperlich oder geistig später entwickelt haben, oft durch das Raster fielen. «Es gab schon noch Verschiebungen, aber wenig. Dabei ist es unmöglich, im Alter von 10, 11 Jahren eine einigermassen verlässliche Aussage zu machen, wer sich wie entwickelt», sagt Bruggmann.
Um die Problematik der Spätentwicklung zu entschärfen, gab der Verband ein Kontingent an Spielern vor, die in der zweiten Jahreshälfte geboren sein mussten. Das führte diesbezüglich zu einer Sensibilisierung. «Wir dürfen nun mit gutem Gewissen sagen, dass wir im Footeco-Gefäss eine gute Verteilung haben, was die biologische Entwicklung anbelangt», so Bruggmann. Für den 49-Jährigen kann es gar ein Vorteil sein, wenn ein Spieler sich körperlich später entwickelt, da er in diesem Fall kreativ sein müsse, um überhaupt bestehen zu können.
Keine Ranglisten
Footeco ist die Abkürzung für Fussball, Technik und Koordination. In diese Richtung soll die Ausbildung gehen, weshalb der Verband den Vereinen Inhalte zu Verfügung stellt. Zudem gibt es Footeco-Chefs, die in jenen Regionen, die sie verantworten, eng mit den Partnerteams zusammenarbeiten. «Das funktioniert auf dieser Stufe extrem gut», sagt Bruggmann.
Regelmässige Weiterbildungen der Trainer gehören ebenfalls zum Konzept, wie auch, dass es auf den Footeco-Stufen keine Ranglisten gibt. Das nimmt Druck weg, schliesslich sollen alle etwa gleich lang zum Einsatz kommen. Bruggmann betont allerdings: «Das heisst nicht, dass nicht viel gefordert werden soll. Das Spiel zu gewinnen, steht immer im Vordergrund. Aber: Die langfristige Entwicklung sollte höher gewichtet werden als der kurzfristige Erfolg.»
Was das betrifft, ist für Bruggmann die Denkweise noch nicht so, wie er es gerne hätte. Für ihn soll das wichtigste Ziel der Trainer im Nachwuchsbereich sein, einen Spieler so weit wie möglich zu bringen und nicht in erster Linie als Mannschaft erfolgreich zu sein, um in der Karriereleiter nach oben klettern zu können. «Das ist der Teufelskreislauf, den es zu durchbrechen gilt, in dem wir mit Zielsetzungen arbeiten, die den Fortschritt eines Spielers sichtbar machen.»
Mehr Topspieler als nächsten Schritt
Wie auch immer stimmt der Weg. Für Bruggmann war ein Schweizer U21-Team noch nie so breit aufgestellt wie aktuell. Nun strebt er den nächsten Schritt an, und zwar mehr Topspieler zu produzieren. Die Anzahl solcher war an der U21-EM der grösste Unterschied zu Mannschaften wie Frankreich oder Spanien. Gegen die Iberer ist die Schweiz im Viertelfinal (1:2 n.V.) ausgeschieden.
Wie will Bruggmann das erreichen? «Mit verstärkter und optimierter individueller Förderung, also der höheren Gewichtung des Talentmanagement im Nachwuchsspitzenfussball. Jeder braucht etwas anderes. Diesem Umstand tragen wir beim SFV derzeit zu wenig Rechnung. Wir scheren noch zu viele über den gleichen Kamm, statt die Stärken jedes Einzelnen vermehrt zu fördern und die Schwächen auszumerzen.»
Diese Aussage bezieht Bruggmann auch auf die Persönlichkeit. «Es soll in einem Team ebenfalls Platz für aufmüpfige Spieler haben. Zwar braucht es Energie, mit solchen zu arbeiten, in der Regel zahlen diese das Vertrauen jedoch mit Leistung zurück.» Es steht also trotz der guten Entwicklung noch einiges an Arbeit bevor.