«Tatort»-Check Wie viel Überwachung gibt es in der Schweiz?

tsch

23.4.2023

Im «Tatort: Love is Pain» suchte das Dortmunder Team um Peter Faber einen jungen Mann, der scheinbar sinnlos Menschen tötete. Dabei hielt er sein Gesicht in zahllose Überwachungskameras. Gibt es wirklich so viele davon in der Schweiz – und wie stark wird man im Ausland «überwacht»?

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23.4.2023

Für einen Dortmunder «Tatort», der ja gerne mal ein wenig «over the top» ist, war «Love is Pain» eine erstaunliche ruhige, ja fast klassische Ermittlung.

Ein junger Täter hielt das Gesicht nach seinen Morden offensiv in Überwachungskameras. Aus den irritierenden, grobkörnigen Bildern bezog der 24. «Tatort» mit Dienst-Rückkehrer Peter Faber (Jörg Hartmann) seinen grössten Reiz.

Aber gibt es tatsächlich so viele Kameras im öffentlichen Raum, dass die Polizei einen Verdächtigen damit ernsthaft verfolgen und dingfest machen kann? Wie sieht es mit diesem Prinzip in anderen Staaten aus? Und warum können sich Super-Recognizer Gesichter so viel besser merken als normale Menschen?

Worum ging es?

Ein Strassenbahnfahrer wurde während seiner Nachtschicht erstochen. Zeugen gab es zwar keine, aber die Bilder der Überwachungskamera zeigten den brutalen Akt deutlich. Und dann passiert etwas Seltsames: Vor der Flucht präsentierte der Mörder sein Gesicht offen vor der Kamera.

Als Peter Faber nach langer Auszeit wegen des Todes seiner Kollegin und grossen Liebe Martina Bönisch wieder den Tatort betrat, freute sich der Rest des Teams eher verhalten. Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) hatte ein schlechtes Gewissen, weil ihr alter Chef nun ihr Mitarbeiter ist. Auch Jan Pawlak (Rick Okon) musste sich erst wieder ans Arbeiten im Trio gewöhnen.

Bald schlug der Täter wieder zu – abermals vor einer Kamera. Eine Super-Recognizerin der Polizei (Sar Adina Scheer) wertete die Überwachungskameras der Stadt aus, um ein Bewegungsprofil des Täters zu erstellen. Derweil brachten die Dortmunder Ermittler Licht in die anfangs schwer zu durchschauende Gemengelage eines Rachefeldzuges.

Worum ging es wirklich?

Nicht alle mögen es, wenn der Mörder schon gleich in der ersten Szene eines Krimis zu sehen ist. Dennoch blieb der merkwürdige junge Mann im Hoodie (Nils Hohenhövel) über eine weite Strecke vom «Tatort: Love is Pain» ein Phantom. Vor allem deshalb, weil niemand wusste, warum der Mann zuschlägt. Diese frühe Phase des «Tatorts» war die vielleicht beste, auch weil Gewaltausbrüche, die man sich nicht erklären kann, die vielleicht verstörendste Form von Gewalt darstellen.

Später mutierte der Plot der prominenten Autoren Hanno Hackfort und Bob Konrad («Kleo», «4 Blocks», «Para, wir sind King») in deren «Tatort»-Debüt deutlich in Richtung Motiv- und Zusammenhangsuche. So wurde aus einem frostig-verstörenden Überwachungskamera-Thriller ein eher leises «Tatort»-Stück über ein Beziehungsdrama im Freundeskreis.

Wie viel Überwachung gibt es in der Schweiz?

Offizielle Gesamtzahlen gibt es – wie in Deutschland – auch in der Schweiz nicht. Verständlich auch deshalb, weil viele Kameras «privat» aufgestellt werden. Doch allein die Schweizerische Bundesbahnen AG (SBB) hat die Anzahl ihrer Überwachungskameras in den letzten Jahren drastisch erhöht.

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Seit 2015 kamen etwa 10'000 Kameras hinzu. Schweizweit werden Pendler derzeit von über 36'000 Kameras beobachtet. Begründet wird das – wie überall im CCTV-Einsatz – mit dem Wunsch, die Sicherheitslage zu verbessern.

In welchen Ländern wird am meisten überwacht?

Absoluter Spitzenreiter in Sachen Überwachung dürften chinesische Grossstädte sein. Laut Schätzungen von Comparitech wird der öffentliche Raum in Grossstädten wie Shanghai und Peking von mehr als sieben Millionen Kameras beobachtet. Umgerechnet sind dies 373 Kameras pro 1000 Einwohner. Gegenwärtig sind international rund 770 Millionen Überwachungsgeräte im Einsatz. Über die Hälfte (54 Prozent) davon befinden sich in China.

Ebenfalls weit vorn in der globalen Überwachungsstatistik liegt die indische Stadt Indore mit 62,5 Kameras pro 1000 Personen. In Europa dürfte Moskau die Nase ziemlich weit vorn haben (16,9 Überwachungskameras). Doch auch London (13,4 Überwachungskameras) wirft – für europäische demokratische Verhältnisse – einen eher «scharfen Blick» auf seine Bevölkerung.

Was genau können Super-Recognizer?

Super-Recognizer können sich unbekannte Gesichter ausgezeichnet merken und sehr schnell wiedererkennen, selbst wenn sie nur kleine Teile davon sehen oder sie die Gesichter aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Man geht davon aus, dass ein bis zwei Prozent der Weltbevölkerung über diese Fähigkeit verfügt.

Noch ist es weitgehend ungeklärt, warum sich Super-Recognizer Gesichter so viel besser merken können. Studien von Kognitionsforschern zeigten: Super-Recognizer konzentrierten sich weniger auf die Augenregion als die übrigen Versuchspersonen, sie verteilten ihre Blicke weiter über das ganze Gesicht.

Dabei fixierten sie auch häufiger einzelne Regionen, liessen den Blick also kurz an einer Stelle ruhen. Das lege nahe, so die Forscher, dass sie die Informationen schneller aufnehmen und dadurch auch mehr Informationen verarbeiten könnten. Versuche, diese Fähigkeit zu trainieren, sind bisher weitgehend fehlgeschlagen. Super-Recognizer scheinen also über ein angeborenes Talent zu verfügen.

Wie geht es beim Dortmunder «Tatort» weiter?

Ende März endeten die Dreharbeiten zum Dortmunder «Tatort: Cash». In Szene gesetzt wurde er von Regisseur Sebastian Ko («Heile Welt»), das Drehbuch schrieb der Dortmunder Stammautor Jürgen Werner. Jan Pawlak hat offenbar nur noch wenig Interesse an seinem Job. Stattdessen vergnügt er sich lieber im Wettbüro «Mutluluk» (Türkisch für «Glück») von Alkim Celik (Denis Moschitto).

Als Celiks Schwager Lukas Becker (Linus Scherz) tot aufgefunden wird, steht das «Mutluluk» plötzlich im Fokus der Ermittlungen. Auch ein alter Bekannter von Faber erscheint auf der Bildfläche: Tarim Abakay (Adrian Can) ist nicht nur Präsident des Fussball-Regionalliga-Klubs TUS Hörde, auch im Dortmunder Drogen- und Glücksspiel-Geschäft hat er seine Finger im Spiel.


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