Teil 24Der Schiedsrichter: Keiner liebt, aber alle brauchen ihn (24/40)
Beni Thurnheer
19.6.2018
Dass auf dem Fussballplatz die Regeln eingehalten werden, dafür sorgt als Spielführer der Schiedsrichter. Man nennt ihn auch Referee (wiederum lässt England grüssen) oder den Unparteiischen, auch die Abkürzungen Schiri und Ref sind heute salonfähig.
Vor Beginn der Partie kontrolliert er das Material, also ob die Schuhe keine gefährlichen, weil zu spitzen oder zu langen Stollen aufweisen, alle Spieler Schienbeinschoner tragen, die Teams einheitlich gekleidet sind und sich genügend voneinander unterscheiden, die Tornetze keine Löcher aufweisen, kurz: alles, was die Spielregeln und Wettkampfreglemente vorschreiben.
Der Schiedsrichter entscheidet auch, ob der Rasen die Durchführung einer Partie überhaupt zulässt oder ob sie verschoben werden muss. Der Ball muss rollen und aufspringen können, was bei Schnee oder nach stürmischen Regenfällen zum Problem werden kann. Der Schiri hat des Weiteren die Befugnis, ein angefangenes Spiel abzubrechen, insbesondere, wenn er zur Ansicht gekommen ist, dass die Sicherheit der Aktiven oder die ordnungsgemässe Durchführung der Partie nicht mehr gewährleistet ist. Gründe dafür können Naturereignisse (Sturm, Blitzschlag, Hagel), aber auch randalierende Zuschauer sein.
Bis vor Kurzem entschied der Schiedsrichter in erster und einziger Instanz. Sogar wenn er sich irrte, blieb sein Urteil bestehen. Man sprach dann von einem so genannten Tatsachenentscheid. Damit wurde vermieden, dass es nach jeder strittigen Szene zu minutenlangen Diskussionen kommt. Seine Ansichten waren also gewissermassen ‹Schicksal› wie ein Windstoss, und er selber ist im Übrigen regeltechnisch gesehen ebenfalls ‹Luft›, das heisst, wenn der Ball an ihm abprallt, geht das Spiel weiter, als wäre nichts geschehen.
Multitasking gefragt
Bei der WM 2018 kommt nun erstmals der Videobeweis bei strittigen Szenen zum Einsatz. Mit Hilfe der neuen Videotechnologie sollen strittige Fälle – bei Toren, Elfmetern, Roten Karten oder Spielerverwechslungen – künftig besser geklärt werden können.
Ohne Schiedsrichter wären Begegnungen einer gewissen Bedeutung – wenn es um einen Pokal, um Geld oder auch nur um die Vorherrschaft in einem Bergtal geht – gar nicht möglich. Trotzdem mag ihn eigentlich keiner so richtig. Dies hängt damit zusammen, dass seine Urteile – auch nach Einführung des Videobeweises –häufig Ermessensentscheide sind. Viele Regeln lassen einen gewissen Spielraum offen, welcher den Unparteiischen zu Interpretationen zwingt. War das Handspiel ein absichtliches? Geschah das Foul innerhalb oder noch knapp ausserhalb des Strafraumes? War der Ball wirklich ganz hinter der Torlinie? Wie der Entscheid auch ausfällt, immer fühlen sich die Spieler, Betreuer und Fans der einen Mannschaft benachteiligt.
Der Schiri sollte stets die Vorteilsregel walten lassen. Er kann eine Regelwidrigkeit zwar anzeigen, aber die Partie trotzdem weiterlaufen lassen, weil so die Situation für das Team, das den Freistoss zugesprochen erhalten hätte, günstiger ist, als sie es nach einem Spielunterbruch wäre. Allfällige weitere Sanktionen können auch noch später, nach abgeschlossenem Spielzug, ausgesprochen werden.
Ein guter Unparteiischer gibt klare Signale mit energischen Pfiffen seiner Trillerpfeife und mit unmissverständlichen, deutlichen Handzeichen. Dank seines Laufvermögens und seines Gespürs befindet er sich immer nahe am Geschehen. Als guter Psychologe beruhigt er mit seiner Mimik, seiner Gestik und manchmal auch mit ein paar treffenden Worten die Gemüter und verhindert damit, dass ein aggressives Klima entsteht. Doch er kann seine Sache noch so gut machen, schlechte Verlierer werden in ihm immer einen Sündenbock finden.
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