Sprach- und hilflos Mona Vetsch kommt an ihre Grenzen: «Das ist kein gutes Gefühl»

tsch

5.10.2018

Was macht eine Moderatorin, wenn sie mit ihrem wichtigsten Werkzeug, dem Reden, nichts ausrichten kann? Mona Vetsch war drei Tage lang mittendrin unter Gehörlosen.

«Ich bin es gewohnt, mit Reden und Sprache überall durchzukommen, auf der ganzen Welt.» Aber in der Welt der Gehörlosen kam Moderatorin Mona Vetsch ganz schnell an ihre Grenzen. «Das ist kein gutes Gefühl. Aber ich glaube, es ist mal eine gute Erfahrung.» In Folge drei von «Mona mittendrin» verbrachte sie drei Tage in einer betreuten Wohngruppe für gehörlose Jugendliche und ging mit ihnen zur Schule - Hausaufgaben in Gebärdensprache inklusive! Dabei erfuhr sie unter anderem: «Gehörlos» bedeutet für die Betroffenen eine eigene Identität.

Es war einer der seltenen Momente, in denen man Moderatorin Mona Vetsch sprach- und hilflos erlebte. «Ich verstehe einfach nichts», gab sie sich nach dem ersten Frühstück mit ihren neuen Mitbewohnern auf Zeit geschlagen. Sozialpädagogin Sarah Scheiber, die die Wohngruppe betreut und ebenfalls gehörlos ist, konnte das Gefühl gut nachvollziehen: Genau so ergehe es den Gehörlosen, wenn sie sich in der Welt der Hörenden zurechtfinden müssen.

Je mehr Integration, desto besser?

Mona Vetsch erfuhr im Laufe ihrer Schnuppertage an der SEK3 in Zürich, einer Oberstufe für Gehörlose und Schwerhörige, die in eine reguläre Oberstufe integriert ist, mal wieder viel über Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Ihre «Mitschüler» sind auch typische Teenager, aber viele von ihnen gehen lieber zur Schule, als in den Ferien daheim zu bleiben. Denn hier können sie oft viel mehr kommunizieren. «Ich habe immer gedacht, je mehr Integration, desto besser.» Aber Gehörlose (die übrigens nicht gerne als «taub» bezeichnet werden) sähen das wohl ein bisschen anders. «In der hörenden Welt bleiben sie immer ein bisschen fremd. Sie haben Angst ihre eigene Sprache zu verlieren und damit auch den Ort, wo sie sich wohlfühlen.»

Wie ein Baum, der Wurzeln bekommt

Um besser verstehen zu können, bekam Mona Vetsch eine Dolmetscherin für Gebärdensprache zur Seite gestellt. Denn auch wenn viele der Gehörlosen und Schwerhörigen sprechen können und Lippen lesen, so fühlen sie sich doch in ihrer eigenen Sprache am meisten daheim: der Gebärdensprache. Wie wichtig das ist, erklärte der freundliche Gebärdensprachlehrer Emanuel Nay eindringlich, der sie erst als Teenager erlernt hat: «Ich habe mich endlich vollwertig gefühlt mit einer Sprache, die ich benutzen kann. Wie ein Baum, der plötzlich Wurzeln bekommt.» Emanuel Nay ist verheiratet mit Patricia aus Ghana. Er kommt aus der Schweiz, sie kommt aus Westafrika, doch beide sind auch Teil einer gemeinsamen Kultur: der der Gehörlosen.

Neuer Name für Mona Vetsch

Sozialpädagogin Sarah Scheiber, deren Eltern ebenfalls gehörlos sind, erklärt: «Das ist etwas, das stolz macht! Wir haben unsere eigene Kultur, wir haben eine Gehörlosen-Identität.» Zu der gehört zum Beispiel ganz viel Augenkontakt. Und ein eigener Gebärdenname: «Wie bei den Indianern» suchen die Gehörlosen dabei etwas aus, das zu einer Person passt, und geben ihr einen entsprechenden Namen.

Hörende hätten für Mona Vetsch vielleicht ihr charakteristisches Mundwerk ausgewählt. In der Klasse für Gebärdensprache aber war klar: Es sind die hellen, strahlenden Augen! So kam Mona Vetsch nicht nur einmal mehr zu neuen Erkenntnissen, sondern obendrein zu einem neuen Namen.

Mona Vetsch übt ihren Gebärdennamen, den sie gerade von der Schulklasse bekommen hat: Er weist auf ihre strahlenden Augen hin.
Mona Vetsch übt ihren Gebärdennamen, den sie gerade von der Schulklasse bekommen hat: Er weist auf ihre strahlenden Augen hin.
Bild: Screenshot SRF

Und zu einer Empfehlung von Lehrer Emanuel Nay: Wenn man einen Gehörlosen trifft, und beide ihre Kontaktschwierigkeiten überwinden können, einfach mal freundlich hallo sagen, indem man ihm zuwinkt, und die Gebärde für «Wie geht's?» machen. Haben sich alle gemerkt, oder?

Die dritte Folge von «Mona mittendrin» lief am Donnerstag, 4. Oktober, um 21.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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