Australian Open Der «alte Mann» dreht das Rad der Zeit zurück

sda

21.1.2025 - 19:48

Eine Frage des Kopfes: Novak Djokovic stellt am Australian Open einmal mehr eindrücklich seine mentale Stärke unter Beweis
Eine Frage des Kopfes: Novak Djokovic stellt am Australian Open einmal mehr eindrücklich seine mentale Stärke unter Beweis
Keystone

Zwar hat Novak Djokovic seit eineinhalb Jahren kein Grand-Slam-Turnier mehr gewonnen. Noch gibt er sich aber nicht kampflos geschlagen. Gegen Carlos Alcaraz eindrücklich seine mentale Stärke.

Keystone-SDA, sda

Carlos Alcaraz ist spielerisch und mental ein Gigant, bereits im zarten Tennisalter von 21 Jahren. Auch hat er Novak Djokovic in zwei Wimbledon-Finals bereits bezwungen. Am Dienstagabend in der Rod Laver Arena fand er im 16 Jahre älteren Serben seinen Meister. Djokovic zeigte sich am Australian Open wieder einmal als mentales «Monster», dem Alcaraz nicht gewachsen war.

Schmerzmittel wirkten

Nach intensiven ersten 40 Minuten und einem 4:4 mit den erwartet hochklassigen Ballwechseln schien Djokovic seinem Alter Tribut zollen zu müssen. Er verletzte sich offensichtlich an den Adduktoren, verlor den ersten Satz 4:6 und kehrte nach einem medizinischen Timeout mit einem bandagierten linken Oberschenkel zurück. Sichtlich handicapiert suchte der 24-fache Grand-Slam-Champion schneller als gewohnt den Punkt und beging dadurch auch ungewohnte Fehler. Doch Alcaraz liess sich ebenfalls verunsichern, und nachdem die verabreichten Schmerzmittel zu wirken begannen, war Djokovic wieder (fast) der alte.

Er biss auf die Zähne, gewann wieder die wichtigen Punkte und zeigte dem hochtalentierten Spanier auch taktisch den Meister. «Die Medikamente haben definitiv geholfen», sagte er kurz vor 1 Uhr Lokalzeit und nach knapp dreieinhalb Stunden Spielzeit erleichtert. Er sei nicht sicher, ob er weiter gespielt hätte, wenn er den zweiten Satz verloren hätte. «Das war eines der epischsten Spiele meiner Karriere.» Und davon hat er ja schon einige erlebt.

Fokus wieder auf den Grand Slams

So wie er nach dem ersten Satz etwas voreilig für diesen Viertelfinal in Melbourne abgeschrieben wurde, so ist vielleicht auch die Mär von seinem sportlichen Niedergang verfrüht. Im letzten Jahr bekundete Djokovic Mühe, auch wegen einer Knieverletzung am French Open und weil er sich komplett auf den erstmaligen Gewinn der olympischen Goldmedaille konzentrierte – in einem hochklassigen Final gegen Alcaraz mit einem erfolgreichen Ende.

Der Rekordsieger am Australian Open machte vor dem Start in die Saison klar, dass er gedenkt, in diesem Jahr noch weniger Turniere zu spielen als zuletzt. Dafür fokussiert er nun wieder darauf, seine Bestmarke bei den Grand Slams weiter auszubauen. Nach einem Jahr, in dem die Jungen Alcaraz und Jannik Sinner je zwei der grossen Events gewannen, möchte Djokovic noch einmal zurückschlagen.

Während Alcaraz nach seinen Triumphen in Wimbledon (2), am US Open und in Paris mindestens ein weiteres Jahr auf den kompletten Karriere-Grand-Slam warten muss, darf Djokovic mehr denn je seinen elften Sieg in Melbourne anstreben. Sollte er körperlich fit sein, ist er auch im Halbfinal gegen Alexander Zverev der Favorit. Er hat gegen den Deutschen, der mental in den wichtigen Spielen oft nicht auf der Höhe ist, noch nie eine Partie auf drei Gewinnsätze verloren.

Geheimnis um Verletzung

Ganz taufrisch ist Djokovic nicht mehr. «Ich wünschte mir, der Match heute wäre der Final gewesen», meinte er nach dem Alcaraz-Spiel. Zur Art der Verletzung wollte er nichts sagen. «Da ich ja noch im Turnier bin, möchte ich dazu lieber nicht zu viel verraten.» Aber es mache ihm schon etwas Sorgen.

Über Alcaraz sagte Djokovic vor dem Duell, es mache riesigen Spass, dem Spanier zuzuschauen, gegen ihn zu spielen sei weniger toll. Das gilt auch für jeden, der gegen den Serben antreten muss. Die Motivation beim «alten» Mann ist ungebrochen – und so lange bleibt er brandgefährlich.