Kolumne am Mittag Golden Globes – der Witzbold patzt

Von Fabian Tschamper

6.1.2020

Er tut so, als würde ihn nichts interessieren: Komiker Ricky Gervais tritt allem und jedem auf die Füsse – das Bier darf dabei natürlich nicht fehlen.
Er tut so, als würde ihn nichts interessieren: Komiker Ricky Gervais tritt allem und jedem auf die Füsse – das Bier darf dabei natürlich nicht fehlen.
Keystone

Die Redewendung «ein Blatt vor den Mund nehmen» dürfte Ricky Gervais nur vom Hörensagen kennen. Was nicht heisst, dass sein bissiger Humor immer gut ankommt – siehe Golden Globes in der Nacht.

Ricky Gervais kommt aus dem Kreis der Witzereisser, die sich nicht darum scheren, ob jemand lacht – nun ja, möglicherweise scheren sie sich ein wenig. Die Anekdoten und Sticheleien beruhen oft auf Tatsachen, die alles andere als lustig sind. Das Resultat sind verhaltenes Lachen und Fremdschämen.

Auch dieses Jahr – zum fünften Mal bereits – begrüsste Gervais die schwerreichen Gäste im Hilton Hotel in Beverly Hills. Die Golden Globe Awards 2020 erhofften sich mit dem Enfant terrible wohl einmal mehr etwas bessere Quoten. Das Verlangen nach vierstündigen Selbstbeweihräucherungen zur Primetime ist wohl in einem Allzeittief, wie die letzte Oscarverleihung zeigte.

Das kümmert Gervais ebenfalls wenig, wie ich mir denke.

Freilich schoss der Komiker fröhlich drauflos: «Ihr kamt alle her in einer Limo. Ich auch! Das Nummernschild hat Felicity Huffman selber gebastelt», witzelte der Brite.

Zur Erinnerung: Die Schauspielerin Huffman war 2019 bei einer Bestechungszahlung an eine Elite-Uni erwischt worden. Nummernschilder werden in den Staaten von Knackis hergestellt. Der Witz löste im Raum ein Raunen aus – sogar dem lachfreudigen Tom Hanks stand ein «Was zum Teufel?» ins Gesicht geschrieben.

Doch wie gesagt: Gervais interessiert es nicht, was die Leute denken – über die Qualität seines Witzes oder den Inhalt.

Es ging radikaler weiter: «Es war ein gutes Jahr für Pädophilie-Filme: ‹Surviving R. Kelly›, ‹Leaving Neverland› und ‹Two Popes›.» Letzterer handelt offensichtlich von der katholischen Kirche, auf deren Missbrauchsskandal Gervais anspielt.

Da reagiert das Publikum und auch ich mit Gleichmut. Ist halt der Ricky.

Es folgten Witze über einen Streamingdienst des IS, die jungen Freundinnen von Leonardo DiCaprio – ja, so fix kann's gehen. Und Jeffrey Epstein durfte natürlich ebenso wenig fehlen wie Greta Thunberg. Letztere verwendete er, um das Publikum zu necken: «Die meisten von euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta.»

Gervais war besser in den vergangenen Jahren, vielleicht möchte er sich so seine Golden-Globe-Zukunft sichern? Mit mittelmässigen Witzen? Schade!

Eröffnet hat Gervais die Show übrigens mit den Worten: «Zum Glück kann die Hollywood Foreign Press Association (also die Jury) kaum Englisch.» Die wüssten somit eh nicht, was abgeht.

Ach wie lustig.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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